Wirtschaft

vbw Präsident Alfred Gaffal (links) und Ministerpräsident Markus Söder bei der Unterzeichnung der Vereinbarung „Initiative Fachkräftesicherung+“. (Foto: vbw)

12.10.2018

Ältere, Frauen und Langzeitarbeitslose rekrutieren

Staatsregierung und vbw unterzeichnen eine Vereinbarung für die „Initiative Fachkräftesicherung+“

Der bayerische Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Gleichzeitig fehlen immer mehr Fachkräfte, was zur Folge hat, dass der Freistaat seine Produktions- und Wachstumspotenziale nicht voll ausschöpfen kann. Deshalb starten die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. und die Bayerische Staatsregierung gemeinsam die „Initiative Fachkräftesicherung+“. Hierzu unterzeichneten vbw Präsident Alfred Gaffal und Ministerpräsident Markus Söder am Montag eine entsprechende Vereinbarung.

Mit rund 5,6 Millionen sozial-versicherungspflichtig Beschäftigten und einer Arbeitslosenquote von nur 2,8 Prozent im September verzeichnet Bayern Rekordwerte. Aufgrund der guten Wirtschaftsstruktur ist die Arbeitskräftenachfrage laut Gaffal besonders hoch. Folge sind daher Fachkräfteengpässe, die sich in allen Landesteilen Bayerns, in allen Branchen und auf allen Qualifikationsstufen zeigen, so der vbw Präsident. Durch die demografische Entwicklung wird seiner Ansicht nach dieses Problem weiter verschärft.

Darüber hinaus, so Gaffal, würden demnächst die Babyboom-Jahrgänge in Rente gehen. Dieser Verlust könne durch die jüngere Generation aber nicht kompensiert und die Arbeitskräftelücke auch nicht durch Effizienzgewinne aus der Digitalisierung ausgeglichen werden. „Wir gehen bis 2023 von einer Fachkräftelücke von 250.000 und bis 2030 von über 500.000 aus. Fehlende Arbeitskräfte bedeuten jedoch, dass Bayern sein Produktions- und Wachstumspotenzial nicht voll ausschöpfen kann.

Fachkräftesicherung ist deshalb in den Augen von Gaffal und Söder die Zukunftsaufgabe. „Um die Unternehmen aktiv zu unterstützen, müssen wir unsere Aktivitäten zur Fachkräftesicherung mit höherer Taktzahl intensivieren“, betonte der vbw Präsident bei Unterzeichnung der Vereinbarung. Wirtschaft und Staatsregierung setzen dabei auf gezielte Maßnahmen. Gemeinsames Ziel ist es, dass bis 2023 insgesamt 250 000 zusätzliche Arbeitskräfte für die bayerische Wirtschaft gewonnen werden und damit die Fachkräftelücke bayernweit zumindest weitreichend geschlossen wird.

Ein besonderer Fokus liegt nach Gaffals Worten auf dem Ausbau der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen, Frauen, Älteren, Jugendlichen und Menschen mit Behinderung. Mit der Initiative Fachkräftesicherung+ wird dabei auf das Aktionsprogramm Fachkräftesicherung gesetzt, das die bayerische Wirtschaft bereits vor zehn Jahren als ganzheitlichen Lösungsansatz zur Deckung des Fachkräftebedarfs vorgelegt hat. In diesem Zeitraum hat die vbw über 100 Millionen Euro in Projekte und Maßnahmen zur Fachkräftesicherung investiert.

Mehr Frauen in Beschäftigung bringen


Bis 2020 wurden ursprünglich 500.000 fehlende Fachkräfte prognostiziert. „Mit unserem Einsatz haben wir dazu beigetragen“, so Gaffal, „die Lücke auf heute 165.000 zu reduzieren. Damit haben wir einen Bewusstseinswandel angestoßen.“ Aus den Modellprojekten ging zum Beispiel die assistierte Ausbildung hervor, die schwächere Jugendliche heute durch die Ausbildung führt oder die Optimierung des Übergangs von der Schule in Ausbildung und Studium. Daneben wurde mit Projekten gezeigt, wie man Ausländer in Bayern erfolgreich zu Facharbeitern ausbilden kann, erklärte der vbw Präsident. „Dieses Engagement wollen wir mit der Initiative Fachkräftesicherung+ Pressekonferenz „Initiative Fachkräftesicherung+“ fortsetzen, mit neuen starken Impulsen und mit noch höherer Geschwindigkeit.“
Wirtschaft sowie Politik verfolgen einen integrierten Ansatz, der aus fünf Säulen besteht: Breite Bildungsoffensive; Verbesserung der Beschäftigungschancen; Erwerbsbeteiligung erhöhen; Arbeitszeitpotenziale nutzen sowie Zuwanderung gezielt gestalten.

Die Paktpartner setzen sich dafür ein, die Bildungsqualität weiter zu steigern und allen die Teilhabe an Bildung zu ermöglichen. So wird zum Beispiel 2019 gezielt in die Weiterentwicklung der Berufs- und Studienorientierung an Gymnasien und in die Senkung der Studienabbrecherquoten investiert. Ferner setzen sich die Paktpartner dafür ein, insbesondere die Beschäftigungschancen der genannten Gruppen gezielt zu verbessern. Teil- und Anschlussqualifizierung sind hierbei bewährte Instrumente, die weiter gefördert und verstärkt flächendeckend zum Einsatz gebracht werden. Mit der Initiative „Integration durch Ausbildung und Arbeit (IdA)“ zeige die Wirtschaft bereits täglich, so der vbw Präsident, „dass uns die erfolgreiche Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt ein wichtiges Anliegen ist. Das werden wir fortführen.“

Darüber hinaus sollen noch mehr Frauen in Beschäftigung gebracht werden. Ein Schwerpunkt wird dabei auf Berufsrückkehrerinnen gesetzt, die man gezielt zu Betreuungskonzepten, Einstiegs-optionen und Weiterbildungsmaßnahmen berät. Die Paktpartner unterstützen zudem Ältere beim Wiedereinstieg in den Beruf. Hierzu wird das Projekt „Sprungbrett Back to work“ gestartet.

Die Paktpartner werben weiter für mehr Beschäftigung, insbesondere in Vollzeit. Gemeinsam setzen sie sich dafür ein, das Angebot der Kinderbetreuungseinrichtungen weiter zu verbessern und stärker an die Bedürfnisse von Vollzeitbeschäftigten anzupassen. „Wir setzen darauf, dass das Betreuungsangebot Berufsrückkehrer- und Berufsrückkehrerinnen dazu ermuntert, ihre Arbeitszeit auszudehnen“, erklärte Gaffal. „Daher werden wir diese Zielgruppe dabei begleiten, eine höhere Qualifikation zu erreichen und so neue berufliche Herausforderungen anzunehmen.“

Der Beschäftigungsaufbau der letzten Jahre ist nach den Worten des vbw Präsidenten fast zur Hälfte auf ausländische Arbeitskräfte zurückzuführen. Das zeige, dass der Fachkräftebedarf nicht ausschließlich durch das inländische Potenzial gedeckt werden kann. Die gezielte Anwerbung von ausländischen Fachkräften sei daher neben der Ausschöpfung aller heimischen Arbeitsmarktpotenziale ein Baustein, um den Bedarf des bayerischen Arbeitsmarkts passgenau zu decken.

Die bayerische Wirtschaft begrüßt daher das Eckpunktepapier der Bundesregierung und setzt darauf, dass das Fachkräftezuwanderungsgesetz jetzt schnell verabschiedet wird, fordert Gaffal, denn „unsere Maßnahmen setzen auf diesem Gesetz auf“. Darüber hinaus wird man eine Internetplattform etablieren und in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit die entsprechende Vermittlung gestalten.

Taskforce Fachkräftesicherung


Im Rahmen der Umsetzung der Fachkräftesicherung+ werden zu allen fünf Säulen neue Projekte initiiert. Gleichzeitig wird es eine Taskforce Fachkräftesicherung geben. Kernstück dieser Taskforce ist eine Serviceeinheit von insgesamt zehn Ansprechpartnern. Sie ist eng verzahnt mit den Arbeitsagenturen und Behörden des Freistaats und stellt einen Service aus einer Hand für Unternehmen und Arbeitnehmer zur Verfügung.

Darüber hinaus wird eine breit angelegte Werbekampagne zur Mobilisierung von Arbeitskräften gestartet. Adressaten sind die Unternehmen und die genannten Zielgruppen am Arbeitsmarkt.
Auch Ministerpräsident Söder freute sich, dass die bayerische Wirtschaft boomt und im Freistaat Vollbeschäftigung herrscht. „Was die Grundlage des Wohlstands für die Menschen in Bayern ist, hat zunehmend auch eine Kehrseite: Engpässe bei Fachkräften in verschiedenen Branchen und Qualifikationsstufen.“ Dabei stehe für die vbw und ihn das noch schlummernde heimische Potenzial im Vordergrund: ältere Arbeitnehmer, Frauen auch in Teilzeit, Langzeitarbeitslose, Jugendliche ohne Berufsausbildung und Menschen mit Behinderungen. Das sei eigentlich das Neue an der Initiative Fachkräftesicherung+, die Auslotung des heimischen Arbeitsmarktpotenzials. Dieses soll in erster Linie gestärkt und mobilisiert werden. Daneben sei die gezielte Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland zwar ein weiterer Baustein für eine nachhaltige Strategie zur Fachkräftesicherung, jedoch setze man nicht ausschließlich auf qualifizierte Zuwanderung.
(Friedrich H. Hettler)

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