Unser Bayern

Die 1919 erbauten Häuser für die Peißenberger Bergbaubeamten waren großzügiger geschnitten als die Wohnungen für die Arbeiter. (Foto: BayHStA)

28.03.2013

Lebensraum Übertage

Aktenkundig - die Serie: Wie die Bayerische Berg-, Hütten- und Salzwerke AG Wohnraum für ihre Kumpel schuf


Er musste gehörig schuften – nicht nur Untertage und vor allem auf eigene Kosten: Das Holzhaus („Schächenhäuschen") galt es wohnfähig zu machen, er musste sich um zwei Kühe kümmern, das Futter für sie „fünf bis sechs Stunden herholen ... lassen, weil in der dortigen Gegend sonst keine Milch zu kaufen wäre." Und die brauchte er dringend: Zehn Kinder hatte er zu versorgen. Nein, Landwirt war Heinrich Bauer keineswegs – er war vielmehr Steiger. 1837 war er vom Hüttenamt Sonthofen nach Oberbayern gekommen um zusammen mit vier Bergknappen die Kohlenvorkommen am Hohen Peißenberg zu untersuchen. Tatsächlich waren diese so ergiebig, dass dort bis 1971 Pechkohle (eine schwarz glänzende Braunkohle mit hohem Heizwert) abgebaut wurde – und zwar im größten staatlichen Bergwerk Bayerns. Während Heinrich Bauer wenige Jahre später nach Bergen bei Traunstein versetzt wurde, wo er das Amt eines Obersteigers antrat, fanden immer mehr Einheimische Arbeit im Bergbau. Sie wohnten zunächst in kleinen bescheidenen Häusern, die die Bergleute noch eigenständig bauten. Später wurde der gestiegene Wohnungsbedarf der Bergleute durch die Vergabe von billigem Baugrund und Baudarlehen bzw. durch den Bau von Werkswohnungen staatlicherseits gefördert. Zuständige Behörde für den staatlichen Bergbau war seit Beginn des 19. Jahrhundert die General-Bergwerks- und Salinenadministration mit Sitz in München. Sie war zur Verwaltung der Bergwerke, Hüttenwerke und Salzwerke des Staates eingerichtet worden, wurde 1909 in Generaldirektion der Berg- Hütten- und Salzwerke umbe­nannt und erhielt 1927 die Form einer Aktiengesellschaft. . Wegen Krisen im Bergbau und wirtschaftlichen Verlusten im Mischkonzern mussten im Laufe der Jahre verschiedene Hüttenbetriebe und Bergwerke schließen. Schließlich wurden 1991 die Aktien für 122 Millionen DM an das Chemieunternehmen SKW Trostberg AG, einer Tochter des VIAG-Konzerns, verkauft. Auch wenn inzwischen die meisten Bergbau- und Hüttenanlagen abgebaut wurden und an den ehemaligen BHS-Standorten neue Industriezweige entstanden sind, so wohnen viele der dort Beschäftigten noch in den ehemaligen Bergarbeiterhäusern. Die Baugeschichte dieser großen und kleinen Siedlungen dokumentieren zahlreiche Pläne und Akten im Bayerischen Hauptstaatsarchiv. 1905 waren 3948 Arbeiter bei den staatlichen Berg-, Hütten- und Salzwerken beschäftigt, nur ein Jahr später waren es bereits 4433. Zu dieser Zeit entstanden in Peißenberg, Obereichstätt, Weiherhammer und Bodenmais Neubauten für die Bergbaubeamten und Mehrfamilienhäuser für die Arbeiter in Obereichstätt, Berchtesgaden und Reichenhall; in Rosenheim baute man das Sackmagazin aus dem jahr 1890 zu einem Arbeiterwohnhaus mit zwölf Wohnungen um. Außerdem erfolgte die Sanierung von Arbeiterwohnungen in Obereichstätt und Rosenheim und die Auszahlung von 40 Bauprämien (durchschnittlich 570 Mark) für Eigenheimbauten in Peißenberg, Bodenwöhr, Weiherhammer und Bodenmais. Die BHS versprach Reinlichkeitsprämien für die Instandhaltung von Arbeiterwohnungen – diese Initiative scheiterte jedoch an formellen Bedenken und dem geringe Interesse der Mieter. Trotz aller Maßnahmen blieb die angespannte Wohnraumsituation der BHS-Arbeiter kritisch. In der von ihnen im November 1909 im Bayerischen Landtag eingereichten „Denkschrift über die wirtschaftlich soziale Lage und Wünsche der Arbeiter in den königlich bayerischen Berg-, Hütten- und Salinenwerken" heißt es zum Beispiel: „Für den Bau von Arbeiterwohnungen bitten die Arbeiter um Gewährung der Mittel. In Rosenheim und Berchtesgaden sind solche in ungenügender Zahl vorhanden, in Amberg, Stockheim und Bodenmais überhaupt keine. In Bodenwöhr machte sich durch den Abriss der älteren bisher von 20 Arbeiterfamilien bewohnten Häuser der Mangel sehr fühlbar. In Weiherhammer herrscht Wohnungsnot. Eine siebenköpfige Arbeiterfamilie muss z.B. in einer Stube und kleinen Dachkammer hausen." Auch die Amberger Bergarbeiter beklagen in ihrer Petition an die Kammer der Abgeordneten vom 22. Februar 1910, „dass mit der Vergrößerung des Werkes (Neuanlage), die eine größere Belegschaft erfordert, nicht zugleich für Arbeiterwohnungen Sorge getragen wird. Durch die Heranziehung von mehreren hundert Arbeitern wird der Kleinwohnungsmangel vergrößert, und durch die gesteigerte Nachfrage die Mietpreise höher, so dass dieselben nicht mehr im Einklang mit dem niederen Verdienst der Arbeiterschaft stehen." Der Erste Weltkrieg verschärfte die schlechte Wohnungslage: Viele Werksarbeiter zogen in den Krieg. Wenn sie überhaupt zurückkehrten, dann oft als Invaliden – viele Werkswohnungen waren also durch nicht arbeitsfähige Männer bzw. Kriegerwitwen belegt... (Renate Herget) Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der März-Ausgabe von Unser Bayern!

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