Politik

Beobachtung von Fahrzeugen aus Österreich: An der Anschlussstelle Bad Reichenhall der Autobahn A8 von Salzburg nach München kontrolliert die Polizei. (Foto: dpa)

14.09.2015

Wider dem Chaos

Grenzkontrollen werden die Flüchtlingskrise nicht lösen - das räumt auch die CSU ein. Parteichef Seehofer sieht vor allem die EU in der Pflicht, aber auch den Bund

Nach Beginn der Grenzkontrollen dringt die CSU auf rasche Entscheidungen auf europäischer Ebene, um mit dem Ansturm von Flüchtlingen fertig zu werden. Mit den Kontrollen habe man die Chance, "in das gesamte System Ordnung zu bringen", sagte Parteichef Horst Seehofer am Montag vor einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. Er räumte aber ein, dass dies keine umfassende Lösung des Problems bedeute. Vom Bund forderte Seehofer, die Mittel für die Flüchtlingshilfe mindestens zu verdoppeln und die gerechte Verteilung der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge zu organisieren.

Seehofer forderte zudem eine bessere Kontrolle der EU-Außengrenzen und mehr Hilfe vor Ort in den Flüchtlingslagern. Sollten sich nicht alle 28 EU-Staaten auf eine gerechte Verteilung der Menschen einigen, müsse man stufenweise damit beginnen - also zunächst mit den Ländern kooperieren, die dazu bereit seien. Auch der Fraktionschef der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), plädierte für eine pragmatische Lösung. Das Ziel einer verbindlichen Quote für alle dürfe man dabei aber nicht aus den Augen verlieren.

Seehofer verteidigte die Wiedereinführung der Grenzkontrollen. "Jeder vernünftige Mensch" habe gemerkt, dass es so wie in den vergangenen Tagen nicht habe weitergehen können. Der bayerische Ministerpräsident betonte aber: "Wir bleiben ein humanes und ein helfendes Land." Man stehe zum Schutz verfolgter Menschen - aber das Ganze müsse nach klaren Regeln laufen und nach einem System, das Ordnung gewährleiste.

Seehofer fordert enge Zusammenarbeit mit dem umstrittenen ungarischen Regierungschef Orban

Der CSU-Chef forderte erneut eine enge Zusammenarbeit mit dem umstrittenen ungarischen Regierungschef Viktor Orban. Man müsse den Ländern an den EU-Außengrenzen helfen und solle diese nicht beschimpfen.  
Vor allem die Autofahrer an der deutsch-österreichischen Grenze hatten am Montag viel Geduld aufbringen müssen. Auf der A3 staute sich der Verkehr am Mittag bis Pocking bei Passau auf 20 Kilometern. "Die Verkehrsteilnehmer mussten sich auf eine Verzögerung von mehr als eineinhalb Stunden einstellen", sagte ein Sprecher des bayerischen Verkehrslagezentrums. Auf der Autobahn 8 bei Bad Reichenhall war ein Stau von drei Kilometern Länge entstanden.

Die Fahnder konnte einige Erfolge aufweisen: Auf der A3 bei Passau wurden bis zum Nachmittag 31 Schleuser festgenommen und mehr als 200 Flüchtlinge aufgegriffen. Zunächst waren sämtliche Fahrzeuge auf einem Parkplatz bei Passau überprüft worden. Am Nachmittag wurden nur noch verdächtige Fahrzeuge auf den Parkplatz geleitet. Daraufhin entspannte sich die Verkehrslage auf der A3 ein wenig.

Die Kontrollen werden nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) noch mindestens mehrere Wochen andauern. Dies sei notwendig, weil viele Menschen unterwegs seien, die keine wirklichen Flüchtlinge seien, sagte Herrmann am Montag dem Bayerischen Rundfunk (Bayern 2). "Da hat es sich in den letzten Tagen herumgesprochen, dass es erfolgreich ist, wenn jeder behauptet, Syrer zu sein." Es gehe um die Sicherheit Deutschlands und darum, ein Chaos zu vermeiden.

Staus auf den Autobahnen und Entspannung am Münchner Hauptbahnhof

Der Zugverkehr zwischen Österreich und Deutschland lief nach Angaben der Deutschen Bahn am Montagmorgen wieder weitgehend normal. Die am Sonntag um 17.00 Uhr verhängte Sperre war wie geplant um 7.00 Uhr aufgehoben worden. Nur die Strecke von Salzburg nach München war zunächst noch weiter gesperrt - wegen Menschen auf den Gleisen an der deutsch-österreichischen Grenze. Um 9.37 Uhr wurde aber auch diese Sperre wieder aufgehoben.

Bis zum Mittag waren dennoch fast keine weiteren Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof angekommen. Dagegen waren am Montag in dem bayerischen Grenzort Freilassing rund 500 Migranten in Zügen aus Österreich registriert worden. "Die Personen, die nicht über die notwendigen Dokumente verfügen, müssen hier den Zug verlassen", sagte der Bundespolizeisprecher Matthias Knott in Freilassing. Ein Sprecher des Sozialministerium erläuterte, das Ministerium sei im Kontakt mit der Bundespolizei. "Wir schauen, dass wir von dort eine Weiterleitung innerhalb Bayerns oder in andere Bundesländer organisieren."

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) schloss weitere Einschränkungen im Zugverkehr nicht aus. "Man kann heute noch nicht sagen, dass es die letzte Maßnahme war, die man ergreifen musste", sagte er in München.

Autofahrer müssen sich dagegen bis auf weiteres auf Verzögerungen vor allem auf den Autobahnen von Österreich nach Deutschland einstellen. Auch die Dutzenden anderer ehemaliger Grenzübergänge an Land- und Bundesstraßen in Bayern werden kontrolliert. "Dort wird es zwar keine dauerhafte Präsenz geben, aber es wird stichprobenartig kontrolliert", sagte eine Sprecherin der Bundespolizei. Zudem seien in dem Bereich vermehrt Polizeistreifen unterwegs. 

Insgesamt ist nach Angaben des Bundespolizeipräsidiums in Potsdam eine hohe dreistellige bis niedrige vierstellige Zahl von Bundespolizisten an den deutschen Grenzen im Einsatz. Die exakte Anzahl wurde aus einsatztaktischen Gründen nicht genannt. (dpa)

Kommentare (3)

  1. Bern am 15.09.2015
    Ich habe nur noch Vertrauen zu unseren Landespolitikern des Freistaates Bayern.
    Warum gibt es so viele Schwafler und so wenige vernünftige Politiker wie Seehofer, Herrmann... Die vermisse ich auf Bundesebene.

    Dem Bund sind wir egal, zumindest hat man das Gefühl.

    Die Bundesregierung trägt Mitschuld an der Situation durch die fehlerhafte Außenpolitik der letzten Jahre welche die Brennpunkte um Europa geschaffen haben (Syrien, Libyen, Afganistan, Umgang mit Russland)
    Das mit den Flüchtlingen wird nicht abreißen die nächsten 5 Jahre wenn nicht umgehend Libyen stabilisiert und der Sturz Assads aufgegeben wird. Assad hat auch schlimme Sachen gemacht, aber das war vor IS und man muss zum Wohl aller auch einmal von seiner bisherigen Haltung abweichen.
  2. Klaus-Dieter am 15.09.2015
    Deutschland darf zahlen England erhält nur Geld?
    Ist das der europäische Gedanke?
    Nein, danke!
    Das ist Betrug am Wähler und die Parteien
    wissen das!
  3. Gerlinde am 14.09.2015
    Nach dem nun seit heute Abend bekannt wurde, dass 1,0 Mio.
    Asylbewerber zu erwarten sind, sowie die Gespräche
    gescheitert sind, ist die EU am Ende.
    Denn die Länder außer Deutschland, Österreich und Schweden
    wollen KEINE Asylbewerber aufnehmen.
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