Wirtschaft

Vier Bau-Berufsverbände wollen ein breites Bewusstsein für Wassergefahren schaffen. (Foto: Bilderbox)

22.05.2019

Künftig engere Zusammenarbeit

Vier Berufsverbände des Bausektors unterzeichneten gemeinsame Erklärung zu Hochwasser, Starkregen und Überflutung

In den letzten 20 Jahren forderten Überschwemmungen infolge von Hochwasser und Starkregen in Deutschland immer wieder Menschenleben und verursachten Kosten in Höhe von knapp 30 Milliarden Euro. Werden wasserbedingte Gefahren jedoch bereits bei der Planung und beim Bau berücksichtigt, lassen sich häufig mit einfachen Maßnahmen wirksame, kostengünstige und konsensfähige Lösungen finden. Weiterhin können teure Folgeschäden minimiert werden.

Um alle Fachleute der Baubranche und die Bevölkerung für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren, werden die Bayerische Architektenkammer, die Bayerische Ingenieurekammer-Bau, der Bayerische Handwerkstag sowie der Landesverband Bayern der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) künftig enger zusammenarbeiten. Dazu unterzeichnen deren Spitzenvertreter diese Woche eine gemeinsame Absichtserklärung.

Hierdurch soll die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Handwerkern, Bauingenieuren und Architekten gestärkt werden. Weiterhin fordern die Vertreter der Bau- und Wasserwirtschaft die Politik dazu auf, die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien in diesem Bereich zu fördern. ,,Nur, wenn wir alle bei diesem Thema gemeinsam an einem Strang ziehen, lassen sich nachhaltige Lösungen finden“, so die einhellige Forderung der Unterzeichner.

In der Absichtserklärung mit dem Titel Hochwasser, Starkregen, Überflutung: Risiken berücksichtigen – verheerende Schäden vermeiden heißt es unter anderem: Wassergefahren können nahezu jeden Bürger betreffen und zu hohen Sach- sowie Personenschäden führen. Zu den möglichen Ursachen zählen Flusshochwasser, Starkregen, ein hoher Grundwasserstand aber auch Rück- und Überstau aus der Kanalisation. Durch Klimaveränderungen können Wassergefahren noch zunehmen und gleichzeitig Hitze-und Dürreperioden häufiger eintreten.

Werden diese Gefahren sowohl bei der Regional- und Bauleitplanung unserer Siedlungen als auch bei der Planung unserer Gebäude und Infrastruktur und letztlich auch bei der Bauausführung berücksichtigt, lassen sich nach Ansicht der vier Organisationen kostengünstige und konsensfähige Lösungen finden und mögliche Schäden reduzieren. „Dem wassersensiblen und klimawandelangepassten Planen und Bauen kommt daher eine große Bedeutung bei der Gefahrenprävention zu.“ Außerdem eröffne es neue Chancen für mehr Lebensqualität und Artenvielfalt.

Hochwasser kann erhebliche Sachschäden an Gebäuden und Infrastruktur verursachen und bei Industriebetrieben zu Produktionsausfällen führen. Darüber hinaus kann Hochwasser schwerwiegende psychische Belastungen hervorrufen. Klimaveränderungen können die Situation verschärfen. 2018 war das bisher wärmste Jahr in Bayern seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Prognostiziert werden längere Dürreperioden aber auch längere Starkregenphasen. Bereits im Mai/Juni 2016 haben längere Starkregenphasen zu massiven Schäden geführt. Daher werden Wasserspeichermöglichkeiten für Dürrezeiten aber auch Schutzmaßnahmen vor Hochwasser immer wichtiger.

Der Staat leistet mit dem Hochwasserschutz Aktionsprogramm 2020plus bereits einen erheblichen Beitrag. Allerdings ist jeder Einzelne zu Vorsorgemaßnahmen verpflichtet. Gemäß Baugesetzbuch sollen in der Bauleitplanung Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, berücksichtigt werden. Hier sind Planer und Kommunen gefordert. Wenn alle Akteure zusammenarbeiten, können die Schäden wirkungsvoll verringert werden, so das Aktionsbündnis.

Bewusstsein schaffen

Die Unterzeichner der Absichtserklärung versuchen darauf hin zu wirken, dass ein breites Bewusstsein für Wassergefahren geschaffen wird. Durch eine frühzeitige Berücksichtigung in Planung und Bauausführung sollen nachhaltige Lösungen entwickelt werden – für ein sicheres und lebenswertes Wohnen und Arbeiten in Bayern.

Die vier Verbände erklären, dass sie künftig enger zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen werden, um die von Wassergefahren betroffenen Kommunen, Unternehmen sowie Bürger „besser zu beraten und ihnen maßgeschneiderte, wirkungsvolle Lösungen anzubieten und diese fachgerecht auszuführen“.

Dabei werden drei Ebenen betrachtet:
– Die Regional- und Bauleitplanung inklusive Grünplanung.
– Die Gebäude-, Infrastruktur- und Freiflächenplanung sowie
– die Gebäudeausführung.

Erste Schritte einer Kooperation auf dem Gebiet wassersensibles, klimawandelangepasstes und ressourcenschonendes Planen und Bauen seien, wie bereits kurz erwähnt, der gegenseitige Austausch von Fachinformationen, Erfahrungen und Informationsmaterialien, die Bewusstseinsbildung bei den Mitgliedern und eine gegenseitige Unterstützung im Rahmen von Veranstaltungen.

Zu allererst müsse man analysieren wo Gefahren entstehen, erklärte F. Wolfgang Günthert, Vorsitzender des DWA-Landesverbands Bayern. ,,Anhand von Gefahrenkarten müssen die Risiken bewertet werden, um dann notwendige Schutzmaßnahmen zu ergreifen.“ Allerdings, so Günthert weiter, müsse jede Kommune eine Gefahrenermittlung machen.

,,Der Schutz vor Wasser ist auf allen Ebenen zu planen. Er eröffnet zudem nicht selten Chancen für eine lebendige, nachhaltige Gestaltung von Räumen“, sagte Christine Degenhart, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer. Man müsse „mit dem Wasser denken, nicht dagegen arbeiten“.

„Katastrophen sind immer menschenverantwortet, denn die Natur ist natürlich natürlich“, so etwas humoristisch Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. „Wir müssen unsere Städte und Gebäude dem Hochwasser anpassen. Damit können wir die Schäden deutlich begrenzen.“ Allerdings betonte Gebbeken auch, dass jeder Einzelne die Aufgabe habe, für sein Hab und Gut vorzusorgen – Stichwort: Eigenverantwortung – und man nicht ständig nach dem Staat rufen, sondern sich informieren soll, welche unmittelbaren Gefahren es gibt.

Staat zahlt nicht mehr

Franz-Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstags (HWT), bedauerte, dass im Freistaat noch immer nur wenige Menschen gegen Elementarschäden versichert sind. Das ist seiner Ansicht nach fahrlässig, denn kein Gebäude lasse sich zu 100 Prozent vor Extremwetterereignissen schützen. Das sei bei der Flut von Simbach (2016) auf tragische Weise bestätigt worden.

In Simbach hätten viele Geschädigte noch Glück im Unglück gehabt, denn bei Unversicherten kam der Freistaat für 80 Prozent, in Härtefällen sogar für bis zu 100 Prozent der materiellen Schäden auf. Doch darauf können sich Unternehmen und Privatpersonen künftig nicht mehr verlassen. Peteranderl wies darauf hin, dass ab dem 1. Juli 2019 nur noch geschädigte Unternehmer und Privatpersonen öffentliche Gelder erhalten, die sich erfolglos um eine Versicherung gegen Elementarschäden bemüht haben oder denen keine zu akzeptablen Konditionen angeboten wurde.

Deshalb, so der BHT-Präsident, sollte jeder Handwerksbetrieb mit einer gewerblichen Gebäudeversicherung gegen Elementarschäden versichert sein. Idealerweise decke so eine Versicherung nicht nur Sachschäden ab, sondern zahle auch, wenn das Unternehmen über Wochen nicht produzieren kann. Aktuell sei nur etwa ein Drittel aller Firmen im Freistaat ausreichend geschützt. „Und das, obwohl die niederschlag- und starkregenreichsten Regionen Deutschlands alle in Bayern liegen.“ (Friedrich H. Hettler)

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