Wirtschaft

Längst hat sich Moskau zu einer modernen Metropole entwickelt, in der zum Beispiel viele Fahrzeuge ausländischer Hersteller unterwegs sind. (Foto: AHK)

04.05.2018

Bayerns Wirtschaft bleibt in Russland am Ball

Sanktionen machen Moskau schwer zu schaffen – der Rubelabsturz verteuert den Import

ie Sanktionen des Westens machen der russischen Wirtschaft schwer zu schaffen. Wie steht es aktuell um die russische Wirtschaft? Die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer (AHK) in Moskau teilte dieser Zeitung auf Anfrage dazu mit, die russische Wirtschaft habe sich 2017 nach drei Krisenjahren aus der Rezession befreit und sei um 1,5 Prozent gewachsen. Das liege vor allem an der Erholung der Energiepreise, von denen das Land nach wie vor stark abhängig sei. Für 2018 werde mit 1,5 bis 1,8 Prozent Wachstum gerechnet. Für 2019 gehen Analysten von einer ähnlichen Dynamik aus. Das russische Wachstum liegt damit unter dem weltweiten Durchschnitt.

Sanktionen erschweren die Unternehmensfinanzierung


Die 2014 begonnenen Sanktionen des Westens führten laut AHK unter anderem dazu, dass russischen Unternehmen nach wie vor die Finanzierung erschwert wird. „Darunter leiden auch deutsche Firmen. Nur 23 Prozent der Unternehmen sehen sich in ihrem Russland-Geschäft davon nicht betroffen.“ Um welche Branchen geht es? Die russischen Gegensanktionen, ein Importverbot westlicher Lebensmittel, hätten insbesondere die deutschen und europäischen Agrarunternehmen getroffen, so die AHK.

Exportierende Firmen in Deutschland insgesamt seien durch den Handelseinbruch getroffen worden. „Der Rubelabsturz machte Importe teurer, also wurde weniger gekauft. Die schwierige allgemeine Wirtschaftslage sorgte für weniger Investitionen. Das traf dann Investitionsgüter wie Maschinen.“
Auf der neuen US-Sanktionsliste, die 24 Russen und 15 russische Unternehmen betrifft, stehen zum Beispiel die Automobilgruppe GAZ, der Energiekonzern Gazprom, der Aluminiumhersteller Rusal oder der Mischkonzern Renova Group. Allein durch ausfallende Neugeschäfte drohe der deutschen Wirtschaft in Russland nach Einschätzung der AHK kurzfristig ein Schaden von mehreren hundert Millionen Euro, langfristig könnten die US-Sanktionen Projekte in Milliardenhöhe gefährden. In den vergangenen Jahren hatten deutsche Unternehmen trotz der gegenseitigen Sanktionen wegen der in Teilen verbesserten Investitionsbedingungen und des niedrigen Rubelkurses stark in Russland investiert, neben Großkonzern auch zahlreiche mittelständische Unternehmen.

Sanktionen kosten über 100 Milliarden Euro


Nach einer Studie der Universität Kiel übersteigen die Kosten der 2014 eingeführten gegenseitigen Wirtschaftssanktionen die Marke von 100 Milliarden Euro. Rund 60 Prozent der Verluste gehen auf das Konto Russlands, etwa 40 Prozent auf Kosten der Wirtschaft in der EU. „Wenn deutschen und amerikanischen Unternehmen das Engagement in Russland zunehmend schwer gemacht wird, werden asiatische Unternehmen, insbesondere chinesische, die Lücke Schritt für Schritt besetzen“, fürchtet der Moskauer AHK-Chef Matthias Schepp. „Es ist schwer zu verstehen, warum ein engeres Zusammenwirken von russischem Bär und chinesischem Drachen im langfristigen Interesse des Westens liegen sollte.“

Die Strafmaßnahmen des US-Finanzministeriums vom 6. April sehen laut AHK vor, die Aktiva der genannten Personen und Firmen in den USA zu blockieren. US-Bürger und -Unternehmen dürfen keine Geschäfte mehr mit den Gelisteten machen, zudem besteht ein Einreiseverbot in die USA.
Das deutsch-russische Handelsvolumen lag 2017 bei 57,3 Milliarden Euro (Exporte nach Russland: 25,9 Milliarden; Importe aus Russland: 31,4 Milliarden). Damit stiegen im Handel mit Russland laut AHK erstmals seit fünf Jahren sowohl die Exporte (um 20,2 Prozent) als auch die Importe (um 18,7 Prozent) wieder an. Zuvor seien sie vier Jahre in Folge gesunken.

Der Rubel ist schwach, die Moskauer Börse stürzt ab. Droht eine russische Rezession? Dazu die AHK: „Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen.“ Die Gefahr, erneut in eine Rezession abzurutschen, sei mit den neuen US-Sanktionen jedenfalls größer geworden. Deutsche Unternehmen investieren derweil weiter in Russland. 2017 beliefen sich die deutschen Direktinvestitionen in die russische Wirtschaft laut Bundesbank auf rund 1,6 Milliarden Euro. „Das ist der höchste Wert seit Beginn der Krise.“

Viele Firmen aus Bayern sind in Russland aktiv


Wichtigste deutsche Exportgüter nach Russland waren im vergangenen Jahr: Maschinen (5,7 Milliarden Euro/plus 22,1 Prozent zum Vorjahr), Kraftwagen und Kraftwagenteile (4,1 Milliarden/ plus 16,5 Prozent) und chemische Erzeugnisse (2,9 Milliarden/plus 9,7 Prozent). Aus Russland importiert werden vor allem Rohstoffe. Erdöl und Erdgas für 19,8 Milliarden Euro (plus 20,6 Prozent), Kokerei- und Mineralölerzeugnisse für 4,1 Milliarden (plus 11,1 Prozent) und Metalle für 3,0 Milliarden (plus 6,0 Prozent).

Viele bayerische Unternehmen sind in Russland aktiv. Das Bundesland gehört laut AHK „zu den in Russland aktivsten“. Geschätzt ein Viertel der deutschen Unternehmen vor Ort stammen aus Bayern. Bionorica aus Neumarkt in der Oberpfalz habe beispielsweise im vergangenen Sommer den Grundstein für eine Fabrik in Woronesch gelegt und der Messgerätehersteller Wika aus Klingenberg am Main habe im Herbst ein neues Werk eröffnet. Auch die Konzerne Knauf, Siemens oder Linde seien in Russland groß aufgestellt. Die oberfränkische Rehau AG betreibt seit vielen Jahren ein Werk in Moskau.
(Roland Töpfer)

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