Unser Bayern

Eine Rarität ist der Inflationsgeldschein aus Bamberg, auf dem man kritische Reime liest. Sehen Sie weitere Abbildungen von Geldscheinraritäten in der Bildergalerie am Ende des Beitrags. (Foto: HVB Stiftung Geldscheinsammlung)

02.11.2018

Geschichte in Noten

Geschütztes Kulturgut: Die einzigartige Geldscheinsammlung der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank

Im Geld schwimmen wäre das falsche sprachliche Bild, wenn man Katharina Depner in ihrem Reich besucht: Dann nämlich würden im Keller von Giesecke + Devrient die Alarmglocken schrillen. Nein, es ist dort in einer der prominentesten „Geldschmieden“ der Welt ausgesprochen trocken – so wie es das Geld eben braucht, jedenfalls das auf Scheinen. Freilich wird in dem Hochsicherheitstrakt in München/Steinhausen schon längst kein Papiergeld für aller Herren Länder mehr gedruckt, das geschieht seit einigen Jahren am G + D-Produktionsstandort Leipzig. Man hat sich inzwischen auf Chipkarten und den Sicherheitsdruck spezialisiert. Und die rund 300 000 Scheine, die in einem Kellerraum sorgsam gehütet werden, gehören auch nicht dem Unternehmen, aber nicht wenige von ihnen haben einst die G + D-Druckmaschinen verlassen. Es handelt sich vielmehr um die Geldscheinsammlung einer Stiftung der Hypo - Vereinsbank (HVB), der man vor zehn Jahren Asyl gewährt hat und deren Aufgaben, zum Beispiel bei der Öffentlichkeitsarbeit, man unterstützt. Katharina Depner hütet diesen Schatz.

Der spezielle Sicherheitsschutz im G + D-Anwesen ist für die HVB-Sammlung eigentlich nicht vonnöten: Die Scheine mit Millionen-, gar mit Billionen- Aufdrucken stacheln kaum die Geldgier an, sind als Zahlungsmittel (überwiegend) wertlos. Einen hohen Wert hingegen haben die frühen Papiergeldausgaben aus dem 17. bis 19. Jahrhundert. Sie brauchen eine spezielle Unterbringung, damit sie auch in Zukunft erhalten bleiben. Bei G+D sind die Bedingungen ideal: Keine Sonneneinstrahlung, maximal 25 ° Celsius im Sommer, rund 18 ° Celsius im Winter.

Auswahl im Internet

Einen Haken hat die Örtlichkeit: Publikumsverkehr ist so gut wie ausgeschlossen, man muss schon einen triftigen wissenschaftlichen Grund haben, um dort eingelassen zu werden. Andererseits ist die HVBGeldscheinsammlung eine Stiftung und eine ihrer Zweckbestimmungen lautet, dieses „Kulturdenkmal“ der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das bedeutet auch, dass sie immer personell betreut werden muss, damit sie nicht faktisch tot, eine „Kellerleiche“ ist. Jenseits von einer eigenen Wanderausstellung, Ausstellungsbeteiligungen, Leihgaben und Vorträgen hat sich eine neue Präsentationsbühne ergeben, die öffentlich von jedermann, ohne Sicherheitskontrollen und rund um die Uhr besucht werden kann: das Internetportal bavarikon. Katharina Depner hat es mit den wichtigsten Exponaten zur bayerischen Geschichte und mit Raritäten aus Deutschland bestückt, die Förderanträge laufen, das Projekt auf Europa auszudehnen.

Das ist nämlich die Spezialität dieser Sammlung: Die Banknoten stammen aus allen Zeiten und aus allen Ecken der Welt. Natürlich mit unterschiedlicher Gewichtung: Papiergeld gab es zwar schon in China seit dem Mittelalter, aber solche Urkunden ähnlichen Stücke haben nur in äußerst geringer Zahl die Zeiten überdauert. Als älteste erhaltene Banknoten der Welt gelten chinesische Käsch-Scheine. Die HVB-Sammlung hütet zwei von 14 bekannten mit der Notierung von 1000 Käsch aus der Zeit zwischen 1368 und 1398 (Ming-Dynastie). Als älteste europäische Banknote gilt die schwedische 10-Daler-Note von 1666, im Deutschen Reich hatten die Sachsen die Nase vorn: Der 1-Reichstaler in der HVBSammlung datiert von 1772. In Bayern wurden erst ab 1836 Banknoten als offizielles Zahlungsmittel gedruckt.

Richtig populär wurde Papiergeld erst im 19. Jahrhundert, dann setzte sich auch das rechteckige, handliche Format und spätestens dann auch der zweiseitige Druck durch. Die Banken, die Papiergeld ausgaben, schossen aus dem Boden, 1850 gab es allein 50 im Deutschen Reich. Ihre Zahl ist wieder geschrumpft auf heute zwei: die Bundesdruckerei GmbH in Berlin sowie Giesecke + Devrient. Europaweit haben 16 Druckereien die Lizenz der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Druck der Euroscheine.

Jagd nach neuen Scheinen

Die HBV-Sammlung wird aktiv geführt: Nicht nur, dass Katharina Depner Ergänzungen zu alten Serien hinterherjagt, sie versucht auch, sich keinen Geldschein entgehen zu lassen, der irgendwo auf der Welt neu herauskommt. Das werden nicht viele sein, könnte man vermuten angesichts des zunehmenden bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Studien zufolge soll in Norwegen der Bargeldanteil im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt etwas unter 1,4 Prozent liegen, in der Europäischen Union (Norwegen ist nicht Mitglied) dagegen noch über 10 Prozent. „Trotzdem sind Neuauflagen beliebt wie eh und je“, zieht Katharina Depner Bilanz ihrer Beobachtung. Rund 170 neue Scheine kamen 2017 in Umlauf. „Gerade auch Norwegen hat jüngst neue Kronenscheine herausgegeben, recht modern gestaltete. Weltweit gesehen, das belegen immer wieder Studien, sind Bargeldzahlungen nach wie vor am häufigsten, wenn es um kleinere Beträge geht. Letztendlich überzeugt Bargeld noch immer, weil es ein anonymes Zahlungsmittel ist. Und es ist sicher. Wenn ein Geldautomat kaputt ist oder die Bankkarte nicht funktioniert, kann man eben auch kein Geld auf den Tisch legen.“

Visitenkarten eines Landes

Das berührt den zeitgenössischen Aspekt dieser „Kulturgeschichte des Geldscheins“, von der Katharina Depner lebendig und mit vielen Beispielen erzählt: Dass in Indien die Scheine oft gelocht und zusammengeheftet werden. Dass es in manchen afrikanischen Ländern Gewohnheit ist, sich Geldscheine unter die Achseln zu klemmen. Wie sich gerade auf afrikanischen Banknoten die staatliche Emanzipation und wachsendes Selbstbewusstsein nach Erlangung der Unabhängigkeit ablesen lassen. Dass Diktatoren ihr Konterfei gerne auf Geldscheinen sehen. „Geldscheine sind wie Visitenkarten eines Landes.“

Länderchefs auf Banknoten: In Deutschland gab es das nur einmal, und zwar zu Zeiten des Deutschen Reichs. Damals blickten die Menschen (vermutlich nur die Eliten) in Deutsch-Ostafrika auf Kaiser Wilhelm II., wenn sie Rupienscheine zückten. Der Monarch war ihr „Schutzherr“, folgt man der Bezeichnung „Schutzgebiete“ für Kolonien. Der 100-Rupienschein, den Katharina Depner in einer der speziell angefertigten Sammleralben verwahrt, wurde aber nicht in der Kolonie, sondern in Leipzig gedruckt. Bei Geldscheinen anderer Kolonien verzichtete der für seine Selbstdarstellung bekannte Hohenzoller auf sein Abbild.

Dieser Schein ist einer der Raritäten aus der HVB-Sammlung, von denen es einige gibt, die Sammler mit der Zunge schnalzen lässt. Zwar wurden und werden Banknoten nicht gerade in kleiner Stückzahl gedruckt. Anders als Briefmarken, die abgestempelt ihren eigentlichen Wert verlieren, konnten es sich seit jeher aber nur wenige Menschen leisten, Geldscheine allein ihres schönen Scheins wegen zur Seite zu legen, jedenfalls Banknoten mit höheren Nennwerten. Sie werden in der Regel gespart, um wieder ausgegeben zu werden. Oder um bei Währungsumstellung eingetauscht zu werden. Bei Inflation konnte es freilich oft geschehen, dass der 10-Millionen-Schein schon am nächsten Tag nicht mal mehr für ein Brot reichte – solche Scheine finden sich denn auch zuhauf in Familiennachlässen. Daneben sorgen die Notenbanken selbst dafür, dass das Geld weniger wird: Sie ziehen abgenutzte Scheine aus dem Verkehr und schreddern sie.

Generalsammler sind selten

Anders als die Philatelie hat die Notaphilie relativ wenige konsequent Sammelnde: Um die 3000 registrierte gibt es weltweit, die meisten beschränken sich auf Spezialgebiete. Generalisten wie die HVB Stiftung sind selten. Vergleichbare Konvolute hat nur die Deutsche Bundesbank mit ihrem Museum, das British Museum in London und die Smithsonian Institution in Washington D.C. Seit 1961 gibt es eine eigene Interessensvereinigung (International Bank Note Society/IBNS). Die wählt zum Beispiel alljährlich den „Geldschein des Jahres“. 2017 machte die Schweiz das Rennen mit ihrem Zehn- Frankenschein. Der zeigt einen Bahntunnel, ein Uhrwerk und Hände mit einem Dirigentenstab. Mit seinen Gelb-Orange-Braun-Tönen und einem kleinen blauen Kontrast ist er sympathisch leuchtend.

Gibt es in der Notaphilie so etwas wie die „Blaue Mauritius“ der Briefmarkensammler? Ja – „Grand Watermelon“ heißt die Rarität und ist eine 1000-Dollar-Note von 1890; der Name bezieht sich vermutlich auf die Nullen des Nennwertes. Vor einigen Jahren war sie einem Käufer bei einer Auktion 3,3 Millionen Dollar wert.

Der seltenste Schein der Welt

Bei solchen Ankaufsummen kann Katharina Depner natürlich nicht mithalten. Aber was mag mancher der Scheine in der HVB-Sammlung wert sein, würde er in den Auktionshandel kommen? Da ist zum Beispiel die wohl wirklich seltenste Banknote der Welt: Ein unscheinbarer, recht schmuckloser „One Hundred Marks“-Schein. Der wurde 1914 im Kaiser-Wilhelms-Land in Neuguinea herausgegeben, aber nicht von der deutschen Kolonialmacht, die hatte da nämlich gerade abdanken müssen, sondern von den neuen Eroberern, den Australiern. Die übernahmen in der Eile und weil er den Menschen vertraut war, den Währungsnamen Marks. Erst fast zwei Jahre später ... (Karin Dütsch)

Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der November/Dezember-Ausgabe von UNSER BAYERN in der BSZ Nr. 44 vom 2. November 2018

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