Unser Bayern

16.12.2011

"Was kommt im Jahr, kannst nit durchschaun"

Der "Münchner Kalender" ist noch 75 Jahre nach seinem letzten Erscheinen ein Liebhaberstück der Heraldiker


"Ich habe einen Sohn … und der heißt Münchner Kalender", pflegte des Öfteren Otto Hupp zu sagen. Dieses Periodikum, das aus seinem umfangreichen Schaffen herausragt und sich von Anfang an großer Beliebtheit erfreute, wurde von der ersten bis zur letzten Ausgabe von ihm gestaltet – und das 51 Jahre lang. Der Münchner Kalender erschien für die Jahre 1885 bis 1932 und dann nochmals in drei Ausgaben von 1934 bis 1936.

Otto Hupps zentrales Thema in dem Kalender war die Heraldik (Wappenkunde), mit der er sich seit jungen Jahren intensiv beschäftigte. Jahr um Jahr fügte er zu Vergangenem etwas Neues hinzu, so dass sich immer mehr ein Gesamtwerk ausformte. Dazu gehörte es auch, auf den letzten Kalenderseiten stets ein aktuelles Verzeichnis der bisher gebrachten Wappen anzufügen. Es wuchs eine stattliche Sammlung an Wappen an, die nicht nur in einer höchst dekorativen, klaren Linienführung präsentiert wurde, sondern auch noch fachmännische Beschreibungen mit vielen Hintergrundinformationen beinhaltete. Bis zum letzten Kalender, jenem für das Jahr 1936, erschienen: 30 Wappen deutscher Staaten, 30 kirchliche Wappen sowie 592 Adels- und Bürgerwappen. Dieses Konvolut macht den Münchner Kalender bis heute zu einem Liebhaberstück unter Wappenkundlern und Sammlern – immer wieder wird er auf Auktionen, in Antiquariaten oder Internetbörsen zum Kauf angeboten.

51 Jahre sind nicht nur eine lange Zeit, sie repräsentieren auch eine mehr als ein halbes Jahrhundert währende politische Zeit mit ihrem Auf und Ab. Darüber legen die einzelnen Ausgaben in Bezug auf Form und Inhalt ein beredetes Zeugnis ab. Die Startauflage 1885 mit ihren zwölf halbseitengroßen Monatswappen betrug 5000 Exemplare. Sie waren nach wenigen Monaten vergriffen; die Auflage wurde in den nächsten fünf Jahren stetig erhöht. Doch dann der Einbruch, über den Otto Hupp 1934 rückblickend schrieb: „Als dann aber der Verlag mit möglichst geringer Aussaat möglichst hohe Ernten einzuheimsen trachtete, begann der Absatz zu sinken". Ein neues Konzept ab 1895 rettete das Projekt: die konsequente Ausrichtung mit heraldischem Gedankengut, ließ die Absatzzahlen nach und nach bis auf 17 000 in den Jahren 1913/14 wieder steigen – um dann aber sukzessive jäh abzustürzen: auf 15 600 im Jahr 1916, 9000 im Jahr 1927 und schließlich nur noch 4000 Exemplare im Jahr 1932. Selbst die waren nicht mehr völlig abzusetzen. Die „unverkauften Kalender türmten sich zu Bergen". Deshalb stellte der Verlag das Unternehmen ein; 1933 erschien kein Münchner Kalender.

Otto Hupp erreichten viele Bitt- und Dankesbriefe, von „Freunden" des Kalenders, die eine Fortführung wünschten. Dazu Otto Hupp: „Ich hatte den Misserfolg großenteils dem Umstande zugeschrieben, dass die wirklichen Arbeiter am Werke, der Verfasser des Textes, der Zeichner und der Buchdrucker sich mit zusammen 60 Prozent der Einnahmen begnügen mussten, während der Buchhändler für seine mäßige Bemühung 40 Prozent beanspruchte". Schließlich wagte es Otto Hupp, den 49. Jahrgang für 1934 in einer Auiflage von 5000 in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko herauszugeben. Trotz vielseitiger Förderung „und der lebhaftesten Beihilfe" des Bayerischen Landesvereins für Familienkunde wurden bis Mitte des Jahres nur 3176 Kalender abgesetzt. Den Gesamtkosten für Druck und Vertrieb in Höhe von 6150 Reichsmark standen für „die große Arbeit" ein Überschuss von gerade mal 354 Reichsmark gegenüber. Der Ehrgeiz, auch einen 50. Jahrgang zu veröffentlichen, ließ die finanzielle Situation in den Hintergrund treten. Das Titelblatt für 1935 zierte am unteren Rand der Hinweis „Fünfzigster Jahrgang". Ein schwacher Trost, denn verkaufsfördernd wirkte sich dieses Jubiläum nicht aus. Eine Änderung musste für Abhilfe sorgen. Der Jahrgang 1936 erschien deshalb als Wand-Abreißkalender und nicht mehr in Heftform wie all die Jahrzehnte zuvor. Das Format der Hefte mit einer Höhe von 32 cm und einer Breite von 16 cm schrumpfte beim Jahrgang 1936 auf 26 x 12,5 cm. Für jede Woche entwarf Otto Hupp ein eigenes Kalenderblatt. Die Nachfrage hierfür hielt sich jedoch weiterhin so in Grenzen, dass der Münchner Kalender mit der 51. Ausgabe dann doch sein Ende fand.    (Otto Bürger) Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der Dezember-Ausgabe von Unser Bayern.

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