Politik

Auch die Gastronomie leidet unter der Corona-Krise. Nicht alle Menschen haben Lust auf Pandemie-Feeling im Biergarten. (Foto: Getty/Alexander Hassenstein)

11.09.2020

Wirte und Betriebe im Corona-Schock

Der Erholungsprozess für die Wirtschaft ist sehr mühsam – auch wegen der hohen Exportabhängigkeit

Die Corona-Pandemie treibt immer mehr Unternehmen in die Pleite. Im Freistaat hat es bereits die beiden Modehersteller Escada aus Aschheim bei München und Strenesse aus Nördlingen erwischt. Bundesweit ist aktuell die Wolfsburger Frisörkette Klier Hair Group bedroht, die über 1400 Salons mit rund 9200 Beschäftigten hat. Das Unternehmen, das mit seinen Marken Frisör Klier, Super Cut, Hair Express, Essanelle, Styleboxx, Cosmo und Beautyhairshop auch in Bayern sehr viele Salons betreibt, befindet sich derzeit im Schutzschirmverfahren, um eine Sanierung in Eigenregie erreichen zu können.
Auch in der Clubszene gibt es erste Insolvenzmeldungen. Der Club La Viva aus Würzburg ist ein Beispiel dafür. Und in München klagen gerade sechs Clubbetreiber gegen den Freistaat und hoffen auf Schadenersatz.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gibt sich dessen ungeachtet optimistisch und behauptet, der Aufholprozess in der deutschen Wirtschaft nach dem Einbruch durch die Corona-Pandemie habe eingesetzt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sieht das weniger rosig: „Wenn wir statt sechs nur noch fünf Prozent Minuswachstum haben, heißt das noch nicht, dass wir die Talsohle durchschritten haben.“

In der Tat ist der Erholungsprozess für die bayerische Wirtschaft überaus mühsam. In der ersten Jahreshälfte sind die bayerischen Exporte laut Bayerischem Industrie- und Handelskammertag im Vergleich zum Vorjahr um rund 18 Prozent zurückgegangen. Gerade die Schlüsselindustrien Fahrzeugbau samt ihrer Zulieferer sowie die Luft- und Raumfahrtindustrie müssen eklatante Umsatzrückgänge hinnehmen. Zuletzt hat der Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler aus Herzogenaurach angekündigt, 4400 weitere Stellen in Deutschland und Europa bis Ende 2020 abzubauen.

Besonders stark unter den Corona-Maßnahmen leidet der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft zufolge das Hotel- und Gaststättengewerbe, der Tourismus- und Freizeitbereich sowie die Messe-, Veranstaltungs-, Kultur- und Eventbranche. Vor allem Fachmessen könnten langfristig zu den Verlierern der Corona-Pandemie gehören. 39 Prozent der deutschen Industriefirmen, die bisher auf Messen ausstellten, gaben bei einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts an, dass sie nach der Krise ihr Engagement verringern wollen. Ein Grund dürfte sein, dass sich fehlende Messeteilnahmen bei vielen Unternehmen offenbar nicht negativ auswirken. 48 Prozent sagten, dadurch keine wirtschaftlichen Einbußen zu haben. Doch Messen wird es weiterhin geben, und zwar als Mischform aus Digital- und Präsenzveranstaltung. Die bayerischen Messegesellschaften arbeiten bereits an entsprechenden Konzepten.

Bau und Pharma laufen gut

In anderen Branchen, wie etwa dem Pharmasektor, läuft es natürlich besser, denn ihre Produkte und Dienstleistungen sind krisenbedingt stark gefragt. Zu den größten Corona-Profiteuren zählen der Online-Handel, IT-Dienstleister, der Fahrrad-, Lebensmittel- und Drogeriehandel, der Elektronik- und Möbelhandel sowie Bau- und Gartenmärkte.

Auch die Baubranche hat die Krise gut gemeistert. Bis jetzt. Denn Bauaufträge von Unternehmen werden erst dann weniger, wenn deren Geschäfte nicht mehr rund laufen. Derzeit arbeitet die Baubranche noch die Aufträge aus der Vor-Corona-Zeit ab.

Beim bayerischen Handwerk hingegen machte sich die Pandemie sofort bemerkbar. Es verbuchte im zweiten Quartal dieses Jahres ein Umsatzminus von zehn Prozent. Besonders betroffen waren laut Bayerischem Handwerkstag Betriebe, die über einen längeren Zeitraum schließen mussten oder nur sehr eingeschränkt arbeiten konnten.

Eine große Herausforderung für die Unternehmen stellt die vorübergehende Aussetzung des Insolvenzrechts dar. Dies hat zwar in Not geratenen Betrieben kurzfristig geholfen. Aber es hat eben auch dazu geführt, dass viele Betriebe nun nicht mehr beurteilen können, ob und wie solvent potenzielle gewerbliche Kunden sind. Für die Auftragnehmer birgt dies das Risiko, anschließend auf ihren Rechnungen sitzen zu bleiben. Hilfreich wäre, wenn man mit Jahresbeginn 2021 zum Insolvenzrecht in seiner ursprünglichen Form zurückkehrt.

Klar ist: Für Bayerns Wirtschaft wird es ein langer Weg zurück zu alter Stärke.
(Ralph Schweinfurth)

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