Wirtschaft

Adelshofen: Landwirt Johannes Dittert erntet auf einem Feld bei Adelshofen Melonen. Seit drei Jahren baut Dittert die exotischen Früchte an. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

03.09.2019

"Supersüß, superreif": die Bayern-Melone

Seit einiger Zeit gibt es Melonen original aus Bayern - und sie überraschen mit bestem Geschmack. Doch beim Anbau sind noch Probleme zu lösen.

Einige Kilo schwer und teils süß duftend sind die Früchte, die Johannes Dittert in seine Schubkarre hebt - in diesen Tagen die letzten dieser Saison: original oberbayerische Wassermelonen, aber auch Netz- und Honigmelonen.

Wie der 29-jährige Nebenerwerbslandwirt aus Luttenwang im Landkreis Fürstenfeldbruck wagen laut Deutschem Bauernverband bereits einige Anbauer in Bayern wie auch in anderen Bundesländern wie Brandenburg und Rheinland-Pfalz den Versuch und bauen die subtropische Frucht an. Die gestiegenen Temperaturen erleichtern den Anbau von Pflanzen aus wärmeren Gefilden. Teils helfen Folientunnel, dass die Melonen genug Wärme haben. Zudem fragen die Käufer immer mehr nach regionalen Produkten.

"Melonen gehören zu den Kürbisgewächsen und können generell in unserem Klima angebaut werden", sagt der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Udo Hemmerling. "Besser gedeihen sie aber bei uns im Gewächshaus." Spanien oder Italien hätten es da klimatisch leichter. "Deshalb ist aus wirtschaftlichen Gründen der Melonenanbau bei uns nicht verbreitet."

Auch die Versuche kosten Lehrgeld


Auch die Versuche kosten Lehrgeld. Dittert etwa setzte im ersten Jahr die Pflanzen zu spät aus, "weil wir Angst vor dem Frost hatten", sagt er. "Dann sind sie zu spät reif geworden." Nämlich im Herbst - wenn anderswo schon die Kürbisse liegen. "Dann will jeder Kürbissuppe essen - und niemand mag mehr Melone." Es sei nun mal eine Sommerfrucht. "Es war keine schlechte Ernte, aber es gab keine Abnehmer." Im vergangenen Jahr setzte er die Pflanzen früher aus - dafür erwischte sie der Frost. Dieses Jahr lief es gut: Rund 3000 bis 4000 Melonen konnte Dittert ernten - und bekam für sie viel Lob.

"Sie waren supersüß, sie waren superreif - so wie man es sich im Supermarkt wünscht und wie man es aus dem Urlaub kennt", sagt Markus Drexler vom Bayerischen Bauernverband, der Ditterts Melonen kürzlich selbst begutachtete. "Ich glaube, dass der kurze Weg und die Ernte zum richtigen Zeitpunkt eine Rolle spielen." Denn Ditterts Melonen müssen nicht auf einem langen Transportweg nachreifen - er erntet sie, wenn sie tatsächlich reif sind. Kurze Wege sind nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern sorgen laut Experten auch für besseren Geschmack.

Dittert führt den Erfolg seines Anbauversuchs nicht vordringlich auf die global steigenden Temperaturen zurück. "Es ist eher der Endverbraucher, der das beeinflusst." Die Kunden wünschten regionale Produkte. Hinzu komme mehr Offenheit seitens der Bauern: "Man traut sich jetzt solche Dinge eher. Man hätte vor 15 oder 20 Jahren gar nicht daran gedacht, dass es funktionieren könnte."

Im Freiland und ohne Folientunnel experimentierte bereits im zweiten Jahr die Bayerische Landesanstalt für Gartenbau in Bamberg. "Der Anbau wäre für sehr viel mehr Landwirte und Gärtner möglich, wenn es im Freiland ginge und man keinen Tunnel bauen müsste", sagt Gartenbauingenieurin Birgit Rascher, die in Bamberg für den Versuch zuständig ist. Im ersten Jahr probierten sie und ihre Kollegen es mit Strohmulch rund um die Pflanzen. Aber: "Das hat uns den Boden zu kalt gemacht." Dieses Jahr ließen sie den Mulch weg - damit war der Boden wärmer. Doch im Zusammenspiel mit der Bewässerung breitete sich ein Pilz in den Wurzeln aus. "Wir konnten einen Großteil nicht ernten. Aber die Melonen, die reif geworden sind, waren sehr, sehr gut."

Viele Bauern suchen nach Einkommensalternativen


Grundsätzlich steige bei Bauern und Gärtnern das Interesse an regionalem Anbau tropischer und subtropischer Pflanzen und Früchte. "Viele suchen nach Einkommensalternativen. Man macht sich viel Gedanken: Wie könnte ich mein Geld noch verdienen?"

Anbauversuche laufen auch mit anderen Pflanzen, etwa mit Süßkartoffeln und Ingwer. "Die Süßkartoffel wird bei uns sehr viel verzehrt - und geht auch vom Anbau her sehr gut", sagt Rascher. Es gebe eine Reihe von Betrieben, die erfolgreich die bisher vor allem in Indien, Asien, Afrika und den amerikanischen Südstaaten übliche Knolle anbauen. Unter anderem wachse die Süßkartoffel in Unterfranken und auf der Bodenseeinsel Reichenau.

Ein Versuch mit Kurkuma führte nicht weiter, weil die Wurzel ein ganzes Jahr zum Wachsen braucht. Mit Ingwer, der nach acht Monaten geerntet werden kann, ist die Landesanstalt hingegen bereits im zweiten Versuchsjahr. "Da ist die Nachfrage richtig groß. Ich bekomme viele Anrufe, in denen Gärtner und Bauern fragen: Wie geht das?" sagt Rascher. Bisheriges Ergebnis: "In geheizten Gewächshäusern läuft er richtig gut. Nur: Wir können ihn nicht zu dem Preis produzieren, wie er importiert wird."

Das bleibt die Schwierigkeit auch bei der Melone. "Wegen der relativ hohen Arbeitskosten in Deutschland - Stichwort Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte - erscheint ein heimischer Melonenanbau nur begrenzt wettbewerbsfähig", sagt Udo Hemmerling vom Deutschen Bauernverband.

Somit wird wohl die Bereitschaft der Verbraucher, für Regionalität tiefer in die Tasche zu greifen, darüber entscheiden, ob Exoten aus heimischem Anbau künftig in den Lebensmittelläden zu finden sind.
(Sabine Dobel, dpa)

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