Politik

Wohnen in München: schön und teuer. (Foto: Getty Images/tonnaja.com)

24.01.2020

Wohnraum schaffen mit Bürgergeld

München bringt eine Kommunalanleihe heraus – warum passiert derlei eigentlich nicht öfter?

Rund 80 000 bezahlbare Wohnungen fehlen derzeit in München – fertiggestellt werden jedes Jahr lediglich 7000. Auf eine Sozialwohnung warten derzeit laut Landesbodenkreditanstalt rund 30 000 Menschen. Abhilfe schaffen sollen jetzt sogenannte Kommunalanleihen. Diese Woche gab der Münchner Stadtrat grünes Licht für den Plan von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), mittels Kommunalanleihen 100 bis 120 Millionen Euro einzunehmen. Rechtzeitig vor der Kommunalwahl erklärte Reiter, dass mit dem Geld Wohnungen ankauft werden sollen, um diese zu bezahlbaren Preisen zu vermieten. Auch Neubauten durch kommunale Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften könnten mitfinanziert werden, ebenso Investitionen im Bildungs- oder Inklusionsbereich.

Für die Stadtanleihen erhalten die Bürger Zinsen: Je nach Laufzeit und Marktlage kann die positive Rendite zwischen 0,2 und 0,6 Prozent liegen. Tatsächlich setzen laut Deutschem Städtetag immer mehr Städte auf Kommunalanleihen. Die Anleihen sind von Investoren gegenwärtig stark nachgefragt, weil sie höhere Renditen als bei Länder- oder Bundesanleihen bieten. München hatte bereits im Jahr 1995 eine Kommunalanleihe herausgegeben und damit eine Milliarde D-Mark eingenommen. In Bayern nutzten im Jahr 2013 auch Nürnberg und Würzburg dieses Instrument.

Bundesweit werden nur zwei Prozent kommunaler Fremdmittel über Anleihen finanziert. Grund: Das Ganze ist mit viel Arbeit verbunden. Unter anderem müssen Haftungsfragen geklärt werden. „Von den Vorgesprächen bis zu Nachbereitungen haben wir mehr als 200 Stunden Arbeitszeit investiert“, sagt Nürnbergs Finanzreferent Harald Riedel (SPD) über die Kommunalanleihe, die Nürnberg und Würzburg 2013 gemeinsam herausgegeben haben. Bei der Emission war innerhalb kürzester Zeit das Orderbuch vierfach überzeichnet. „Aus Sicht des Marktes ein voller Erfolg“, so Riedel. Das brachte der Stadt am Finanzmarkt eine gewisse Bekanntheit, die ihr später bei der Platzierung von Schuldscheindarlehen geholfen hat. Auch das eigentliche Ziel der Stadt wurde erreicht. Sie konnte mit dem Geld Schulen, Kinderbetreuung und Verkehrsinfrastruktur finanzieren.

Kommunalanleihen eignen sich wegen des hohen Aufwands nur für Großstädte

Nürnberg und Würzburg leisteten damals Pionierarbeit, da zunächst nicht klar war, ob zwei Kommunen eine gemeinsame Anleihe herausgeben dürfen. Inzwischen ist das üblich. Im Februar 2014 nahmen die Städte Essen, Dortmund, Wuppertal, Remscheid, Herne und Solingen eine gemeinsame „NRW-Städteanleihe 1“ in Höhe von 400 Millionen Euro auf, die bis dato größte deutsche Kommunalanleihe aller Zeiten. Und im November 2018 haben erstmals Kommunen aus mehreren Bundesländern gemeinsam eine Anleihe emittiert. Die zehnjährige Anleihe, die als „Deutsche Städteanleihe Nr. 1“ an den Markt gegangen ist, hat ein Volumen von 200 Millionen Euro, das sich auf die NRW-Städte Bochum, Essen, Saarbrücken, Emden und Celle verteilt.

Weil solche Anleihen ein großes Finanzvolumen brauchen, eignen sie sich vor allem für große Städte. Doch auch rechtliche Hürden machen es kleineren Kommunen schwer, hier mitzuspielen. Laut bayerischer Gemeindeordnung müsste die Aufsichtsbehörde, also Landratsamt oder Bezirksregierung, Anleihen genehmigen. Und das, so ein Sprecher des Bayerischen Gemeindetags, „tut sich keine kleinere Gemeinde an“.

München indes hätte bereits viel früher handeln müssen. So hätten städtische Liegenschaften in teuren Innenstadtlagen veräußert werden können, um mit dem Erlös bezahlbaren Wohnraum am Stadtrand zu schaffen. Den sozialen Wohnungsbau hat München – ebenso wie andere Großstädte – jahrelang sträflich vernachlässigt. Die jetzt beschlossene Kommunalanleihe kann deshalb nur ein kleiner Schritt sein. Weitere müssen folgen.  (Ralph Schweinfurth)

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