Unser Bayern

Das Stillleben mit Spargelbündel aus dem 19. Jahrhundert von Victor Martin ist eine besonders schöne Darstellung des edlen Gemüses. Der Spargel war in vielen Epochen der Kunstgeschichte ein beliebtes Motiv. (Foto: Stadt Schrobenhausen)

20.06.2014

Leckerbissen von der Stange

Im Europäischen Spargelmuseum in Schrobenhausen erfährt man alles über das kultige Gemüse

Spargel landet nicht nur auf den Tellern von Feinschmeckern. Laut Bundeslandwirtschaftsministerium verzehrte 2012 jeder Deutsche im Schnitt 1,6 Kilogramm Spargel – vier Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Stadt Schrobenhausen im nördlichen Oberbayern ist Zentrum und Namensgeber des mit über 1000 Hektar größten zusammenhängenden bayerischen Spargelanbaugebiets. 1913 hatte Christian Schadt aus Groß-Gerau erstmals das Edelgemüse in den sandigen Paar-Auen Schrobenhausens gepflanzt. 2010 erhielt der Schrobenhausener Spargel das von der EU vergebene Siegel „geschützte geografische Herkunftsangabe". Nur Spargel aus dem unmittelbaren Anbaugebiet um Schrobenhausen, das knapp 500 Hektar umfasst, darf dieses Qualitätssiegel tragen. Jedes Jahr kommen zur Erntezeit Tausende von Spargelfreunden in die Region. Sie schätzen die besonders zarten Spargelstangen, die einen für die Region mit ihren Tertiärsandböden typischen nussigen Geschmack haben. Je nach Witterung beginnt die Spargelsaison etwa Ende April und endet traditionsgemäß am Johannistag (24. Juni), damit die Pflanzen eine ausreichende Regenerationszeit haben, um im folgenden Jahr genügend neue Sprosse bilden zu können. 1985 wurde im früheren Gefängnis- und Amtsturm der noch erhaltenen Stadtmauer das Deutsche Spargelmuseum eingerichtet, das dann 1991 zum Europäischen Spargelmuseum erweitert wurde. Mit Exponaten aus rund 30 Ländern zeigt das Museum alles rund um das Thema Spargel. Spargel, so erfährt der Besucher, ist eine der ältesten Gemüsesorten. Schon den Griechen und Römern war der Spargel als Heilpflanze bekannt. In Rom war er zudem ein geschätztes und so teures Gemüse, dass sich Kaiser Diokletian im Jahr 304 n. Chr. veranlasst sah, eine Spargelpreis-Verordnung zu erlassen. Ein besonders schönes Ausstellungsstück im Museum ist der bronzene Messergriff in Spargelform, wahrscheinlich der Abguss einer echten Pflanze, aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. Seit dem 16. Jahrhundert stand der Spargel als wohlschmeckendes Luxusgemüse in höfischen Kreisen hoch im Kurs. Erst im 19. Jahrhundert wurde er dann auch für bürgerliche Schichten erschwinglich. Einen großen Aufschwung erfuhr der Spargelanbau in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Trotzdem ist der heimische Spargel immer noch relativ teuer: Seine Anpflanzung ist pflege- und arbeitsintensiv und erfolgt weitgehend von Hand. Zudem liefert der Spargel erst im dritten Jahr nach der Pflanzung die erste Ernte. In der Museumsabteilung „Botanik" wird erklärt, dass Spargel wie Maiglöckchen oder Herbstzeitlose eine Pflanze aus der Familie der Liliengewächse ist. Es gibt rund 100 Spargelsorten. Die hierzulande gebräuchliche Kulturart heißt „aspargaus officinalis". Spargel ist eine mehrjährige Staude, bei der nur der etwa 35 cm tief unter der Erdoberfläche liegende Wurzelstock (Rhizom) überwintert. Jährlich im Frühjahr treibt die Pflanze dann mehrere Sprosse, die als Spargel geerntet werden. Weil die Stangen durch einen Erdwall geschützt werden, bleiben sie weiß. Im Gegensatz zu diesem Bleichspargel wächst der immer beliebter werdende grüne Spargel oberirdisch und kann deshalb weitgehend mechanisch geerntet werden. Spezielle Arbeitsgeräte wie Spargelstechmesser veranschaulichen die mühevolle Kultivierung des Spargels. Mittlerweile werden in der modernen Anbautechnik die Pflanzgräben mit einem Pflug gezogen. Die Jungpflanzen werden dann in der Regel immer noch mit der Hand gesetzt. Vor der Ernte werden mit Hilfe von Pflügen oder Fräsen zum Schutz vor der Lichteinwirkung Dämme über den Pflanzen aufgehäufelt. Die Ernte selbst ist nach wie vor Handarbeit. Jede einzelne Stange muss mit der Hand gestochen werden. Die Ernte war maßgeblich Frauenarbeit. In einer Spargelanleitung von 1890 steht, dass Frauen das Bücken besser aushalten können als Männer. In Wirklichkeit waren sie die billigeren Arbeitskräfte. Heute käme man in der Erntezeit ohne Saisonarbeiter – meist kommen sie aus Osteuropa – nicht mehr aus. Fotos und Erklärungstexte informieren über Schädlinge und Krankheiten. Alte Kräuterbücher und Kupferstiche erhellen die Bedeutung der Pflanze für Wissenschaft und Medizin. Spargel enthält viele Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und Ballaststoffe und ist kalorienarm. Er fördert die Nierentätigkeit und wirkt deshalb entwässernd, entschlackend und entgiftend. Das erste Obergeschoss des Museums steht unter dem Motto „Spargelessen". Dort finden sich Spargelrezepte aus vielen Ländern Europas und die verschiedensten Produkte vom Spargel in Gläsern und Dosen bis hin zum Spargelschnaps. Sehenswert ist die prächtige und wohl einzigartige Sammlung von Spargelgeschirr. Das repräsentative Service zeugt von der feinen Esskultur der höfischen Gesellschaft im 17. und 18. Jahrhundert. Auf Spargelliegen wurde das Gemüse serviert, mit Spargelzangen wurde es vorgelegt. Im 19. Jahrhundert wurde Spargel üblicher Weise mit den Fingern gegessen. Die Legierungen der Messer sollten den Geschmack nicht beeinträchtigen. Als besonders vornehm galten Fingerzangen, mit denen der Spargel zum Mund geführt wurde. Ein erlesenes Stück ist das aus Gold und Silber gefertigte Exemplar des russischen Hofjuweliers Carl Peter Fabergé von 1890. In Deckeldosen aus feiner Fayence oder Porzellan in Form von Spargelbündeln wurden Butter und Soßen gereicht. Sie wurden bei großen Festessen aufgetragen und sind ein Beispiel für die beliebten Augentäuschungen in feudalen Kreisen. Viele der edlen Stücke stammen aus berühmten Manufakturen wie Meißen, Ilmenau oder Wien. Das Auge isst eben mit... (Eva Meier) Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der Juni-Ausgabe von Unser Bayern (BSZ Nr. 25 vom 20. Juni 2014) Abbildungen (Fotos: Stadt Schrobenhausen)
Im Europäischen Spargelmuseum in Schrobenahusen werden in der Pflanz- und Erntezeit auch im Freigelände an der Stadtmauer Exponate rund um den Spargelanbau präsentiert. Das Auge isst mit: Im 18. Jahrhundert wurde bei feudalen Festessen zum Spargel Butter und Soßen gereicht, die man gerne in Deckeldosen servierte. Hier eine Dose aus der Manufaktur in Meißen (um 1780/90), von der weltweit nur noch zwei Exemplare bekannt sind.

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