Wirtschaft

Eine schweizer Firma baut die Isetta von BMW als E-Auto. Der Microlino wird ab Sommer auch in Deutschland zu haben sein. (Foto: Wraneschitz)

08.02.2019

Kleine und große E-Autos

Die Spielwarenmesse in Nürnberg setzt einen Schwerpunkt auf die Elektromobilität

Wer hätte das gedacht? Die Spielwarenmesse Nürnberg beschäftigt sich mit Elektromobilität. Und das nicht nur bei Fernlenkautos oder Elektro-Rollern für Kinder.

Vor etwa zehn Jahren war schon einmal ein „echtes“ E-Auto auf der Spielwarenmesse zu sehen: Der New Trabant von Herpa aus Dietenhofen (Landkreis Ansbach). Er schaffte es sogar ins „Land der Ideen“ des Bundespräsidenten. Doch zur Serienreife hat es beim Strom-Trabbi bisher nicht gereicht.

Diesmal hatte Micro, das Schweizer Urgestein der Tretroller-Hersteller, ein quietschbuntes, zweisitziges Auto am Stand. Der Microlino schaut aus wie eine BMW Isetta, aber mit 11-kW-Elektromotor und 8-kWh-Batterie für über 100 km Reichweite bei bis zu 90 km/h. BMW habe für das Design das Plazet gegeben, so die Standauskunft. Und, anders als der E-Trabant: Der Microlino wird für 12.000 Euro ab Sommer per Direktvertrieb auch in Deutschland zu haben sein. Wartung: Bei Bosch-Diensten. „Bekomm die meisten Lächler je Kilometer“, lautet der wohl treffende Werbespruch für den Stadtflitzer. Aber was genau ist am Microlino Spielzeug?

Viele Tretroller


Das trifft schon eher für die elektrisch angetriebenen Versionen vieler Tretroller oder Kickboards zu. Vor ebenfalls zehn Jahren war die Kleinkind-Vespa mit 12-Volt-Antrieb von Peg-Perego noch eine Exotin. Heute gehört die Version mit Stromanschluss bei Roller-Anbietern fast schon zum guten Ton.

Beispiel Citybug von Giant Union. Der „normale“ Stadtkäfer wurde zwar schon 2015 mit dem IF Design Award ausgezeichnet. Doch nun haben die Taiwanesen zwei weitere Hingucker draufgesetzt: Den „Compact“ und den „Rhino“. Gerade der schaut aus wie ein Motocross-Moped – auch wenn der Sitz nicht zum Hinhocken gedacht ist. Sogar eine Elektrobremse hat das Teil. Dennoch hätte es die Vorführerin beim Hallentest beinah umgehauen, so wild trieb sie‘s. Ab 16 Jahren dürfen sich Menschen draufstellen. Nach oben ist das Alter fast unbegrenzt. Solange der oder die Nutzende nicht mehr als 100 kg auf die Waage bringt…

Lautstarkes Motorengebrüll


Ist also die Spielwarenmesse nur noch fair, umweltverträglich und geschlechterneutral? Das Nürnberger Bündnis Fair Toys (NBFT) jedenfalls meint „Nein“ und prangerte vor dem Gelände „menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in der weltweiten Spielzeugproduktion“ an. Im Kongress namens „Toy Business Forum“ haben offenbar selbst die Referentinnen (weiblich!) bis heute nicht viel von Gender Mainstreaming gehört: Sie unterscheiden weiterhin fein nach „Boy´s and girl´s toys“.
Nicht zuletzt: Der Toy Fair-Startschuss zum fränkischen Messegelände nahe des legendären Norisrings öffnet den Zugang zu einer Art „Internationalen PS-Protz-Automobilausstellung“. Da steht schon mal ein echter Porsche der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft DTM als Männer-Blickfang am Stand des Rennbahnherstellers Carrera. Oder bei der Vorführung von Fernlenk-Kleinst-Rallye-Autos röhrt unter dem Spielbrett lautstarkes Motorengebrüll. Von all den Modellen der schwerölfressenden Panzer wollen wir hier gar nicht sprechen.

Glänzende Männeraugen


An solchen Ständen bekommen vor allem Männer glänzende Augen. Vielleicht auch deshalb, weil die Modellbahnen, die einstige Vorzeigebranche der Spielwarenmesse, immer weniger Platz beanspruchen.
Schon der Nachwuchs wird für die PS-Protzerei angefixt. Der Baukasten „Autowerkstatt mit Sportflitzer und Automechaniker“ von Bruder aus Fürth bekam sogar den diesjährigen „Toy Award Pre School“ für Drei- bis Sechsjährige.

Die Jury war „begeistert, denn hier werden den Kids handwerkliche Fähigkeiten des Berufs nähergebracht“. Auf der Hebebühne ein Bolide, der eher an 500 PS-Dieselturbo erinnert als an ein E-Fahrzeug der Zukunft. Den amtierenden Bundesverkehrsminister dürfte es freuen. Kurz vor der Messe hatte ja Andreas Scheuer (CSU) wieder einmal die alte Verbrennerwelt und „Freie Fahrt für freie Bürger“ als seine Politikmaxima bestätigt, als er erklärte: „Tempo 130 ist gegen jeden Menschenverstand.“ Und gerade Männer, junge wie alte, bejubelten dies lautstark.

Einen Toy Award – den für „Teenager & Adults“, also Über-10-Jährige – heimste auch der Ravensburger Spieleverlag mit „kNOW!“ ein. Wieder war „die Jury begeistert. „kNOW!“ vereine Brettspiel und digitale Innovation. Via Smart Home oder Smartphone verbunden mit dem kostenlosen Sprachassistent Google Assistant kommen tagesaktuelle Fragen ins Spiel – deren Antworten sich je nach Spielzeit und -ort ändern können.“

Kaum rosige Aussichten


Dabei hatte eine zum Messestart veröffentlichte Forsa-Befragung im Auftrag der Gutachterfirma Dekra ergeben: Für 82 Prozent der Deutschen kommt es „eher nicht“ oder „auf keinen Fall in Frage, einem Kind ein internetfähiges Spielzeug zu kaufen“. Für Dekra steht demnach fest: „Aus Datenschutzgründen bleibt der Spion draußen aus dem Kinderzimmer.“ Möglicherweise sind also die Aussichten für Ravensburgers „Google, alias Professor kNOW!“ nicht allzu rosig.

Dabei sieht die Spielwarenmesse gerade wegen solcher „Innovationen die Qualität der Messe gestärkt“ und ihre „Stellung als wichtigster Branchenevent gefestigt“. Im Abschlussbericht stellt die Messeleitung ebenfalls heraus: „Die Internationalität bleibt auf hohem Niveau.“ Aus 130 (2018: 131) Nationen waren die 68.500 Fachbesucher und Einkäufer (2018: 70.384) diesmal in die Noris gekommen. 64 (2018: 61) Prozent davon waren ausländische Gäste.

Deutsche Fachhändler kaufen dagegen immer mehr per Computer ein: Das erklärten passend dazu mehrere alteingesessene, mittelständische deutsche Spielzeug-Unternehmen, die wir bei unserem Messerundgang befragten. Dennoch wollen auch sie alle wieder auf der Spielwarenmesse 2019 einen Stand bestücken.
(Heinz Wraneschitz)

Kommentare (1)

  1. D-ROLF am 08.02.2019
    seht euch mal unseren 6x6 Hybrid-Trabi an. Der ist ein Eyecatcher- BMW usw. könnten von uns lernen. www.D-ROLF.com
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