Wirtschaft

Jürgen gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern. (Foto: GVB)

10.04.2019

Gros fordert Bürokratieabbau im Energiesektor

Stabile Geschäftsentwicklung bei den genossenschaftlichen Waren- und Dienstleistungsunternehmen in Bayern

2018 war für die für die genossenschaftlichen Waren- und Dienstleistungsunternehmen in Bayern ein umsatz- und ertragstarkes Jahr, fasste Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), das abgelaufene Geschäftsjahr zusammen. Es habe eine rege Nachfrage nach regionalen Lebensmittel sowie kaum Preisausschläge auf dem Milchmarkt gegeben. Die 1053 Unternehmen steigerten den Gesamtumsatz 2018 um 1,5 Prozent beziehungsweise 189 Millionen Euro auf 12,7 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Steuern verbesserten sie laut Gros um 8,0 Prozent von 240,3 auf 259,5 Millionen Euro.

Fachkräfte fehlen

„Bayerns Genossenschaften haben 2018 erfolgreich gewirtschaftet. Sie sind erneut gewachsen und haben mehr verdient“, erklärte der GVB-Präsident. Die Waren- und Dienstleistungsunternehmen beschäftigen mehr als 20 000 Mitarbeiter und sind in 35 Branchen aktiv. „Sie fördern ihre 620 000 Mitglieder und sind als Partner der Landwirtschaft, als dezentrale Energielieferanten, regionale Nahversorger oder IT-Dienstleister fest im bayerischen Wirtschaftsleben verankert.“

In fast allen Branchen weisen die Unternehmen Wachstum aus, erklärte Gros. Das gelte für Genossenschaften aus Handel und Handwerk – sie sind die umsatzstärkste Gruppe – ebenso wie für Genossenschaften aus der IT-Branche oder dem Gesundheitswesen. Auch die ländlichen Genossenschaften – vor allem die Vieh- und Fleischvermarkter, aber auch die Winzer – konnten zulegen, da Verbraucher zunehmend regional erzeugtes Gemüse, Obst oder Fleisch nachfragen.

Die Raiffeisen-Warenunternehmen verzeichneten aufgrund der letztjährigen Trockenheit und der damit verbundenen schwachen Ernte Einbußen beim Getreidehandel. Insgesamt konnten sich die Betriebe jedoch gut behaupten, insbesondere weil der Baustoffhandel wegen der lebhaften Bautätigkeit in Bayern florierte. Zudem investierten die Landwirte stärker in Agrar- und Stalltechnik als im Vorjahr.

Die Energiegenossenschaften spürten die Wetterkapriolen des Jahres 2018 ebenfalls. Unternehmen mit Photovoltaikanlagen speisten so viel Sonnenstrom wie noch nie in die Netze ein. Bei den genossenschaftlichen Wärmeversorgern schmälerten jedoch die höheren Durchschnittstemperaturen den Erlös, weil die Haushalte weniger heizten. Zudem konnten die Betreiber von Wasserkraftanlagen wegen niedriger Gewässerstände nur eingeschränkt Strom produzieren.

Die Geschäfte der 146 bayerischen Molkereigenossenschaften blieben anders, wie bereits kurz erwähnt, als in den Vorjahren von extremen Ausschlägen beim Milchpreis verschont. Stabilisierend wirkten die hohe Nachfrage am Weltmarkt und die hohen Preise für die Fettverwertung. Dass der Anteil der im Milchsektor tätigen Genossenschaften am gesamten Mengenaufkommen rückläufig war, ist auf strukturelle Änderungen des Geschäftsmodells der Milchliefergenossenschaften zurückzuführen, erklärte der GVB-Präsident. Sie treten zunehmend als Vermittler auf und weisen Umsätze damit nicht mehr in den eigenen Büchern aus. Gleichzeitig betonte Gros, dass der Markt für Bio-Milch derzeit gesättigt ist und eine Umstellung auf Bio-Milch sich nur lohnt, wenn sie auch rentabel ist. Für dieses Jahr erwartet Gros einen Milchpreis von etwa 35 Cent für den Liter.

Als Wachstumsbremse für Genossenschaften wirkte sich zunehmend der Fachkräftemangel aus. Insbesondere im Handel und dem Raiffeisen-Warengeschäft fehlen qualifizierte Mitarbeiter im Logistikbereich. „Gute Lkw-Fahrer sind rar. Der Stellenmarkt ist in einigen Branchen leergefegt“, stellte Gros vor dem Hintergrund der hohen Beschäftigungsquote im Freistaat fest.

Der Verbandspräsident forderte angesichts der bevorstehenden Europawahl insbesondere von den Brüsseler Politikern, die Autonomie der Lieferbeziehungen im genossenschaftlichen Milchsektor zu respektieren. „Die Abnahmegarantie in Kombination mit der Andienungspflicht bietet den Landwirten Planungssicherheit. Selbst bei schwierigen Marktbedingungen können Landwirte ihre Milch bei Molkereigenossenschaften absetzen.“ Diese Stabilität würde den zuletzt immer wieder diskutierten staatlichen Eingriffen in die Lieferbeziehungen zum Opfer fallen.

Reges Gründergeschehen

Aktiv wirkt der GVB an der Gestaltung der zukünftigen Energieversorgung im Freistaat mit. Das bayerische Wirtschaftsministerium hat einen „Energiedialog“ gestartet, bei dem der Verband die Interessen von 262 Energiegenossenschaften vertritt. „Wir setzen uns insbesondere dafür ein, bürokratische Hemmnisse abzubauen“, sagte Gros. Dazu zählt beispielsweise, dass Mitglieder von Energiegenossenschaften beim Verbrauch des mit einer Gemeinschaftsanlage produzierten Stroms bislang die volle EEG-Umlage abführen müssen. Von Privatpersonen und anderen Unternehmen werde bei der Eigenversorgung hingegen nur eine reduzierte Umlage verlangt. „Diese Ungleichbehandlung gehört abgeschafft. Sie vermindert die Attraktivität von Energieprojekten für Genossenschaften und verhindert damit Investitionen in dezentrale und umweltfreundliche Anlagen zur Stromerzeugung“, so der Verbandspräsident.

„Genossenschaften sind ein lebendiger Bestandteil der bayerischen Gesellschaft“, machte Gros deutlich. So sind im Freistaat in den vergangenen zehn Jahren 380 neue Genossenschaften entstanden. 2018 waren es 14, darunter drei Brauereien. „Das Interesse an regionalen, handwerklich hergestellten Bieren nimmt zu“, stellte der GVB-Präsident fest und verwies auf die insgesamt 14 aktiven genossenschaftlichen Brauereien in Bayern. Dazu zählen neben mehreren Jungbrauern auch traditionelle Unternehmen, die sich teilweise seit 100 Jahren am Markt behaupten. Gemeinsam produzieren sie pro Jahr mehr als 170 000 Hektoliter Bier. Das reicht rechnerisch, um den Durchschnittskonsum von 170 000 Verbrauchern zu decken. (Friedrich H. Hettler)

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