Unser Bayern

Der Schnee bleibt immer häufiger aus. Vor allem der Alpenraum bekommt das zu spüren. (Foto: DDP)

18.06.2010

„Wir können uns eigentlich nichts mehr leisten“

Der Bayreuther Klimaforscher Thomas Foken über die notwendige Änderung unseres Lebensstils

Vom Klimawandel werden die Menschen in Deutschland mindestens ebenso stark beeinflusst werden wie in Asien oder Afrika, ist Thomas Foken, Professor für Mikrometeorologie an der Universität Bayreuth, überzeugt. Spätestens bis zum Jahr 2050 wird es auf der ganzen Welt keine mit fossilen Energien betriebenen Autos mehr geben.

BSZ: Herr Foken, was ist der genaue Unterschied zwischen Wetter und Klima?
Foken: Eigentlich muss man zwischen drei Definitionen unterscheiden: Wetter, Witterung und Klima. Wetter ist das, was sich augenblicklich abspielt. Witterung ist ein Begriff für eine etwas längere Zeit, also etwa einem Monat, einem Jahr oder einer Jahreszeit. Klima ist dagegen eine sehr langfristige Sache, ein Durchschnittswert über viele, viele Jahre. In der Regel rechnen die Klimatologen über einen Zeitraum von 30 Jahren. Das heißt: Klima ist ein mathematischer Ausdruck dessen, wie sich die Witterung in einer längeren Periode verhalten hat. Was der Mensch fühlt, sieht und merkt, sind Wetter und Witterung.

BSZ: Der Deutsche Wetterdienst hat Landwirten wegen der Klimaerwärmung empfohlen, künftig mehr Wärme liebende Pflanzen anzubauen und beim Maisanbau auf spät reifende Sorten umzustellen.
Foken: Wir müssen uns sowohl beim Waldumbau als auch bei Agrarfrüchten auf eine andere Sortenauswahl und eine gentechnische Auswahl einstellen. Das liegt einfach daran, dass bestimmte Erscheinungen und Witterungsperioden bei uns schon typisch geworden sind, beispielsweise heuer die Frühjahrstrockenheit. Wir können aber nicht beliebig Wärme liebende Pflanzen anbauen, sondern nur Pflanzen, die auch noch einen Frost, die Eisheiligen oder die Schafskälte vertragen, denn trotz wärmerer Temperaturen im Frühjahr und Sommer werden wir es auch weiterhin immer wieder mit Spätfrösten zu tun haben.

BSZ: Wie wird sich der Klimawandel global verteilen? Trifft es die Südhalbkugel stärker als die Nordhalbkugel?
Foken: In manchen Gebieten kann eine kleine Erwärmung schon sehr viel ausmachen, in anderen Gebieten bedeutet eine größere Erwärmung noch gar nichts. Das größte Problem ist, dass die polaren Gebiete deutlich wärmer werden. Allerdings ist es in der Antarktis so kalt, dass dort drei Grad Erwärmung noch nichts Gravierendes ausmachen. Aber in der Nordhalbkugel bedeutet das ein Zurückdrängen des Permafrostes und ein Zurückdrängen der Vereisung der Meere.

BSZ: Was bewirkt denn nun konkret Klimaveränderungen?
Foken: Es gibt mehrere Phänomene. Das sind die Veränderungen in unserem Sonnensystem, die im Wesentlichen für die Eiszeiten verantwortlich waren. Diese Veränderungen sind im Moment relativ geringfügig und wir werden dadurch in den nächsten 10 000 Jahren keine gravierenden Veränderungen haben. Dann gibt es Veränderungen in der Ausstrahlung der Sonne selbst, das sind vor allem die Sonnenflecken, das sind immer Perioden von einigen Jahrzehnten. Wir hatten Ende des vergangenen Jahrhunderts eine kurze Periode, die eine zusätzliche Erwärmung brachte, das ist aber im Moment nicht mehr der Fall. Dann haben wir Vulkane, wobei nicht die auf Island, sondern die in den Tropen gemeint sind, die bei kräftigen Eruptionen dazu führen können, dass es etwas kühler wird auf der Erde. Und dann sind es die Treibhausgase, die sich 20 Millionen Jahre nicht verändert haben, aber seit Beginn der Industrialisierung vor 150 Jahren einen rasanten Anstieg genommen haben.

BSZ: Das ist also der tatsächliche Problemverursacher?
Foken: Mit diesen Treibhausgasen müssen wir uns intensiv befassen, weil sie durch den Menschen in die Atmosphäre gelangt sind, entweder indem er selbst fossile Brennstoffe verbrennt oder dass durch die Erderwärmung Gase wie Methan aus Mooren in größerem Umfang entweichen können. Nicht alles, was wir in die Atmosphäre bringen, bleibt allerdings auch dort. Etwa ein Viertel davon wird durch die Ozeane aufgenommen, aber diese Aufnahmefähigkeit der Ozeane ist in den letzten Jahren erschöpft. Ein weiteres Viertel wird durch die Biosphäre aufgenommen, das heißt also, Pflanzen können, wenn sie nicht zerstört werden, Kohlendioxid aufnehmen und speichern, der Rest geht in die Atmosphäre und trägt zur Erderwärmung bei.

BSZ: Welche Pflanzen, vor allem Baumsorten, werden in unseren Breiten verschwinden, welche werden neu hinzukommen?
Foken: Die Fichte ist in unseren Breiten ganz offensichtlich vom genetischen Material her nicht in der Lage eine größere Sommerwärme bei weiterhin vorhandener Winterkälte zu ertragen. Wir müssen auch darüber nachdenken, Baumarten in unsere Gebiete zu bringen, die Wärme und Trockenheit, aber gleichzeitig auch Fröste und Schnee aushalten, zumal der Schnee zunehmend nasser und schwerer wird.

Interview: Stephan Herbert Fuchs

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