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Orang-Utan Jolie im Tierpark Hellabrunn an ihrem ersten Geburtstag. (Foto: dapd)

24.06.2011

Meister des Purzelbaums ohne Tischmanieren

In der hundertjährigen Geschichte des Tierparks Hellabrunn spielt die Haltung von Menschenaffen eine wichtige Rolle

Manchmal wirkt der zottelige Bruno wie ein großer rotbrauner Bettvorleger. Dann liegt das Orang-Utan-Männchen mit dem riesigen Kopf und dem grauen Bart scheinbar unbeweglich in der Ecke des Geheges. Aber schon einen Augenblick später macht er sich auf, scheint mit einem verholzten Pflanzenstück in der Hand unermüdlich den Boden abzuschaben – und plötzlich sitzt der ganz nah an der Glasscheibe und nimmt die Leute, die sich die Nase plattdrücken, um ihn zu sehen, selbst genau unter die Lupe. Was er sich wohl über sie denkt? Längst ist der 42-jährige Affe nicht mehr die ganz große Attraktion im Orang-Utan-Paradies des Münchner Tierparks Hellabrunn. Den Rang haben ihm seine Töchter „abgeturnt": die kleinen, putzigen Orangkinder Jolie und Isalie hangeln sich agil von Seil zu Seil, die Besucher freuen sich über manchen „Stunt". Konkurrenz hat Bruno auch in einer Äffin mittleren Alters, die Purzelbäume schlägt, sich dabei mit Holzwolle einwickelt und so die Leute zum Lachen bringt. Bruno, der nach einem Namenswettbewerb eigentlich Brunni heißt, ist mittlerweile im gesetzten Alter. Seit seiner Geburt am Faschingsdienstag im Februar 1969 lebt das Sumatra-Orang-Utan-Männchen im Tierpark – korrekterweise muss man die ersten Lebensmonate ausnehmen: die verbrachten er und seine Zwillingsschwester Hella nämlich im Schwabinger Krankenhaus. Dass Orang-Utan-Zwillinge auf die Welt gekommen waren, galt damals als große Überraschung. Dass die Affenkinder auch noch in einem Humankrankenhaus Aufnahme fanden und dort aufgepäppelt wurden, war gleich doppelt sensationell. Sicherheitshalber hatte man sie streng getrennt von den menschlichen Säuglingen in einer ausgeräumten Besenkammer des Krankenhauses untergebracht, und die Öffentlichkeit auch erst später davon informiert. Als der Tierpark Hellabrunn vor 100 Jahren am 1. August 1911 seine Pforten erstmals öffnete, gab es für die Besucher allerdings noch keine Orang-Utans oder andere Menschenaffen zu sehen. Der Tierpark mit dem landschaftlich herrlichen Gelände in den Isarauen bei Thalkirchen war zwar schon damals im Besitz von drei Orang-Utans. Diese Tiere waren ein Geschenk des aus München stammenden Leonard Weigand, eines Plantagenbesitzers auf Sumatra. Weil aber für die sehr empfindlichen Affen noch keine geeignete Unterkunft vorhanden war, blieben sie im Amsterdamer Zoo zur Pflege. Das Münchner Publikum musste damals noch mit anderen „niederen" Affen Vorlieb nehmen. Ungefähr zehn Arten von Schweinsaffen, Hutaffen, Rhesusaffen etc. gab es in einer Abteilung des Raubtierhauses, und eine Anzahl von ihnen konnte im Sommer ein eigenes Freigehege, nachträglich mit einer Kuppel ausgestattet, bewohnen. Im Offiziellen Führer durch den Zoologischen Garten in München, verfasst vom Münchner Schriftsteller Hermann Roth, war nachzulesen: „Gehege 48 ist ein Affen-Theater mit allem Spielzeug für die Bewohner und einem kleinen anschließenden Tempelbau, der den Insassen bei schlechtem Wetter und des Nachts als warmer Stall dient. Hier bewegt sich eine Masse von munteren, geschwänzten Vierhändern, die für das Publikum immer ein dankbares Schauobjekt bilden und ihrer possierlichen Streiche und Spiele halber namentlich den Kindern viel zu lachen geben." Eigentlich hätte nach dem Generalplan von Emanuel von Seidl für den Tierpark noch ein weiteres Areal für Wald- und Felsenaffen realisiert werden sollen, doch das wurde ebensowenig Wirklichkeit wie der Bau eines Affenhauses, das für Menschenaffen tauglich war. Im Gegenteil, der Tierpark kam zunehmend in wirtschaftliche Bedrängnis. Im Juli 1922, elf Jahre nach seiner Eröffnung, kam das Aus, und der Tierbestand wurde verkauft. Die Idee eines Tierparks für München war damit allerdings nicht gestorben. Durch das Engagement des „Hilfsbundes der Münchner Einwohnerschaft" sollte der Münchner Tierpark wieder zum Leben erweckt werden, und es gelang, den Zoologen Heinz Heck, Sohn des Berliner Zoodirektors Ludwig Heck, für das Projekt zu gewinnen. Heck wollte in München etwas völlig Neues realisieren: einen geografischen Tierpark. Erstmalig in der Welt sollten die Tiere nach Herkunftsregionen präsentiert werden und nicht, wie noch im Jahr 1912 ein Besucher über den Münchner Tierpark schrieb, nach „Kraut und Rüben" durcheinander plaziert. Im Frühjahr 1928 war es soweit: der Geozoo eröffnete als „Große Tierpark-Propaganda-Schau" auf dem Gelände in Thalkirchen. Ursprünglich sollte die Schau nur von Mai bis Oktober zu sehen sein; weil sie aber so erfolgreich war, blieb der Tierpark weiterhin geöffnet. Und er entwickelte sich mit rasanter Geschwindigkeit. An seiner Spitze waltete Heinz Heck, der als zoologischer Direktor vierzig Jahre lang die Geschicke des Tierparks bestimmen sollte. Und bald boten sich auch Möglichkeiten, Menschenaffen in München zu zeigen. (Petra Raschke) Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der Juni-Ausgabe von Unser Bayern.

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