Wirtschaft

16.08.2013

Schneller an Cash kommen

Factoring: Unternehmen aus Branchen, die früher keine Chance auf diese Finanzierungsform hatten, können jetzt einsteigen

Bis zu 70 000 Euro fehlten ständig in der Kasse – wegen unbeglichener Rechnungen. „Teilweise zahlten Kunden erst nach Monaten“, sagt Bauunternehmer Franz Mittermeier aus dem oberbayerischen Ampfing. 2009 ging er zu seiner Hausbank, schlug dem Berater vor: „Wenn Sie mir das vorfinanzieren, bräuchte ich keinen so hohen Überziehungskredit.“
Factoring heißt dieses Konzept. Bei dieser Finanzierungsform kauft ein Spezialdienstleister Unternehmen ihre Rechnungen sofort nach Ausstellung ab. Er bezahlt den offenen Posten abzüglich einer Gebühr. Dann kümmert er sich darum, das Geld beim Kunden seines Kunden, Buchhalter nennen ihn Debitor, einzutreiben.

Problem Gerüstbaubetrieb


Das Problem: Mittermeier führt einen Gerüstbaubetrieb. Schon deshalb winkte der Banker damals ab. „Es hieß, für Bauunternehmen gebe es grundsätzlich kein Factoring“, erinnert sich der Unternehmer. Die Branche gilt als schwach kapitalisiert; immer wieder gehen Zulieferbetriebe von Baufirmen pleite. Und Baufirmen rechnen nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) ab, die für Factoring-Firmen ein Albtraum ist. Die Regeln sehen bis zur Abnahme nur Abschlagszahlungen vor. Es ist üblich, dass Auftraggeber nicht die volle Summe zahlen, weil es meist irgendwas zu reklamieren gibt.
Wer eine solche Rechnung eintreiben will, hat ein Problem. Im vergangenen Jahr konnte Gerüstbauer Mittermeier dann doch ins Factoring einsteigen. Bekannte hatten ihm von einem neuen Angebot der Teba Kreditbank erzählt, einer Tochter der VR-Bank Landau. Dort akzeptierte man seine Rechnungen, Mittermeier wurde einer der ersten Factoring-Kunden vom Bau. „Bisher kenne ich kaum ein Unternehmen meiner Branche, das ebenfalls Factoring macht“, sagt Mittermeier. Dabei sieht er nur Vorteile, etwa beim Kreditbedarf. „Die Linie für das Geschäftskonto habe ich seitdem glatt halbiert.“
Auch andere Handwerker aus dem so genannten Baunebengewerbe – Elektriker, Trockenbauer oder Isolierer – können jetzt Factoring nutzen. Die Vorzüge des Forderungsverkaufs können neuerdings selbst Branchen nutzen, die früher kaum eine Chance gehabt hätten. Landwirte zum Beispiel, Pharmagroßhändler und Bestatter.
Die neue Großzügigkeit hat eine Ursache: „Der Wettbewerb der Anbieter im kleinen Segment hat zugenommen“, sagt Alexander Moseschus, Geschäftsführer des Deutschen Factoring-Verbands. Die Finanzdienstleister suchten sich zunehmend bisher unerschlossene Wirtschaftszweige. Bisweilen, sagt Moseschus, eröffnen sich neue Geschäftsfelder für die Finanzierer, weil sich die Rahmenbedingungen ändern.
Wie bei Medizinern: Ärzte, die viele Leistungen privat abrechnen, nutzen schon heute häufig Factoring, weil sie dann nicht erst warten müssen, bis ein Patient bezahlt hat. Zuletzt kamen immer neue Fachrichtungen hinzu: „Die Zahnärzte waren die Ersten, weil es hier schon früh hohe private Zuzahlungen gab“, sagt Jens Törper, Vorstand des Hamburger Factoring-Hauses Health, das sich auf Mediziner spezialisiert hat. Die anfängliche Skepsis der Ärzte – wie sie heute bei Anwälten und Steuerberatern vorherrscht – sei überwunden, sagt Health-Chef Törper.
Die meisten Baufirmen wiederum hätten lieber heute als morgen mit Factoring begonnen, fanden aber keine Anbieter. Dass auch sie jetzt in den Genuss kommen, liegt daran, dass Anbieter zunächst einen Weg finden mussten, das VOB-Risiko zu managen.
„Wir waren lange skeptisch“, gibt Christina Fleischmann, die Chefin der Teba Kreditbank, zu. Baufirmen wie Gerüstspezialist Mittermeier berechnen zunächst nur einen Teil der Leistung, manchmal sogar mehrere Abschläge hintereinander. Das stellt Factoring-Anbieter normalerweise vor ein Problem, denn um die angekaufte Forderung gerichtlich eintreiben zu können, muss die Leistung zu 100 Prozent erbracht und auch die Schlussrechnung angekauft sein.
Damit die Teba am Ende nicht draufzahlt, weil Kunden reklamieren, legt sie einen Teil der Rechnungssumme auf ein Sicherungseinlagenkonto. Außerdem ist die Rechnungshöhe pro Kunde begrenzt. „Und wenn sich im Projektverlauf abzeichnet, dass es Reklamationen gibt, kaufen wir keine weiteren Abschläge an“, erklärt Fleischmann. Zu haben ist das Bau-Factoring laut Teba für eine Gebühr von 3,5 bis 4 Prozent der Rechnungssumme. (David Selbach)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist das geplante Demokratiefördergesetz sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.