Der japanische Technologieriese Sony steigt auf dem Markt der Elektroautos ein. Mobilitäts-Experte Ferdinand Dudenhöffer rät dem Konzern allerdings, stattdessen lieber weiter Playstations zu bauen. Und auch Bayerns Autobauer sehen die Attacke aus Fernost bislang gelassen. Klar ist aber auch: Bei der E-Mobilität haben weltweit noch immer ausländische Fahrzeugbauer die Nase vorn.
Es war ein Paukenschlag für die Automobilbranche, dessen Echo bis nach Bayern zu hören war: Der japanische Elektronikriese Sony geht unter die Autobauer. Der Konzern stellte auf der Technik-Messe CES in Las Vegas in dieser Woche den Prototypen eines Elektroautos namens Vision-S vor. Der Wagen solle demonstrieren, welche Möglichkeiten in den technischen Entwicklungen aus dem Hause Sony steckten, sagte Konzernchef Kenichiro Yoshida bei der Präsentation zu Beginn der Messe. Dazu zählten spezielle Software, Sensor- und Sicherheitstechnik ebenso wie ein komplettes Entertainmentsystem. „Dieser Prototyp verkörpert unseren Beitrag zur Zukunft der Mobilität“, feierte Yoshida seinen Konzern.
Bislang verkaufen die Bayern nur wenige E-Autos
Zu konkreten Produktionsplänen schwieg das Unternehmen allerdings. Yoshida zufolge hat das Unternehmen den Wagen zusammen mit einer ganzen Reihe von Partnern entwickelt – allen voran Magna Steyr aus Österreich, aber auch den drei großen deutschen Zulieferern Bosch, Continental und ZF. Es war erwartet worden, dass auch ein Elektronikkonzern in das Rennen um die Vorherrschaft bei den E-Autos einsteigt. Experten hatten lange Zeit allerdings damit gerechnet, dass der Handy- und Computerbauer Apple seinen Hut in den Ring wirft. Der Konzern, der 2018 den Börsenwert von einer Billion Dollar geknackt hatte, stutzte sein jahrelanges Entwicklungsprogramm allerdings vor einiger Zeit deutlich. Mittlerweile setzen die Kalifornier auf Roboterwagen-Technologie.
Auch die Bosse der beiden großen bayerischen Autobauer BMW und Audi dürften die Nachrichten aus Übersee eifrig verfolgt haben. Doch können die Japaner den Bayern auf dem heiß umkämpften Zukunftsmarkt der E-Autos tatsächlich Konkurrenz machen? Zumindest Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen, ist überzeugt: „Audi und BMW müssen keine Angst haben vor den Sony-Plänen.“ Im Gespräch mit der Staatszeitung findet Dudenhöffer drastische Worte: Dieses Konzept werde „ganz schnell auf dem Autofriedhof landen“, ist er überzeugt. „Sony kann gute Playstations bauen, aber keine Autos.“
Er verweist darauf, dass es bislang kein Newcomer geschafft hat, ein am Ende auch produktionsfähiges E-Auto zu entwickeln. Tatsächlich musste sich jüngst auch der einst in Großbritannien groß gewordene Staubsauger-Hersteller Dyson von entsprechenden Plänen verabschieden. Mehr als zwei Jahre lang hatte das Unternehmen an einem Elektroauto gearbeitet und weit mehr als zwei Milliarden Euro investiert. Ende vergangenen Jahres stieg der Konzern aus, da man keine Chance sah, ein E-Auto profitabel zu produzieren.
Kein Angstschweiß
Bislang hält sich der Angstschweiß auf den Gesichtern der bayerischen Autobosse angesichts der Meldungen aus Übersee offenbar in Grenzen. „Audi beobachtet die zunehmenden Aktivitäten von Tech-Konzernen und Newcomern mit großem Interesse“, sagt eine Sprecherin der Ingolstädter der BSZ. Allerdings hätten die europäischen Automobilhersteller „in den vergangenen Jahrzehnten wertvolle Erfahrungen in den vielfältigen Bereichen der Fahrzeugentwicklung und -Produktion gesammelt“. Die neuen Player auf dem Markt könnten „sich diese Erfahrungen und Kenntnisse nicht einfach in kurzer Zeit aneignen“.
Sie sagt aber auch: „Der sich verändernde Wettbewerb spornt uns an, unsere Prozesse in vielen Bereichen zu überprüfen und zu optimieren.“ So habe der Volkswagen-Konzern, zu dem Audi gehört, im letzten Jahr die Car-Software Org gegründet, um darin die zunehmend wichtiger werdende Software-Entwicklung markenübergreifend zu steuern und voranzutreiben.
BMW will sich auf Anfrage nicht zu den Sony-Plänen äußern. Die Münchner wollen jedoch ebenso wie Audi weiter Terrain auf dem E-Automarkt aufholen. Zulange hatten deutsche Konzerne fast ausschließlich auf Verbrennungsmotoren gesetzt. Doch angesichts des rasant voranschreitenden Klimawandels versuchen immer mehr Staaten und Staatengemeinschaften wie die EU, mit teils strengen Begrenzungen der Abgasmengen gegen den CO2-Wahnsinn gegenzusteuern. Dieser Trend bedroht die ohnehin sinkenden Gewinne deutscher Autobauer weiter. Bayerns Hersteller scheinen allerdings die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Die Bayerischen Motorenwerke brachten zwar erst vor etwas mehr als sechs Jahren das erste E-Auto auf den Markt: den BMW der E-Mobilität. Doch eine Unternehmenssprecherin verweist auf „eine klare Strategie“. Bis Ende kommenden Jahres werde man fünf vollelektrische Fahrzeuge im Angebot haben. Im Jahr 2023 will BMW dann bereits insgesamt 25 elektrifizierte Modelle anbieten – mehr als die Hälfte wird der Ankündigung zufolge vollelektrisch sein.
BMW ist Marktführer bei E-Autos
Schon heute ist die BMW-Gruppe nach eigenen Angaben mit Abstand Marktführer bei den Neuzulassungen elektrifizierter Fahrzeuge in Deutschland und in Europa die Nummer zwei. Bis Ende 2019 hat der Premiumhersteller bereits mehr als eine halbe Million elektrifizierte Fahrzeuge auf die Straßen gebracht. Auf den Gesamtabsatz gerechnet ist die Zahl aber äußerst gering – über 600.000 Wagen verkaufte BMW alleine von September bis November vergangenen Jahres. Doch die Tendenz geht eindeutig nach oben.
Und auch Audi will in Sachen E-Mobilität aufs Gaspedal drücken. „2025 werden wir 30 elektrifizierte Fahrzeuge im Portfolio haben, davon 20 rein elektrische Modelle“, sagt eine Sprecherin. Bei BMW arbeiten bereits heute mehrere Tausend Menschen an der Entwicklung und bei der Produktion von E-Autos. Doch zumindest auf die gesamte bayerische Autobranche gerechnet wird der aus Sicht vieler Experten schon bald kommende Umstieg auf Elektro-mobilität viele Jobs kosten. Einer Studie des Ifo-Instituts sieht dadurch bayernweit 55.000 Arbeitsplätze in Gefahr.
(Tobias Lill)
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