Wirtschaft

19.03.2010

Götzl kritisiert Sparkassenorganisation

Genossenschaftverband Bayern ist mit dem Geschäftsjahr 2009 mehr als zufrieden

Die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken konnten trotz historischer Krise ein gutes Geschäftsjahr 2009 verzeichnen. Mit 4,7 Prozent Wachstum legte die Bilanzsumme ähnlich stark zu wie im Vorjahr und beträgt für 2009 119,6 Milliarden Euro, erklärte Stephan Götzl, Präsident des Genossenschaftsverbandes Bayern (GVB). Verantwortlich für den Anstieg sei die Zunahme der Kundengelder um 3,1 Prozent beziehungsweise 2,8 Milliarden Euro auf 93,2 Milliarden Euro gewesen. Das war laut Götzl zwar weniger als der 5-Prozent-Zuwachs im Vorjahr, aber er zeige dennoch, dass die bayerischen Genossenschaftsbanken das ihnen in der Krise entgegengebrachte Vertrauen weiter bestätigen konnten.
Besonders wichtig und erfreulich für den bayerischen Mittelstand war jedoch die Entwicklung der Kreditvergabe durch die Volksbanken und Raiffeisenbanken: Die Ausleihungen nahmen insgesamt um 4,3 Prozent beziehungsweise um 2,7 Milliarden Euro auf 64,5 Milliarden Euro zu. „Das ist das höchste Kreditwachstum seit 1996“, betonte der GVB-Präsident. Bei den Firmenkunden stieg das Kreditvolumen um 5,3 Prozent auf 29,3 Milliarden Euro. Das Betriebsergebnis betrug vor Bewertung und Steuern 1,25 Milliarden Euro oder 1,07 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme.
Für das laufende Jahr geht der GVB von einer guten Entwicklung aus. Das würde die aktuelle Konjunkturumfrage des Genossenschaftsverbandes zeigen. Danach sind laut Götzl 49 Prozent der befragten Banken mit ihrer Geschäftslage sehr und 50 Prozent zufrieden. Für das kommende halbe Jahr wird zwar mit einer leichten Verschlechterung der Geschäftslage gerechnet. Aber es gehen immer noch 96 Prozent von einer mindestens zufriedenstellenden Entwicklung aus. Ein Grund für den Optimismus ist, so der Verbandspräsident, dass 87 Prozent der Banken mit weiter zunehmenden Ausleihungen rechnen. Der überwiegende Teil davon geht sogar von genauso hohen Zuwächsen aus wie im letzten Jahr.
Bei den Banken, die ein geringeres Ausleihungswachstum erwarten, werden als Gründe insbesondere eine mangelnde Kreditnachfrage aufgrund der schwachen Konjunktur und eine geringe Neubautätigkeit genannt. Diese Ergebnisse zeigen eines ganz deutlich: Eine Kreditklemme gibt es bei den Kunden der bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken nicht. „Die bayerischen Kreditgenossenschaften jedenfalls haben genügend Liquidität und Eigenkapital, um ihre Kreditvergabe weiter zu erhöhen, wenn auch kundenseitig die Kreditvoraussetzungen passen.“ Unerwartet kritisch äußerte sich Götzl zur Rolle der Sparkassen in der Landesbank-Misere. Er ist der Ansicht, „dass ihnen etwas mehr Demut im öffentlichen Auftritt guttun würde“. Schließlich habe es ihnen die Politik sehr einfach gemacht, sich ihrer Verantwortung bei der Landesbank zu entziehen. Der Steuerzahler stehe plötzlich alleine da.
Über Jahre habe die Sparkassenorganisation die Auslandsaktivitäten der Landesbank aktiv befördert und davon wirtschaftlich profitiert, erklärte Götzl. Es hinterlasse schon einen seltsamen Eindruck, wenn man sich „dann Knall auf Fall zurückzieht, die Abwicklung des Engagements der Allgemeinheit überlässt und mit der eigenen Vergangenheit nichts mehr zu tun haben will“. Und das, obwohl die Sparkassenorganisation nicht nur 50-Prozent-Eigentümer, sondern darüber hinaus Garantiegeber für einen großen Teil der Verbindlichkeiten der Bank war. Denn: Im Rahmen der auslaufenden Gewährträgerhaftung hätte der bayerische Sparkassenverband noch für Verbindlichkeiten in erheblichem Umfang haften müssen. In 2009 waren das noch knapp 46 Milliarden Euro.
Die Argumentation der Sparkassen, dass auch kein privater Aktionär zum Nachschuss von Kapital verpflichtet sei, weshalb man das von den Sparkassen auch nicht verlangen könne, zieht für den GVB-Präsidenten daher nicht. Die Gewährträgerhaftung habe der Landesbank eine sehr gute Bonität und den Sparkassen über Jahre hinweg schöne Gewinne beschert. Deshalb mache sie die öffentlichrechtlichen Sparkassen auch zu mehr als nur zu aktionärsähnlichen Anteilsbesitzern.
Rückenwind gibt Götzl der Politik bei dem Ziel, den Verbraucherschutz für Bankkunden zu verbessern. „Verbraucherschutz funktioniert aber nur, wenn alle Beteiligten – Politik, Wirtschaft und Kunden – an einem Strang ziehen.“ Deshalb erneuerte der Genossenschaftspräsident seine Forderung nach einem Masterplan. „Wir brauchen dringend ein koordiniertes Vorgehen aller Bundesministerien, die sich mit dem Verbraucherschutz im Finanzmarkt beschäftigen. Zudem benötigen wir eine Fokussierung auf unregulierte Marktbereiche, in denen Kunden mit hochriskanten Produkten konfrontiert werden oder Finanzinstrumente zu hochspekulativen Transaktionen missbraucht werden, die ganze Volkswirtschaften gefährden.“ Gleichzeitig brach Götzl eine Lanze für Regionalbanken, die für die Volkswirtschaft absolut notwendig seien. (Friedrich H. Hettler)

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