Politik

Der hochschuleigene Weltladen der theologischen Augustana-Hochschule in Neuendettelsau. (Foto: Elisabeth Helmreich/Augustana)

08.06.2018

Weltladen auf dem Campus

In den Mensen, in der Lehre, in den Unishops: Immer mehr Hochschulen setzen auf Fair Trade

Auf dem Campus der Uni Bayreuth fühlt man sich wie in einem Weltladen. An jedem Kaffee-Automaten gibt es Fair-Trade-Kaffee, an jedem Snack-Automaten Fair-Trade-Riegel. Und in den Cafeterien wird fair gehandelte Schokolade angeboten. Auch in den Sitzungen der Univerwaltung gibt es Fair-Trade-Produkte, sagt Unipräsident Stefan Leible. „So wie unsere Forschung global wirkt, wirkt auch unser Konsum – und wir wollen uns dieser Verantwortung stellen.“ Mit Erfolg. 2016 wurde die Hochschule als erste bayerische Uni vom Verein TransFair mit dem Gütesiegel „Fairtrade University“ ausgezeichnet.

Seitdem hat sich auf dem Campus einiges getan: Es gab Podiumsdiskussionen, Infostände oder Filmvorführungen zum Thema Fair Trade. Im Unishop werden Pullover und T-Shirts aus fairer Herstellung angeboten. Auch in Lehre und Forschung sei Nachhaltigkeit ein zentrales Thema. Künftig soll auch Arbeitskleidung – etwa Laborkittel – fair produziert sein.

Derzeit gibt es 18 „Fairtrade-Universities“ in Deutschland – fünf davon in Bayern. Zehn Hochschulen befinden sich im Bewerbungsprozess. Am 13. Juni wird die Uni Bamberg ausgezeichnet. Die Uni Erlangen-Nürnberg will ihre Bewerbung im Juni einreichen. „Seit dem Start der Kampagne 2014 hat sich das Engagement an den Hochschulen positiv entwickelt, und die Vorreiter ermutigen auch andere zur Teilnahme“, sagt Kristina Klecko von TransFair. Alle zwei Jahre müssen sich die Hochschulen neu um den Titel bewerben.

Die erste Fair-Trade-Hochschule für angewandte Wissenschaften in Bayern ist seit Februar letzten Jahres die OTH Amberg-Weiden. „Da wir ein Institut für Nachhaltigkeit haben und an der Fakultät ein Schwerpunkt im Handel liegt, war es naheliegend, selbst für den fairen Handel aktiv zu werden“, begründet eine Sprecherin das Engagement. So sei Fair Trade zum Beispiel in der Lehre im Fach Controlling regelmäßig Thema. Zukünftig will die OTH den Fokus zusätzlich auf fairen Handel mit regionalen Produkten legen.

Fair-Trade-Cocktails in Hof

An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, die seit Juli 2017 den Titel trägt, gibt es einen besonderen Service. Dort können Mitarbeiter einen regionalen Lieferservice nutzen, der jede Woche ökofaire Produkte wie Kaffee, Orangensaft oder Kekse anliefert. Studierende organisieren einmal im Semester ein faires Frühstück und regelmäßig Kleidertauschpartys mit Infos und Filmen zum fairen Handel in der Textilindustrie. Künftig soll in Kooperation mit der Stadt und weiteren Nachhaltigkeitsinitiativen ein Netzwerk geschaffen werden, um den Fair-Trade-Gedanken weiter auszubauen.

Die Hochschule Hof wurde durch eine studentische Initiative zur Fair-Trade-Universität. Seitdem gibt es jedes Semester mindestens zwei Fair-Trade-Veranstaltungen, beispielsweise Tombola, Frühstück, Glühweinverkauf oder Fair-Trade-Cocktails bei Hochschulpartys. Aktuell versucht die Arbeitsgruppe, Einwegbecher abzuschaffen. Außerdem sind im Sommer ein Fair-Trade-Eisverkauf und ein Fair-Trade-Fußballtennisturnier geplant. „Unser Ziel ist es, die Welt ein kleines bisschen besser und grüner zu machen“, sagt Gruppenleiter Tobias Cibis.

Die fünfte Hochschule mit Auszeichnung in Bayern ist die Theologische Augustana Hochschule der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. „In den ‚Leitlinien im Umgang mit der Schöpfung’ bekennt sich die Hochschule zu ökologisch nachhaltigem Handeln“, erklärt Verwaltungsleiterin Elisabeth Helmreich. Die Förderung des fairen Handels stehe dabei ausdrücklich in der Agenda. Auf dem Campus betreiben Studierende während des Semesters sogar einen hochschuleigenen Weltladen.

Doch nicht alle Hochschulen in Bayern wollen „Fairtrade-University“ werden. „Als öffentliche Einrichtung steht es uns nicht zu, ein einzelnes Siegel zu bevorzugen“, heißt es zum Beispiel von der TU München. Forschung und Lehre dürften – auch von gesellschaftlich engagierten – Dritten nicht beeinflusst werden. Nachhaltigkeit ist laut TUM-Sprecher aber auch ohne Siegel ein zentrales Anliegen. Derzeit werde der Unishop auf fair gehandelte Produkte umgestellt. Und auch die Wirtschaftsethik nehme im Lehrangebot einen wichtigen Stellenwert ein. Gleiches berichtet die Uni Augsburg beim Wirtschaftsingenieurswesen.

Alexander Fonari vom Eine Welt Netzwerk Bayern begrüßt die FairTrade-Uni-Kampagne. Er hofft, dass künftig auch beim Einkauf von Papier, Reinigungs- oder Baumaterialien der Nachhaltigkeitsgedanke im Vordergrund steht. Das bayerische Wissenschaftsministerium hingegen möchte keine Bewertung abgeben und verweist auf die Autonomie der Hochschulen. „Die Landespolitik hat bisher nicht erkennen lassen, dass sie an einem Engagement von Hochschulen im Bereich Fair Trade interessiert ist“, kritisiert Fonari. Das Werben für fairen Kaffee, Tee, Saft oder Schokolade sei wahrlich kein Eingriff in die Hochschulautonomie.

Kritik kommt auch von der Opposition: „Die Staatsregierung müsste deutlich mehr tun“, sagt die entwicklungspolitische Sprecherin der Landtags-SPD, Kathi Petersen. Sie schlägt Forschungsprogramme vor, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen unter dem Fair-Trade-Aspekt analysieren.

Hans Jürgen Fahn (Freie Wähler) fordert von der Staatsregierung mehr Geld, etwa für Nachhaltigkeitsbeauftragte an den Unis und um Mensaessen wieder höher zu bezuschussen. Das mache auch Fair-Trade-Produkte günstiger. Die Grünen machen sich für eine Kompetenzstelle Faire Beschaffung stark, die zum Beispiel auch Musterverträge für faire Kantinenpachtverträge für Uni-Mensen erarbeitet. Bisher werde der faire Handel in der Staatsverwaltung nur „alibihaft“ umgesetzt, klagt die Grünen-Abgeordnete Christine Kamm. (David Lohmann)

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