Wirtschaft

So könnte es aussehen, führe in Erlangen eine Straßenbahn. (Fotos: Schweinfurth / Fotomontage: Mehlinger)

15.06.2012

Galgenfrist für Stadtumlandbahn

Grundsatzentscheidung muss bis Ende September fallen

Emotionale Diskussionen zur Stadt-Umland-Bahn (StUB) von Nürnberg über Erlangen nach Herzogenaurach und Uttenreuth gab es am Dienstagabend im überfüllten Erlanger E-Werk-Saal. Oberbürgermeister Siegfried Balleis (CSU) hatte geladen, und mehr Gäste als erwartet waren gekommen, um sich aus erster Hand über die STUB zu informieren.
Im Februar 2012 haben die Gutachterbüros für die StUB einen Nutzen-Kosten-Faktor von 1,1 errechnet. Der verspricht Förderfähigkeit für die verlängerte Nürnberger Straßenbahn. Bis zu 80 Prozent der Investitionskosten tragen Bund und Freistaat. Doch den Rest für Schienen, Haltestellen und Fahrzeuge hätten die Städte Erlangen und Nürnberg sowie der Landkreis Erlangen-Höchstadt aufzubringen (Staatszeitung berichtete).
Rest: Klingt nach wenig, ist aber nicht ohne. Für genau 126 Millionen Euro könne die StUB im Jahr 2019 losfahren, wie Chefgutachter Utz Senger vom Büro Intraplan aus München vorschlägt. Die nächsten 30 Jahre hätten dann Nürnberg 1,1 Millionen Euro, der Kreis ERH 3,6 Millionen Euro, Erlangen gar 6,6 Millionen Euro jährlich zu tragen, haben die Gutachter errechnet. Natürlich zuzüglich einer Preissteigerung von 2,5 Prozent per anno. Mehrwert für die Region
Doch der größte Teil dieser „Unterdeckung“ ist nicht Verlust aus dem StUB-Betrieb, sondern Kapitaldienst für Kredite. Denn nirgendwer habe Geld für die Investitionen zurückgelegt, wissen die Fachleute um Senger. Bürgermeister Balleis und sein Herzogenauracher Kollege German Hacker nicken bei dieser Annahme.
Dirk Domhardt vom Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) rechnet anders. Für ihn fallen nur 1,6 Millionen Euro jährlich ins Gewicht. Mit so viel Verlust rechnen die Gutachter beim Betrieb der StUB, ebenfalls aufs Jahr 2019 bezogen. Die Kosten für Gleise und Co. betrachtet Domhardt dagegen als echten Mehrwert für die Region. Diese Ausgaben dürften nicht mit den laufenden Kosten vermischt werden.
Das mag volkswirtschaftlich richtig sein, doch Kommunen müssen das Geld zum Ausgeben erst einmal haben. Weshalb OB Balleis demnächst seine Erlanger und Erlangerinnen mit einem Ratsbegehren bei dieser „epochalen Entscheidung StUB“ um Hilfe bitten will. Im E-Werk kündigte er an: „Die Bürger müssen uns sagen: Die StUB ist uns so lieb und teuer, dass wir dafür deutliche Mehrbelastungen bei der Grundsteuer akzeptieren.“
Wolfgang Geus, der für den Erlanger Stadtverkehr zuständige Stadtwerke-Vorstand „möchte sich zum momentanen Sachstand nicht äußern“, lässt er sein Büro ausrichten. Dabei würden sich laut OB Balleis die jährlichen Verluste für das Verkehrsunternehmen von heute 6 Millionen Euro durch die StUB mehr als verdoppeln. Gleichzeitig ginge die Zahl der Buslinien zurück, steht im aktuellen Gutachten. Doch das stammt eigentlich aus dem Jahre 1994. Damals wurde erstmals in der Region über eine Überlandstraßenbahn nachgedacht.
Der jetzige, schnelle Auftrag des VGN an Infrastrukturplaner Jürgen Hofmann galt auch nur „der Prüfung von Trassenführung und Machbarkeit“, nicht der Detailplanung oder der Suche nach Alternativen. Denn der September steht schon fast vor der Tür. Dann muss die Region vorläufige Bedarfsanträge an Bund und Land gestellt haben. Nur dann könne schon 2013 mit der Planung begonnen werden, stellt VGN-Mann Dirk Domhardt klar.
Die StUB-Macher wollen im Übrigen mehr Fördergeld, als bisher im Spiel ist. „90 Prozent für die Infrastruktur und Mitfinanzierung des laufenden Betriebs“ wünscht sich OB Balleis. Zwei Asse hat die Region dabei im Ärmel. Das eine: Der aus Erlangen stammende Innenminister Joachim Herrmann (CSU) soll in München Druck machen. Das zweite As ist „der Sündenfall Hochschul-U-Bahn-Strecke Garching“, wie es aus dem Nürnberger Rathaus heißt. Dort zahlt der Freistaat Bayern erstmals Zuschüsse für den laufenden Betrieb. „Das möchten wir auch für die Hochschul-StUB Nürnberg-Erlangen“, ist aus der Umgebung von Nürnbergs Stadtoberhaupt Ulrich Maly (CSU) zu hören. Doch Bayerns Verkehrsministerium winkt deutlich ab: In Garching habe „die Verlagerung von Hochschulstandorten den wesentlichen verkehrlichen Kontext mit der U-Bahn-Verlängerung gebildet“.
(Heinz Wraneschitz)

Kommentare (1)

  1. GüKo am 18.06.2012
    Leider hat der Verfasser Recht! Alle Achtung, dass die Bayerische Staatszeitung sich dieses Themas annimmt !
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