Wirtschaft

Die bayerische M+E-Industrie verliert an Wettbewerbsfähigkeit. (Foto: Leoni)

05.04.2019

Die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist bedroht

Neue Studie von Gesamtmetall zeigt, was passieren muss, damit Deutschlands Metall- und Elektroindustrie konkurrenzfähig bleibt

"Wir fahren gerade mit Vollgas gegen die Wand“, sagte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeberverbände bayme vbm, im Rahmen eines Journalistenseminars in München, bei dem er die neue Studie „Wettbewerber der deutschen M+E-Industrie“ vorstellte. Vor allem die Strompreise hierzulande würden die internationale Konkurrenzfähigkeit der deutschen und damit auch bayerischen Unternehmen schmälern. „Stromsteuer und Mehrwertsteuer gleichzeitig zu kassieren, grenzt an staatliches Raubrittertum“, so der Hauptgeschäftsführer von bayme vbm.

Doch der „neue internationale Standortwettbewerb für die M+E Industrie“ lässt sich Brossardt zufolge nicht nur an den Strompreisen ablesen. Hohe Arbeitskosten, hohe Steuer- und Abgabenlast sowie ein zu inflexibler Arbeitsmarkt nagten ebenfalls am Standort Deutschland. „Bundesweit summieren sich die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie der Solidaritätszuschlag der M+E-Industrie auf jährlich 33 Milliarden Euro. Hinzu kommen Lohn- und Einkommensteuern, Solidaritätszuschlag, Umsatzsteuern und Sozialabgaben der M+E-Beschäftigten von 154 Milliarden Euro“, verdeutlichte Brossardt. Somit entsprächen sämtliche fiskalischen Beiträge der M+E-Industrie 20 Prozent der deutschen Steuereinnahmen und 28 Prozent der deutschen Sozialbeiträge.

Darum sei das internationale Wettbewerbsumfeld genau zu beobachten. Denn die USA zum Beispiel hätten die Steuerlast für ihre Unternehmen jüngst um 13 Prozent gesenkt. „Frankreich und Großbritannien wollen ebenfalls die Steuern für ihre Unternehmen senken“, so der Hauptgeschäftsführer von bayme vbm. Deshalb sei die Politik hierzulande jetzt gefordert, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu setzen, damit die deutschen Unternehmen im globalen Wettbewerb nach wie vor bestehen können. „Denn wenn wir wackeln, wackelt mehr“, sagte Brossardt mit Blick auf den gewaltigen Beitrag der M+E-Industrie zur Finanzierung des Bundeshaushalts.

„Bayern ist ein starker Standort mit einer starken M+E-Industrie, aber wir verlieren an Wettbewerbsfähigkeit. Weltweit erleben wir einen neuen starken Trend, nationale Interessen voranzustellen. Gleichzeitig gehen aber die Globalisierung und die immer stärkeren Verflechtungen der internationalen Wertschöpfungsketten weiter. Daraus ergibt sich ein neuartiger Wettbewerb auf Standortebene, der sich unmittelbar auf die Konkurrenzfähigkeit unserer Unternehmen auswirkt“, erklärte Brossardt. Er verdeutlichte das an zwei Beispielen: „Das Konzept der USA ist eine protektionistische Handelspolitik, kombiniert mit standortfördernder Steuerpolitik. China setzt klassisch auf protektionistische Handelspolitik, verbindet diese aber jetzt mit der Markterschließung durch staatlich gesteuerte Unternehmen.“

12 Länder im Vergleich


Deshalb haben bayme vbm haben bei ihrem Dachverband Gesamtmetall eine Studie angefragt. Sie untersucht, wie sich die Standortbedingungen für die deutsche M+E Industrie im internationalen Vergleich entwickelt haben.

Als Wettbewerbsländer für die Studie, die IW Consult durchführte, wurden Italien, Frankreich, Österreich, Großbritannien, Tschechien, Polen, die Slowakei, Ungarn, China, Südkorea, Japan und die USA betrachtet. Im Vergleich mit diesen 12 Ländern hat Deutschland:
– die höchsten Arbeitskosten, aber mittlere Lohnstückkosten;
– mit die höchsten Strompreise (nur Italien und Japan haben noch höhere), maßgeblich wegen der Abgaben auf Strom;
– einen relativ rigiden Kündigungsschutz und
– hohe Unternehmensteuern.

Ein Ergebnis der von IW Consult durchgeführten Analyse: Mit 43,42 Euro pro Stunde hat Deutschland im Vergleich die höchsten Arbeitskosten. Das sind fast 10 Prozent mehr als im zweitteuersten Land Österreich (39,56 Euro) und 75 Prozent mehr als im Durchschnitt der betrachteten Wettbewerber.
Gleichzeitig hat der Aspekt Arbeitskosten für die Unternehmen im Vergleich zu allen betrachteten Standortfaktoren die größte Relevanz. Und es ist der Faktor, bei dem sie den größten Wettbewerbsdruck verspüren. „Dieser wird sich noch verstärken: Für die kommenden Jahre gehen 90 Prozent der Firmen von einem ‚hohen’ oder ‚eher hohen’ Wettbewerbsdruck in diesem Bereich aus“, betont Brossardt.

„Die Studie zeigt klar, wo die Stärken unserer Wettbewerber liegen und wo wir Nachholbedarf haben. Hier müssen wir ansetzen, damit unsere Unternehmen auch weiter auf den globalen Märkten erfolgreich sein können“, so Brossardt.

Er lobte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der als einziger bundesweit ein Konzept für eine Reform der Körperschaftsteuer habe, dem sich aber die anderen Bundesländer verweigerten. Brossardt hofft jetzt angesichts der Studienergebnisse auf Einsicht im politischen Berlin und die daraus resultierenden richtigen Weichenstellungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
(Ralph Schweinfurth)

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