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Der klassizistische Luitpoldblock wurde zwischen 1810 und 1812 errichtet. Der Prachtbau wechselte mehrmals den Besitzer, auch seine Nutzung änderte sich (zeitweise wurde darin eine Brauerei betrieben). Entscheidend prägte ihn schließlich das Café Luitpold, das 1888 nach zweijähriger Umbauzeit eröffnete. 1944 wurde der Luitpold weitgehend zerstört. (Foto: Sammlung Café Luitpold & Archiv)

24.05.2018

Palast mit 20 Sälen

130 Jahre Kaffeehausgeschichte in München: Das Café Luitpold glänzt mit märchenhafter Pracht

"Ich glaube, ich wohne hier“, bekennt Loriot im Februar 1963. Mit „hier“ meint der berühmte Zeichner, Schriftsteller und Filmemacher (eigentlich Vicco von Bülow, 1923 bis 2011) das Münchner Café Luitpold – dort ist der Karikaturist Stammgast und schätzt besonders den hausgemachten, legendären Käsekuchen. Das Luitpold ist in München seit 130 Jahren eine feste Institution, wenngleich es nicht zu den ältesten Kaffeehäusern der Landeshauptstadt zählt.

Das erste Münchner Kaffeehaus hat seinen Ursprung in einem Kiosk. Seit 1774 dürfen unter den Arkaden des Hofgartens „Coffee“, „Chocolats“, „lemonats“ und kandiertes Backwerk verkauft und genossen werden. Besitzer ist der kurfürstliche Lotterieeinnehmer Giovanni Pietro Sarti, der zwei Konzessionen hat: die eines „Kaffeegeschenk“ und die eines „Traiteurs“, der warme Speisen zubereiten darf. Die strikte Trennung zwischen Speiselokal und Kaffeeschenke wird erst 1804 durch ein Dekret aufgehoben. Sarti ist somit ein Pionier, dessen Nachfolger Tambosi 1825 einen Neubau im Hofgarten errichten lässt – ein nobles, vornehmes Kaffeehaus für den Adel und das gehobene Bürgertum. Das Café ist in München eine Legende geworden, im Winter 2016 muss es allerdings schließen.

Das legendäre Tambosi ist Pionier in der Münchner Kaffeehaustradition, doch schon 1818 gibt es laut Handelsgewerbstaschenbuch 29 Kaffeehäuser, 1895 zählt man 236. Besucht werden sie von allen Schichten der Bevölkerung: Ab 6 Uhr in der Früh kommen Gehilfen, zwischen 7 bis 8 Uhr nehmen ledige Beamte und Kaufleute ihr Frühstück ein, dann folgen die Touristen, Offiziere, Pensionisten, Geschäftsleute, am Nachmittag die Billardspieler, Zeitungen werden zu jeder Tagesund Nachtzeit gelesen. Die Qualität des Kaffees ist bisweilen ernüchternd. Eine Visitationskommission begutachtet 1835 die Häuser und den angebotenen Kaffee: Es ist von „Gelberübenbrühe“ zu lesen, und dass der Kaffee nur „zur Noth trinkbar“ ist.

Das erste Münchner Prachtcafe entsteht 1856 mit dem „Probst“ in der Neuhauser Straße. Bis 1892 sollen noch 84 solcher Kaffeehäuser folgen – das glanzvollste und größte ist das Cafe Luitpold an der Brienner Straße, das 1888 eröffnete.

Kaffeehäuser kennen (wie ihre Vorbilder im Orient) keine Klassen – sie sind für alle Gesellschaftsschichten zugänglich und tragen zu deren Bildung bei. Natürlich gibt es, je nach Etablissement, gewaltige Preisunterschiede. Aber schon für ein paar Pfennige ist ein Kaffee oder eine Suppe erhältlich – und als Dreingabe kann man eine oder mehrere Zeitungen lesen. Eine Kraftsuppe kostet im Eröffnungsjahr des Luitpold 90 Pfennige, in einer „normalen“ Wirtschaft sechs Pfennig. Dafür bietet das Kaffeehaus an der Brienner Straße laut einer Eigenanzeige vom Oktober 1888 gut 200 Journale. Die Visitationskommission stellt bei einem anderen Kaffeehaus am Hofgraben fest, dass das Tagblatt und der Landbote von „fettartigen Substanzen fast transparent“ seien, man daher auf die Lektüre der Zeitungen verzichten müsse.

Oase für Zeitungsleser

Als das Café Luitpold eröffnete, gab es jedoch eine Zulassungsbeschränkung: „…zeige ich hiermit ergebenst an, dass die Eröffnung des Lokals-Café und Restaurant Luitpold Sonntag, den 1. Januar beginnt und zwar am ersten Tage gegen Vorzeigung von Eintrittskarten“, so lautet eine Anzeige in den Münchner Neuesten Nachrichten. Versprochen wird „exquisite Küche, gute Weine und Biere und größte Auswahl an inund ausländischen Journalen“.

Das Kaffeehaus, das sich mit allerhöchster Genehmigung des Prinzregenten „Café Luitpold“ nennen darf, ist in einem Baublock integriert, den Geheimrat Joseph von Utzschneider 1810 errichten lässt. Diese Utzschneider-Bauten entsprechen von ihrem Umfang her dem heutigen Luitpoldblock. Von 1886 bis 1888 wird das Areal umgebaut. Architekt Otto Lasne erhöht die Gebäude um ein Stockwerk und mit pyramidenartigen Aufbauten; er überzieht den ganzen Komplex mit einer Renaissancefassade. Anliegen des Umbaus ist das neue, verschwenderisch ausgestattete Palastcafé Luitpold, das bald zu den renommiertesten Kaffeehäusern Europas zählt.

Die märchenhafte Pracht dieses Palastes ist überwältigend: Vom holzgetäfelten Vestibül (übrigens mit Fahrradabstellplätzen) aus tritt der Gast in eine Reihe sich steigernder und ergänzender Räume in den Stilformen von Renaissance, Barock und Rokoko. Bis zu 2000 Besucher finden Platz im Speisesaal, im Rauchzimmer, im Palmengarten, im Weinrestaurant Française, in den Prinzensälen, im Bacchuszimmer und im Billardsaal mit 16 Billardtischen.

Alle Räume sind reich geschmückt mit allegorischen Darstellungen zart geflügelter Elfen, antiker Götter und pausbäckiger Putten. Skulpturen wachsen aus der Architektur heraus, unter vergoldeten Holzschnitzereien plätschern Brunnen. Ein Zeitgenosse schwärmt von den 20 Sälen, den 38 Marmorsäulen und den 42 Pilastern: „Hier tritt eine Pracht zu Tage, wie wir sie nur wieder in den Gemächern des von König Ludwig II. von Bayern erbauten Schlosses Herren-Chiemsee antreffen.“ Und der Schriftsteller Hans Carossa schwelgt: „Ich schritt verhaltenden Schrittes durch die heiligen Hallen, um die Göttinnen, die von den Gewölben lächelten, nicht zu stören.“ Schon bald nach der Eröffnung wird das Luitpold in einem Atemzug mit dem Kranzler in Berlin, dem Sacher in Wien und dem Café de la Paix in Paris genannt.

Elektrisch illuminierter Feenpalast

Zum optischen Glanz des Luitpold tragen Hunderte von Glühbirnen bei – sie sind um die vorvorletzte Jahrhundertwende noch eine Rarität. In der Zeitungsannonce zur Eröffnung wirbt das Café denn auch mit den Worten:„Sämtliche Räume werden elektrisch beleuchtet.“ Carossa ist ob dieses Glanzes im bald so genannten Feenpalast wie geblendet. „In gläsernen Lilien glühten Fäden elektrischen Lichts; das leuchtete weiter in schwarzen Marmorsäulen.“ Glanzvoll ist nicht nur die Ausstattung – auch die Speisen und Getränke des Luitpold sind exquisit: Auf der ersten deutsch-französischen Speisekarte vom Januar 1888 stehen unter anderem Rheinsalm mit Sauce hollandaise, Caviar au beurre und ... (Ina Kuegler)

Abbildung: Die große Halle im Café Luitpold. (Foto: Sammlung Café Luitpold & Archiv)

Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der Ausgabe Januar/Februar von UNSER BAYERN, die der BSZ Nr. 2 vom 12. Januar 2018 beiliegt.
Weitere Themen des Heftes:

- Geheimnisvolle Bildkunst. Die Hofglasmalerei Gustav van Treeck in München hat ein Prachtfenster der Ludwig-Maximilians-Universtiät rekonstruiert.

- Wollust und Ehefrust. Zeitlebens war er ein Skandalautor und kämpfte gegen Zensur: Vor 100 Jahren starb Frank Wedekind

- Ein Licht in den Wäldern. Das mit Bernhard von Clairvaux eng verbundene Kloster Ebrach und die Kulturlandschaften der Zisterzienser in Franken

- Engagiertes „Gletscherfräulein“. Die Geologin und Glaziologin Edith Ebers bereitete dem heutigen Alpenschutz maßgeblich den Weg

- Vom Pfropfen und Pflegen. Das mittelalterliche „Pelzbuch“ des Gottfried von Franken war ein viel übersetzter Ratgeber für den Gartenbau

- „Lauter Bescheißerei“. Die berühmt-berüchtigte falsche Heilige Anna Laminit und warum selbst die Prominenz auf sie hereinfiel

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