Politik

Neue Jobs haben ab sofort: Markus Söder (rechts) und Marcel Huber. Söder avanciert vom Umwelt- zum Finanzminister, was heißt: Alle Minister müssen ihn jetzt um Geld anbetteln. Huber, gelernter Tierarzt, rückt für Söder ins Umweltressort nach. (Foto: dapd)

04.11.2011

Wind machen im Finanzressort

Mit seinem neuen Posten als Finanzminister ist Markus Söder seinem Traum, dereinst Horst Seehofer zu beerben, näher gerückt

Finanzminister: Im Kreis der Kabinettskollegen ist er der mächtigste, gleichzeitig aber derjenige, der am häufigsten von allen im stillen Kämmerlein über Zahlen, Statistiken und Bilanzen brütet. Für den Publicity-Politiker Markus Söder, der den Job ab dem heutigen Freitag machen wird, ist das eine echte Herausforderung. In die Schlagzeilen geraten Finanzminister nämlich vor allem durch Sparvorgaben – und wenn sie mal Geld bewilligen, glänzen damit die Minister, die es kriegen.
Weil der 44-jährige Söder es aber verstand, sich in all seinen bisherigen Ämtern – Generalsekretär, Europaminister, Umweltminister – medial in Szene zu setzen, darf damit gerechnet werden, dass er auch im trockenen Finanzressort Aufmerksamkeit erregt. „Denkt man politisch“, sagte Söder selbst einmal, „lässt sich aus jedem Thema etwas machen.“
Das weiß auch der Koalitionspartner FDP: Söder, sagt Thomas Hacker, Fraktionschef der Liberalen im Landtag, „ist durchsetzungsstark, wird in der Öffentlichkeit wahrgenommen und besetzt geschickt Themen“. Damit ist er eine Art Kontrastprogramm zum sachlichen Georg Fahrenschon: Der bisherige Finanzminister, ein Diplomökonom, wirkte gern im Stillen. Er trat gestern zurück, weil er Ende des Monats zum Präsidenten des deutschen Sparkassenverbandes gewählt werden will.

"Söder und Seriosität, das ist ein Gegensatz"


Dass der Jurist Söder den Posten des Finanzministers – auch ohne einschlägige Vorbildung – im Kreuz hat, bezweifeln selbst seine parteiinternen Gegner nur vereinzelt. Sie bemängeln eher: Der auf Außenwirkung erpichte Söder sei zu wenig solide. „Söder und Seriosität, das ist ein Gegensatz“, giftet einer aus der Landtagsfraktion.
Finanzpolitisch vorgebildet waren Bayerns Finanzminister in der Vergangenheit zwar mehrheitlich schon. Professionelles Wirken war trotzdem nicht in jedem Fall garantiert: Gerold Tandler etwa, ausgebildeter Bankkaufmann, wurde solange als toller Ressortchef gelobt, bis bekannt wurde, dass er ein privates Darlehen von Bayerns größtem Steuersünder, dem Bäderkönig Eduard Zwick, erhalten hatte. Ihm folgte 1990 Georg von Waldenfels nach, von Beruf Jurist; sein Amt übte er skandalfrei aus, bis er 1995 in die Wirtschaft wechselte. Kurt Faltlhauser wiederum hatte Volkswirtschaft studiert, in seine Amtszeit fiel jedoch der Kauf der maroden österreichischen Bank Hypo Alpe Adria. Fachlich versiertester Ressortchef war Erwin Huber, der nach einer Ausbildung in der Finanzverwaltung Volkswirtschaft studierte. Doch geriet auch er im Kontext der Landesbank-Malaise in die Schlagzeilen: Ihm wurde vorgeworfen, das wahre Ausmaß der Spekulationsverluste verschleiert zu haben.

Den ausgabefreudigen Seehofer in Schach halten


Die beiden größten Herausforderungen, die der nun amtierende bayerische Finanzminister Söder bis zur Landtagswahl meistern muss, sind: die Zukunft der Landesbank sichern und ein wachsames Auge auf die Staatskasse haben. Söder, sagt ein CSU-Finanzexperte, „muss einem ausgabefreudigen Ministerpräsidenten die Kasse zusammenhalten.“ Seehofer ist berüchtigt für seine kostspieligen Spontanversprechungen.
Dass Söder mit seinem Wechsel vom Umwelt- ins Finanzressort die Zuständigkeit für die Energiewende verliert, werten seine Anhänger als Vorteil: Für Söders Ambitionen, Ministerpräsident zu werden, sei der Umweltbereich „eher schädlich“, heißt es. In Unternehmerkreisen herrscht über den geplanten Atomausstieg nämlich weithin Unmut. „Der Markus ist damit viele Probleme los“, sagt ein Vorständler.
Die Energiewende managt in Zukunft der bisherige Staatskanzleichef Marcel Huber (53). Dass der besonnene Oberbayer, Tierarzt von Beruf, dafür qualifiziert ist und zudem gute Nerven hat, bezweifelt keiner. Für Huber rückt der bisherige Kultusstaatssekretär Thomas Kreuzer (52) in die Staatskanzlei nach. Der Jurist aus Schwaben hat in der Landtagsfraktion großen Rückhalt – ebenso wie die vierte Umbesetzung, Bernd Sibler. Der 40-jährige Niederbayer, ausgebildeter Gymnasiallehrer, fungiert derzeit als Vorsitzender des Hochschulausschusses im Landtag, genießt dort auch das Ansehen der Opposition, und rückt für Kreuzer als Staatssekretär ins Kultusministerium nach – ein Job, den er im Kabinett Beckstein schon mal hatte.

Und die Frauen? Haben das Nachsehen


Das Nachsehen bei der Kabinettsumbildung haben überraschenderweise die Frauen. Immerhin hatte Ministerpräsident Horst Seehofer 2011 für die CSU zum Jahr der Frau erklärt, er machte sich für eine parteiinterne Frauenquote stark und besetzte Schlüsselpositionen in der Verwaltung mit Frauen. Doch Seehofers Kandidatin fürs Finanzressort – Sozialministerin Christine Haderthauer – scheiterte an angeblichen Vorbehalten in Fraktion und Wirtschaft. Mit ihrem forschen Auftreten eckt die 48-jährige Juristin in der Männerpartei CSU immer mal wieder an.
Der Kandidatenkreis für die Seehofer-Nachfolge ist mit dem Ausbremsen der ehrgeizigen Haderthauer jedenfalls nicht größer geworden. Zu den aussichtsreicheren Aspiranten zählt neben der Chefin des mächtigen CSU-Bezirks Oberbayern, Ilse Aigner, nun zweifellos: Markus Söder. (Waltraud Taschner)

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