Wirtschaft

Jüngster Erfolg des Flughafens Nürnberg ist die neue Direktverbindung ab Juni 2012 mit Vueling nach Barcelona. (Foto: dpa)

10.02.2012

Die Landegebühren sollen sinken

Bayerns Finanzminister Markus Söder will alles unternehmen, damit der Nürnberger Flughafen wieder profitabel wird

Für den defizitären Flughafen Nürnberg soll jetzt für etwa 200.000 Euro bis Jahresende ein Leitbild für die Zukunft erstellt werden. „Denn gesundschrumpfen ist der falsche Weg“, sagte Bayerns Finanzminister Markus Söder und Nürnbergs CSU-Bezirkschef. Deshalb hatte er zur Flughafenkonferenz an den Airport im Knoblauchsland geladen. Man müsse dem enormen Kostendruck bei den Fluggesellschaften begegnen und die Landegebühren senken. Gerade bei kleineren Flugzeugen, die für Regionalflughäfen entscheidend seien, müsste die Luftverkehrsabgabe gesenkt werden, damit die Airlines Flugverbindungen wirtschaftlich betreiben können. „Dafür wollen wir uns von Bayern aus im Bundesrat stark machen“, versprach Söder.
Entwicklungspotenzial
Auf eine Kostensenkung für die Airlines setzt auch Bayerns Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel (FDP). Nur so könnten noch andere Fluglinien angelockt werden. Sie sieht aber auch im Tourismus noch gewaltiges Entwicklungspotenzial. Denn derzeit kämen gerade einmal 20 Prozent aller Besucher der Metropolregion Nürnberg mit dem Flieger. Aber auch im Bereich der Luftfracht seien noch Steigerungsraten möglich. Hierzu soll der Flughafen laut Hessel mit dem Güterverkehrszentrum (GVZ) im Nürnberger Hafen, dem modernsten in ganz Europa, kooperieren. Somit könnte aus dem jetzigen trimodalen GVZ (Schiene, Straße und Wasserstraße) ein „quatromodales“ werden, erklärt die Wirtschaftsstaatssekretärin.
Auch Nürnbergs Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) sieht in der Verbindung Hafen-Flughafen Entwicklungspotenziale. So sollten die Teilnehmer an Flusskreuzfahrten mit dem Flieger in die Frankenmetropole kommen und über die jetzt neu entstehende Anlegestelle im Hafen an Bord dieser Schiffe gehen. Allein 80.000 Gäste seien im vergangenen Jahr laut Fraas auf 650 Schiffen mitgefahren.
Nürnbergs IHK-Hauptgeschäftsführer Markus Lötzsch unterstreicht die Bedeutung des Flughafens für die mittelfränkische Wirtschaft. Diese habe eine Exportquote von über 50 Prozent. „Märkte sind Gespräche“, sagt er. Deshalb seien die Unternehmer in Mittelfranken und darüber hinaus in der gesamten Metropolregion Nürnberg auf diesen Airport angewiesen, um zu ihren Geschäftspartnern in aller Welt zu gelangen. Lötzsch sieht vor allem Bedarf für Osteuropaverbindungen. Denn allein in den letzten zehn Jahren wuchs die fränkische Wirtschaft im Handel mit Rumänien um 70 Prozent. Und 80 Prozent der mittelfränkischen Firmen hätten inzwischen Niederlassungen in diesem Land.
Doch Söder sieht auch noch in anderen Bereichen Möglichkeiten der Einnahmenverbesserung für den kriselnden Flughafen. Das Airport Business Center, das Flughafenchef Karl-Heinz Krüger schon seit mehreren Jahren plant, sei wichtig. Denn Shoppingmöglichkeiten würden nicht nur von den Fluggästen angenommen werden. Auch die von Krüger ebenfalls seit mehreren Jahren projektierte Kooperation mit der NürnbergMesse soll laut Söder endlich die nötige Schubkraft bekommen. Denn ein Kongresszentrum am Flughafen für kleinere Veranstaltungen bis zu 1500 Teilnehmern sei ein wichtiger Baustein für die Profitabilität der Flughafenbetreibergesellschaft. Nur seltsam, dass der Flughafen erst drei Jahre hintereinander in die roten Zahlen fliegen muss, bis der Mitgesellschafter Freistaat Bayern, der ja im Aufsichtsrat sitzt, sich der Krügerschen Ideen ernsthaft annimmt. Bezeichnenderweise war der Flughafenchef auch nicht zur Pressekonferenz im Anschluss der Flughafen Konferenz geladen. Ihn mussten die Journalisten draußen vor der Tür interviewen.
Umstrittene Nordanbindung
Alle waren sich außerdem einig, dass die so genannte Nordanbindung kommen muss. Diese sieht einen direkten Autobahnanschluss für den Airport an die Bundesautobahn A 3 Frankfurt-Würzburg-Nürnberg-Regensburg-Passau vor. Hierzu müssten aber 33.000 Bäume des unter besonderem Schutz stehenden so genannten Reichswaldes gefällt werden. Deshalb gibt es ein Bündnis „Nein zur Flughafen-Nordanbindung“. Es präsentierte parallel zur Flughafenkonferenz seine Argumente gegen die rund 100 Millionen Euro teure Nordanbindung, die unter der Startbahn in tunnelbauweise hindurchgeführt werden müsste.
So sei zwar das Passagieraufkommen am Flughafen von 2000 bis 2010 um 33 Prozent gestiegen, doch im gleichen Zeitraum ging der Straßenverkehr zum Airport laut amtlicher Verkehrzählung der Stadt Nürnberg um 18,5 Prozent zurück. Das liegt laut Rainer Volck vom Aktionsbündnis zum einen an der Etablierung des Air Berlin Drehkreuzes in Nürnberg, das vor allem Umsteigerpassagiere hervorbrachte. Und zum anderen liege es an der im Dezember 1999 eröffneten U-Bahnstation Flughafen. Seitdem würden viele Flugreisende mit der U-Bahn anreisen.
„Wir sind nicht gegen den Flughafen und seine Entwicklungsmöglichkeiten“, betont Volck. Aber statt der Nordanbindung, die während der Bauphase eine Absenkung des Grundwassers von bis zu 22 Metern erforderlich machen würde und damit ein Baumsterben im Reichswald zur Folge hätte, setzt das Bündnis auf die Verbesserung der ÖPNV-Anbindung des Airports. Eine direkte Busverbindung von Erlangen zum Flughafen, die es bisher nicht gibt, würde viele Flugreisende aus der Hugenottenstadt auf die Anreise mit dem Pkw verzichten lassen.
Und bei Katja Hessels Vision von einer Vernetzung des Hafens mit dem Flughafen wäre eher eine Verbesserung der Straßenanbindung in Richtung Süden wichtig. Eine Nordanbindung an die Autobahn hilft da reichlich wenig, wenn die Wirtschaftsstaatssekretärin Frachttransporte zwischen dem im Norden Nürnbergs gelegenen Airport und dem im Süden der Stadt gelegenen Hafen intensivieren möchte.
Aber bis all die Verbesserungen für den Flughafen greifen, müssen sich die rund 950 Beschäftigten am Airport in den kommenden Jahren laut Gewerkschaft Verdi auf Lohn- und Gehaltskürzungen einstellen. Als Beitrag zur Krisenbewältigung sollten sie Abstriche zwischen 10 und 15 Prozent hinnehmen. Zu entsprechenden Verhandlungen habe die Flughafen-Geschäftsführung die Gewerkschaft aufgerufen. Noch gebe es aber keinen Verhandlungstermin, so ein Flughafensprecher.
(Ralph Schweinfurth)
Weitere Argumente gegen die Nordanbindung unter www.nordanbindung.de

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