Wirtschaft

Auf der diesjährigen Messe erstmals ausgeschrieben wurde der EES-Award, ein Preis für neue und innovative Speichertechnologien. (Foto: Wraneschitz)

20.06.2014

Solarbranche zwischen Hoffen und Bangen

Auf der Messe Intersolar Europe in München formulieren Firmenchefs ihre Forderungen an die Politik: Sie wollen endlich Planungssicherheit

Ein fast schon makabres Bild wurde letzte Woche auf der Messe Intersolar Europe am Münchner Messegelände gezeichnet: Da präsentierten auf der nach Veranstalterangaben weltgrößten Solarschau 1134 Firmen auf 90 000 Quadratmetern ihre Produkte – doch weder Unternehmen, Organisatoren noch Branchenkenner wissen zurzeit: Geht er weiter, der Umbau der Energieversorgung in Deutschland?
„Sehr zufrieden“ ist nur Klaus W. Seilnacht vom Messegründer Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe. Dabei haben sich Fläche und Ausstellerzahl nahezu halbiert gegenüber dem Boomjahr 2011. Und auch die Besucherzahl ging nochmals in den Keller, um fünf Prozent auf nun 44 000 Gäste. Die „in Deutschland schwierige Situation“ macht Markus Elsässer vom Mitveranstalter Solar Promotion dafür verantwortlich.
Die Energiewende weg von Atom und Kohle hin zu Wind, Bioenergie und Sonne stockt. „Wir verfolgen mit großer Verwunderung, was die Politik mit dem neuen EEG vorhat“, so Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft BSW. Er macht aus seinem Ärger über die Bundesregierung kein Hehl. Vor allem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) steht in der Kritik. Denn der hatte noch kurz vor der Bundestagswahl 2013 als Oppositionsführer fast das Gegenteil dessen gefordert, was er jetzt als Minister bei der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes EEG plant. Bayerns Energieministerin Ilse Aigner (CSU) wiederum hat im Interview mit der Staatszeitung angekündigt, dass die EEG-Umlage auch auf Eigenbezug von Ökostrom notwendig sei zur „Begrenzung der Strompreise“.

Maximal 3,33 Euro mehr


Körnig ärgert das: „Um sieben Cent im Jahr 2014, und 2017 um 54 Cent würde ein Durchschnittshaushalt entlastet, wenn dies so käme – wohlgemerkt pro Jahr!“ Und jedes neue Gigawatt PV-Leistung erhöhe die Umlage gerade mal um 0,00019 Euro. Bei dem aktuellen „Ausbaukorridor“ der Bundesregierung von drei bis fünf Gigawatt jährlich müssten die Haushaltskunden maximal 3,33 Euro mehr berappen. Auch wenn Körnig darauf baut, „dass Bundesregierung und Bundestag noch etwas ändern am EEG“, setzt die deutsche Solar-Branche nach seinen Angaben auf „neue Geschäftsmodelle, die den Vorteil der Dezentralität nutzen, anwendernah Strom auch in großen Mengen bereitzustellen.“
Und immer mehr hoffen deutsche Firmen, am weltweiten Marktzu-wachs teilzuhaben: 20 Prozent mehr Umsatz waren es 2013, vor allem wegen der Markttreiber Asien und Amerika verdoppelt sich der Weltmarkt bis 2016. Das hat der BSW errechnet, während der Umsatz in Deutschland derweil zusammenbricht.
Doch einen Hoffnungsschimmer sieht der Verband: „Energiemanagement und Verbrauchssteuerung, die Speichertechnologien intelligent nutzen“. Weshalb heuer eine eigene Unter-Messe namens Electrical Energy Storage EES“ eingerichtet worden war, in einer Halle, in der es (fast) nur um Stromspeicherung ging.
Allein in Deutschland wurden im vergangenen Jahr 10 000 PV-Speicher verkauft. „Viele der über 500 000 PV-Anlagen-Besitzer haben Interesse, hier eine Pionierrolle einzunehmen“, ist BSW-Mann Körnig sicher. Doch genau dort plant die Bundesregierung, mittels einer „Solarsteuer“ (Körnig) dem selbst erzeugten Strom den Preisvorteil wieder zu abzunehmen. Neu entwickelte Ge-schäftsmodelle würden sich dadurch nicht mehr lohnen – vor allem für mittelständischer Unternehmen nicht. Denn die verbrauchen tagsüber viel Strom; und den könnten sie großteils durch PV-Anlagen auf dem eigenen Gebäude erzeugen. „Wir werden notfalls nach Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht ziehen. Doch wir sind an einer politischen Lösung interessiert und setzen auf die Vernunft der Parlamentarier“, bot der BSW- Geschäftsführer an.
Bei den Solarstromspeichern hat sich innerhalb kürzester Zeit sehr viel getan. Das zeigt allein die große Resonanz beim erstmals ausgeschriebenen EES-Award, einem Technologiepreis für Speicher. Über 30 Einreichungen gab es dafür, unter den zehn Nominierten aus der ganzen Welt waren mit Steca aus Memmingen und IBC als Staffelstein auch zwei bayerische Unternehmen. Preisträger wurden jedoch zwei Firmen aus den USA und eine aus Bulgarien: Auch das ist ein Zeichen, dass deutschen Entwicklungen im Ausland der Rang abgelaufen wird.
Auch Deutschlands Politiker könnten nicht verhindern, dass „hier weltweit ein Markt ange-schoben wird – und zwar intelligent, bedarfsgerecht und kosteneffizient“ könne PV-Strom so erzeugt werden, so Körnig. Doch bestehe die Gefahr, dass hiesige Unternehmen Probleme haben, am weltweiten Umsatz zu partizipieren. Sprich: „Zehntausende Jobs“ in der deutschen Solarbranche stünden auf dem Spiel. Und das gelte nicht nur im PV-Bereich, sondern auch bei der Sonnenwär-me. Die werde von der Politik fast gar nicht mehr beachtet oder ernsthaft unterstützt, merkten die Veranstalter übereinstimmend an. Doch trotz aller Hoffnungen auf die weltweit sich abzeichnende Öko-Energiewende: „Die politi-sche Situation brennt unter den Nägeln. In Berlin wird derzeit darüber entschieden, ob sich die Demokratisierung, Dezentralisierung und Ökologisierung in der Energieversorgung fortsett, oder ob wir zurückkehren zum Monopol.“ Geradezu dramatisch hört sich Carsten Körnigs Einschätzung der aktuellen Lage an. (Heinz Wraneschitz)

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