Wirtschaft

Die meisten zahlen am liebsten bar. (Foto: dpa/Fabian Sommer)

18.11.2022

"Bargeld ist geprägte Freiheit"

Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) über Bargeldobergrenzen, Geldwäsche und die Risiken elektronischer Zahlungsmethoden

Auf Bundesebene gibt es eine Debatte über eine mögliche Begrenzung von Bargeldzahlungen auf 10.000 Euro. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erhebt eine entsprechende Forderung. Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) hält das Vorhaben hingegen für unverhältnismäßig und für wenig geeignet, Kriminalität zu bekämpfen.

BSZ: Herr Füracker, wie wichtig ist aus Ihrer Sicht das Bargeld?
Albert Füracker: Mit Bargeld zu bezahlen, ist einfach, sicher und schnell. Außerdem können die Menschen mit Bargeld anonym bezahlen, ohne dass Daten über ihr Einkaufsverhalten gesammelt werden. Bargeld gilt daher gerade in Deutschland als „geprägte Freiheit“. Einschränkungen der Bargeldnutzung wie etwa die Einführung einer Barzahlungsobergrenze greifen unmittelbar in die Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte jedes Einzelnen ein. Nach Überzeugung der Staatsregierung sollen die Bürgerinnen und Bürger weiterhin selbst entscheiden können, wie sie zahlen möchten.

BSZ: Was spricht Ihrer Meinung nach gegen eine Bargeldobergrenze von 10.000 Euro?
Füracker: Eine Obergrenze von 10.000 Euro für Bargeldzahlungen, wie sie von der EU-Kommission oder zuletzt von Bundesministerin Faeser vorgeschlagen wird, mag hoch erscheinen. Ihre Einführung öffnet aber Tür und Tor für eine schrittweise Absenkung und könnte daher als Einstieg in eine schleichende Abschaffung des Bargelds wahrgenommen werden.

BSZ: Wäre das so schlimm?
Füracker: Bargeld ist in Deutschland nach wie vor das beliebteste Zahlungsmittel. Das Vertrauen der Menschen in unsere Währung darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.

BSZ: Kriminelle nutzen Bargeld für ihre Geschäfte. Warum bringt eine Bargeldobergrenze nichts?
Füracker: Der Staat muss wirksam gegen Geldwäsche vorgehen, das steht außer Frage. Dafür brauchen wir aber keine Obergrenzen, die die Bargeldnutzer unter Generalverdacht stellen.

Gegen Geldwäsche sind zielgenaue Maßnahmen erforderlich

BSZ: Sondern?
Füracker: Die effektive Bekämpfung der Geldwäsche erfordert vielmehr zielgenaue Maßnahmen: Die bestehenden Instrumente nach dem Geldwäschegesetz sollten entschieden durchgesetzt und die Kooperation der Ermittlungsbehörden von Bund und Ländern muss weiter intensiviert werden. Im Übrigen haben viele EU-Staaten schon seit Längerem Barzahlungsobergrenzen. Ein fundierter Nachweis, dass dadurch organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Steuerhinterziehung signifikant reduziert oder gar beseitigt wurden, liegt meines Wissens bisher jedoch nicht vor.

BSZ: Mit welchen Maßnahmen könnte man organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Steuerhinterziehung signifikant reduzieren?
Füracker: Geldwäsche steht häufig in Zusammenhang mit organisierter Kriminalität. Auch deshalb ist es uns in Bayern besonders wichtig, Geldwäsche effektiv zu bekämpfen. Entscheidend für den erfolgreichen Kampf gegen Geldwäsche ist die stärkere Zusammenarbeit zwischen Bundesbehörden, insbesondere der „Financial Intelligence Unit“ des Zoll, und den Landesbehörden. Zudem müssen die bereits jetzt nach dem Geldwäschegesetz vorgesehenen Instrumente entschieden durchgesetzt werden. Geldwäschegefährdete Geschäftsbereiche müssen effektiv geprüft und Personen mit der Pflicht zur Abgabe entsprechender Verdachtsmeldungen durch die jeweilige Aufsichtsbehörde effektiv kontrolliert werden. Ein funktionierendes Transparenzregister, das komplexe Firmenkonstruktionen leichter durchschaubar macht, könnte die Geldwäschebekämpfung weiter unterstützen.

Technische Störungen

BSZ: Wenn man Bargeld abschaffen würde, bräuchte man elektronische Zahlungsmethoden. Welche Risiken bergen diese?
Füracker: Wie anfällig Kartenzahlungen für technische Störungen sind, haben wir erst im Mai erlebt, als in vielen Geschäften die Zahlungsterminals tagelang ausfielen: Ohne Bargeld ging dort gar nichts mehr! Aber auch die Gefahr von Cyberangriffen und flächendeckenden Blackouts wächst. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfiehlt jedem Bundesbürger daher eine ausreichende Bargeldreserve.

BSZ: Bräuchten die Finanzbehörden nicht mehr Personal, um zum Beispiel Social-Media-Kanäle besser auswerten zu können, um Steuerhinterziehung beziehungsweise Sozialstaatbetrug aufdecken zu können?
Füracker: Auch die Bekämpfung von Steuerhinterziehung ist der bayerischen Staatregierung ein wichtiges Anliegen. Zentrale Aufgabe der Finanzämter ist es, die nach den Steuergesetzen geschuldeten Leistungen gleichmäßig zu erheben: Sie haben insbesondere sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden. Die bayerische Steuerverwaltung ist dafür insbesondere in personeller Hinsicht gut aufgestellt.

BSZ: Was bedeutet das ganz konkret?
Füracker: Schon vor Jahren haben wir in Bayern in den Steuerfahndungsstellen der Finanzämter München und Nürnberg-Süd jeweils eine Sonderkommission „Schwerer Steuerbetrug“ eingerichtet. Diese Sonderkommission bearbeitet besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung, also Fälle mit einer bandenmäßigen oder gewerbsmäßigen Begehung oder mit Strukturen der organisierten Kriminalität. Entsprechende IT-Recherchen wie zum Beispiel im Bereich sozialer Netzwerke sind dabei übliche Ermittlungsmethoden.
(Interview: Ralph Schweinfurth)

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