Wirtschaft

In Straßburg hat der Bus auf der so genannten G-Linie eine eigene Straße, die für den restlichen Verkehr gesperrt ist. Somit steht er nie im Stau. (Foto: Mercedes-Benz)

13.02.2015

Schneller und günstiger realisierbar

Wirtschaftlicher für Erlangen und Herzogenaurach: Innovatives Bussystem mit eigener Fahrspur toppt Stadtumlandbahn

Ein 24 Meter langer Doppelgelenkbus fährt an der Haltestelle ein. Berufstätige und Studenten steigen ein und der Bus mit der Länge einer Straßenbahn setzt sich wieder in Bewegung. Seine Route führt über den Nürnberger Norden zum Südgelände der Uni Erlangen, weiter in die Erlanger Innenstadt und darüber hinaus nach Herzogenaurach, dem Sitz der Weltunternehmen Adidas, Puma und Schaeffler. Da aber im morgentlichen Berufsverkehr viel los ist, kommt bereits nach 40 Sekunden der nächste Doppelgelenkbus.
Das ist leider Zukunftsmusik und wird es wohl auch bleiben. Denn für diese Fahrtstrecke haben sich die beteiligten Kommunen und der Freistaat schon auf das Transportsystem Straßenbahn festgelegt. Die kostengünstigere und wesentlich leistungsfähigere Alternative eines modernen Bussystems ist bedauerlicherweise niemals ernsthaft in die Diskussion um die StUB – Stadtumlandbahn (Staatszeitung berichtete mehrfach) eingeflossen.

Alle 30 bis 40 Sekunden kommt ein Bus

Vor Kurzem hat die Mittelstandsunion vom CSU-Kreisverband Erlangen-Stadt dennoch das Bussystem auf die Tagesordnung gerufen. Vertreter von Mercedes-Benz und Van Hool präsentierten die Vorteile dieses modernen Massentransportsystems, das bereits in vielen Städten der Welt erfolgreich im Einsatz ist. In Europa setzen Amsterdam, Granada, Istanbul, Metz, Nantes, Nimes, Paris, Rouen, Saint Nazaire und Straßburg auf diese Art der modernen Straßenbahn auf Busbasis. „Der so genannte Metrobüs in Istanbul transportiert pro Tag 750.000 Passagiere“, erläuterte Matthias Hoffmann von der Verkehrsplanungsabteilung bei Mercedes-Benz. Alle 30 bis 40 Sekunden würde ein Bus kommen und die insgesamt 52 Kilometer lange Strecke quer durch die türkische 12,5-Millionen-Metropole bewältigen.
BRT nennt sich das moderne Bussystem, das sich durch eigene Fahrspuren auszeichnet, die vom restlichen Verkehr baulich getrennt sind, sodass der Bus nie im Stau steht. BRT steht für „Bus Rapid Transit“, also schneller Bustransit. BRT ist aber nicht nur für große Distanzen wie in Istanbul sinnvoll. Im französischen Straßburg hat man 2013 eine fünf Kilometer lange Linie in Betrieb genommen, die täglich 10.000 Fahrgäste transportiert. Die Busse fahren im Sechs-Minuten-Takt und erreichen eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 21 km/h. Im 470.000 Einwohner starken Straßburg betrugen die Investitionskosten für dieses Bussystem 25 Millionen Euro und es wurde in fünf Jahren fertiggestellt (inklusive Planungsphase).
Nach Kostenrechnungen der Erlanger Mittelstandsunion würde so ein BRT-System als Alternative zur StUB ebenfalls deutliche Leistungs- und Kostenvorteile bringen. Während man für die StUB von Investitionskosten von 319 Millionen Euro (Planungsstand 2006) ausgeht, würde ein BRT-System nur 156 Millionen Euro verschlingen. Die StUB würde im Zehn- bis 20-Minuten-Takt fahren, die BRT-Busse alle sechs Minuten. Beide Systeme hätten eine eigene Trasse. Doch die Kapazität wäre bei der StUB auf 13.000 Personen pro Tag begrenzt, während die BRT-Busse bis zu 750.000 Personen am Tag transportieren könnten. Auch bei der Bauzeit würde die Bustrasse deutlich punkten. Sie könnten innerhalb eines Jahres realisiert werden, während für die StUb eine Bauzeit zwischen vier und acht Jahren avisiert ist.

Wie eine Straßenbahn auf Gummireifen

Mickaél Pandion, ein unabhängiger Verkehrsplaner, der auch für den belgischen Fahrzeughersteller Van Hool arbeitet, präsentierte die so genannten Doppelgelenkbusse. Sie sind mit Niederflurtechnik ausgestattet, sodass sie wie eine Straßenbahn auf Gummireifen funktionieren. Die Busse können mit den unterschiedlichsten Antriebsarten ausgestattet werden: Dieselhybrid, Brennstoffzellen, Gas oder als Trolley (mit Stromabnehmer und Oberleitung). Die Busse gibt es als einfache Gelenkbusse mit zwölf oder 18 Metern Länge oder als Doppelgelenkbusse mit 24 Metern Länge. Sie haben ein modernes Design und verfügen über einen normalen Buswendekreis, sodass auch Engstellen in dichter bebauten Stadtvierteln kein Problem darstellen.
Pandiol erklärte auch, warum schienengebundene Transportsyteme wie Straßenbahnen immer teurer sind, als Busse: „Man muss Gleise antransportieren, Weichen einbauen, Oberleitungen verlegen. Das alles verschlingt schon in der Planungsphase wesentlich mehr Zeit und damit mehr Geld.“
Erlangens Alt-Oberbürgermeister Siegfried Balleis (CSU) zeigte sich begeistert von den Präsentationen und stellte fest: „BRT ist wesentlich wirtschaftlicher als Straßenbahnen. Damit würden keine Steuermittel verschwendet.“
(Ralph Schweinfurth)

Kommentare (2)

  1. krikri am 23.02.2015
    Am 14. Dezember 2011 wurde im französischem Caen entschieden, das Spur-Obus-System im Jahr 2016 stillzulegen und bis zum Jahr 2018 auf gleicher Strecke eine konventionelle Straßenbahn zu bauen. Wegen der großen Pannenanfälligkeit, die auch zu Kapazitätsproblemen während der Hauptverkehrszeit führen kann, und der hohen Unterhaltungskosten von 500.000 Euro hat sich der ursprünglich erwartete finanzielle Vorteil des Obusses ins Gegenteil verkehrt. (wikipedia.de)
  2. Matthias87 am 14.02.2015
    Bei aller Euphorie ob der scheinbar günstigeren und besseren Bus-Lösung sollte man vielleicht ein paar Dinge im Hinterkopf behalten:

    1.) Die Angaben stammen von „Experten“ von Bus-Herstellern, deren Ziel es sicher ist Busse zu verkaufen und keine Straßenbahnen – Vorsicht vorm „Schönrechnen“

    2.) Die angegebene Bauzeitunterschiede von einem Jahr für eine Straße und 4 bis 8 für eine Straßenbahn halte für sehr zweifelhaftät

    3.) Die Kapazitätsberechnungen von 13.000 Personen pro Tag bei Straßenbahn und 750.000 bei einer Straße sind Milchmädchenrechnungen: um 750.000 zu erreichen müsste 24 Stunden jede 35 Sekunden ein vollbesetzer (150 Passagiere) in jede Richtung abfahren – das gibt es wohl nicht mal in Tokio etc. Zudem wären dafür je nach Streckenlänge 500 Busfahrer nötig (je 10 Fahrten pro Tag).
    Im drei-Schichtsystem also mit einer Urlaubs-/Wochenend-Schicht also mindestens 2000 Fahrer. Bei 50000 Euro Kosten pro Fahrer im Jahr also allein 100 Mio Euro Personalkosten im Jahr für Fahrer, exklusive Wartungspersonal, Verwaltung etc… Worauf ich mit dieser ebenfalls Milchmädchen-Rechnung hinauswill: nicht immer nur die Investitionskosten (Achtung „Schönrechnungsgefahr“ siehe 1.)) betrachten, sondern auch Unterhaltskosten (Bahnstrom vs Diesel, weniger Triebfahrzeugführer bzgl mehr Busfahrern, etc)!

    Nicht umsonst haben sich in großen Städten Buslinien für geringeres Fahrgastaufkommen, Straßenbahnlinien/Stadtbahnen für mittleres, Metro/U-Bahnlinien für großes und S-Bahnen/Regionalzüge für sehr großes Fahrgastaufkommen durchgesetzt. BRT-Systeme liegen dabei maximal auf Straßenbahn/Stadtbahn-Niveau.
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