Wirtschaft

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kam heute mächtig ins Schwitzen, als die Wirtschaft konkrete Forderungen an ihn stellte. (Foto: dpa/Dorothée Barth)

16.02.2021

Mehr als ein Trostgipfel

Altmaier und Wirtschaft wollen Corona-Öffnungsstrategie erarbeiten

Wirtschaftsminister Peter Altmaier und die Wirtschaft wollen zu den nächsten Beratungen von Bund und Ländern zur Corona-Krise Anfang März eine Öffnungsstrategie erarbeiten. Das sagte der CDU-Politiker nach dem "Wirtschaftsgipfel" mit Verbänden am Dienstag. Es gehe um Empfehlungen an die Ministerpräsidenten, sagte Altmaier. Es sei von Verbänden "nachvollziehbar" beklagt worden, dass Ungewissheit mit das schwierigste sei in der derzeitigen Lage.

Altmaier kündigte außerdem Nachbesserungen bei den staatlichen Hilfen an. Ein "Härtefallfonds" solle Ungerechtigkeiten beheben. Die Idee sei, dass die Länder für einen solchen Fonds einen gewissen Beitrag einsetzen könnten. Wegfallen sollen zudem Obergrenzen bei der Überbrückungshilfe III. Bisher sind Unternehmen bis zu einem Umsatz von 750 Millionen Euro im Jahr 2020 antragsberechtigt. Altmaier sagte, er sei dazu in gutem Austausch mit dem Finanzministerium.

Der Wirtschaftsminister hatte sich mit Vertretern von rund 40 Verbänden ausgetauscht. Zuvor hatte es massive Kritik an fehlenden Perspektiven für Branchen wie dem Gastgewerbe und dem Tourismus gegeben sowie an einer schleppenden Umsetzung von Hilfen.

Nicht alle Teilnehmer überzeugt

Der Lockdown mit der Schließung etwa der Gastronomie und vieler Einzelhandelsgeschäfte war zuletzt von Bund und Ländern noch einmal bis zum 7. März verlängert worden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder wollen am 3. März beraten, wie es weitergeht.

Altmaier sagte, die Ergebnisse der letzten Bund-Länder-Beratungen hätten nicht alle Teilnehmer der Runde am Dienstag überzeugt. Deswegen wurde nach den Worten des Ministers vereinbart, dass zunächst die Verbände einen Konsens darüber erzielen, wie eine Öffnungsstrategie aussehen kann, die sich nach bestimmten Kriterien richten soll.

Es solle nicht unbedingt um eine "Abfolge" von sektoralen Branchenöffnungen gehen, sondern um einen "umfassenden" Ansatz, so Altmaier. Eine Rolle spielten Hygieneregeln, aber auch Coronatests. Auch Vertreter von Wirtschaftsverbänden machten klar, es solle nicht darum gehen, welcher Bereich als erster öffnen kann.

Altmaier will dann versuchen, auf der Grundlage eines Konsens unter den Wirtschaftsverbänden ein gemeinsames Papier zu formulieren. Dies soll dann in die Beratungen der Ministerpräsidenten eingebracht werden. Altmaier sprach von einer "begründeten Hoffnung", dass es für viele Bereiche bei den nächsten Bund-Länder-Beratungen eine Öffnungsperspektive geben könne.

Verlässlichere Planung

Wirtschaftsverbände hatten vor den Beratungen mit Altmaier vehement verlässlichere Planungen für die Lockerung von Beschränkungen gefordert. Die Konferenz müsse mehr als ein "Trostgipfel" sein, hatte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth, gesagt. Er erwarte echte Perspektiven und wirkungsvolle Hilfspakete.

HDE-Präsident Josef Sanktjohanser sagte nach dem Gespräch mit Altmaier: "Es war kein Trostgipfel." Der Einzelhandel habe in den letzten Monaten bewiesen, dass er auch bei Inzidenzen von über 50 oder 35 mit funktionierenden Hygienekonzepten sicherstellen könne, dass der Einkauf nicht zum Hotspot werde. Die Inzidenzen beziehen sich auf die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner.

Flächendeckend kostenfreie Schnelltests seien eine mögliche Perspektive für Öffnungsschritte, so Vertreter von Verbänden. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Michael Frenzel, sagte, die Tourismusbranche brauche vor allem eine Ausweisung von Risikogebieten im In- und Ausland. "Es müssen sichere Reisekorridore geschaffen werden." Die Pflichtquarantäne nach Rückreisen aus Ländern mit geringeren Inzidenzen müsse ein Ende finden.

Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Guido Zöllick, sagte, Kriterien für eine Öffnung müssten nachvollziehbar, angemessen und verständlich sein. Er sei davon überzeugt, dass die Gastronomie vor Ostern wieder öffnen könne. Mit Blick auf den langen Lockdown sagte Zöllick, die Not im Gastgewerbe sei riesig.

Chaos geht in die Verlängerung

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat die Ergebnisse des Corona-"Wirtschaftsgipfels" als enttäuschend bezeichnet. "Das Chaos geht in die Verlängerung", sagte Göring-Eckardt am Dienstag nach dem Treffen von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Vertreter von Wirtschaftsverbänden in Berlin. "Das einzige was passiert ist, ist, dass die Plattform endlich online ist, die schon seit Monaten hätte arbeiten müssen, und dass es Härtefallklauseln gibt." Ansonsten bedeute der Gipfel "eine Enttäuschung für viele, die auf die Wirtschaftshilfen gewartet haben".

Göring-Eckardt plädierte für einen Stufenplan mit klar definierten weiteren Öffnungsschritten, um für eine Perspektive zu sorgen. Darüber hinaus brauche es weitere Unterstützung für diejenigen, die sie benötigen. Altmaier und die Wirtschaftsvertreter hatten im Ergebnis des Treffens angekündigt, zu den nächsten Bund-Länder-Beratungen Anfang März gemeinsame Empfehlungen für eine Öffnungsstrategie erarbeiten zu wollen.
(dpa)

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