Wirtschaft

vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt im Gespräch mit Enikö Györi, Staatssekretärin für EU-Angelegenheiten im Außenministerium der Republik Ungarn. (Foto: vbw)

28.01.2011

Ungarn will EU-Erweiterung vorantreiben

Parlamentarischer Abend der vbw in Brüssel zur ungarischen Ratspräsidentschaft und der europäischen Donauraumstrategie

Auf Einladung von Randolf Rodenstock, Präsident der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, und Bayerns Europaministerin Emilia Müller (CSU) diskutierten in der bayerischen Vertretung in Brüssel Vertreter der bayerischen und ungarischen Wirtschaft über Ziele und Schwerpunkte der aktuellen Ratspräsidentschaft. „Wir hoffen, dass sich die neue Ratspräsidentschaft für einen leichteren Zugang zu Märkten auch außerhalb der EU einsetzt“, sagte Rodenstock. Weiteres Ziel müsse es sein, Umweltvorschriften intelligent und marktorientiert umzusetzen sowie den Zugang von kleinen und mittleren Unternehmen zum Risikokapitalmarkt zu erleichtern, erklärte der vbw-Präsident.
Gleichzeitig betonte Rodenstock die große Bedeutung, die eine integrierte Industriepolitik und der Single Market Act für die Unternehmen in Europa haben. Die Europäische Kommission sei hier auf dem richtigen Weg, der auch unter ungarischer Präsidentschaft weiter beschritten werden müsse. „In diesem Zusammenhang ist die von der EU geplante neue Mehrwertsteuer-Strategie für unsere Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Sie erhoffen sich davon weniger Bürokratie und eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU“, erklärte Rodenstock.
Zentrales Thema ist nach den Worten des vbw-Präsidenten zudem die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik. „Wir brauchen eine sichere, bezahlbare und klimagerechte Energieversorgung in Europa.“ Die Europäische Union müsse Rahmenbedingungen für einen wettbewerbsorientierten europäischen Energiemarkt an Stelle nationaler Alleingänge setzen, betonte Rodenstock.
Der Co-Präsident des ungarischen Arbeitgeber- und Industrieverbands MGYOSZ, Peter Vadász, stellte seinerseits die Wichtigkeit eines europäischen Energiemarkts heraus. Aus ungarischer, aber auch aus gesamteuropäischer Sicht stünden Wirtschaftswachstum und der Kampf gegen Arbeitslosigkeit im Vordergrund.
Erweiterung des Schengen-Raums
Nach den Worten von Europaministerin Müller werden in den nächsten Monaten unter ungarischer Ratspräsidentschaft wichtige Entscheidungen für Europa fallen: „Ob Sicherung eines dauerhaft stabilen Euro, erste Weichenstellungen für den EU-Haushalt nach 2013, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit oder Sicherung der Energieversorgung – die Herausforderungen sind groß.“ Umso wichtiger sei es, dass die Staatsregierung und die bayerische Wirtschaft gemeinsam an einem Strang ziehen, „um so früh wie möglich ein Höchstmaß an bayerischen Interessen in Europa durchzusetzen“.
Als Schwerpunkte der ungarischen Ratspräsidentschaft nannte Enikö Györi, ungarische Staatssekretärin für EU-Angelegenheiten, die Bereiche Wachstum und Beschäftigung. Eine gesunde Volkswirtschaft sei notwendig, so Györi, aber noch nicht genug. Der Ausweg aus der Krise ist ihrer Ansicht nach an der Erholung der Realwirtschaft zu messen und an den Arbeitsplätzen, die dadurch geschaffen werden. „Wachstum ohne Arbeitsplätze ist ein nutzloses Wachstum.“
Zu den ungarischen Prioritäten gehören darüber hinaus Maßnahmen zur Umsetzung der europäischen Bürgerinitiative, die es den Bürgern ermöglichen soll, direkt EU-Gesetze vorzuschlagen sowie die Unterstützung der Erweiterung des Schengen-Raums auf Rumänien und Bulgarien sowie die Förderung der historisch gewachsenen, kulturellen Vielfalt Europas.
Gleichzeitig sprach sich Györi auch für eine Erweiterungspolitik der EU in Richtung Balkan aus. Kroatien, Montenegro, Mazedonien, Serbien und die Türkei würden den EU-Beitritt anstreben. Für die Staatssekretärin ist die lange Warteliste Beweis für die Anziehungskraft der EU und sollte Grund für Vertrauen und nicht etwa Sorge sein. „Wir möchten ihre Sache vorantreiben.“
Besonderes Augenmerk werde unter ungarischer Ratspräsidentschaft auch auf die Integration der Roma gelegt. „Die EU muss eben auch ein Herz haben und nicht nur Geld. Wir hoffen, bis zum Ende der ungarischen Präsidentschaft über einen europäischen Rahmen für den Umgang mit dem Volk der Roma zu verfügen, der notleidendsten sozialen und ethnischen Gruppe Europas.“
In der Podiumsdiskussion legte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt den Fokus auf den Wirtschaftsraum entlang der Donau. Mit gemeinsamer Anstrengung gelte es, der Konkurrenz in Asien und Südamerika zu trotzen. Im Vordergrund stünden die Themen Arbeitsmarkt und Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Gleichzeitig machte Brossardt aber auch deutlich, dass eine Donauraumstrategie nur Sinn hat, wenn sie in einer globalisierten Welt auch Vorteile bringt. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass 25 Prozent der bayerischen Importe aus der Donauregion kommen.
Europaministerin Müller wies auf die große Bedeutung hin, die insbesondere Bildung und Ausbildung für die Entwicklung des Donauraums haben. „Anhand der Bildung wird man sehen, wie sich diese Region entwickelt.“
Für Michael Theurer, Europaabgeordneter der FDP, kann die Donauraumstrategie nur erfolgreich sein, wenn mit ihr auch die Herzen der Menschen erreicht werden. Gleichzeitig sei dieser „natürliche Wirtschaftsraum“ geradezu dazu prädestiniert, die „unnatürliche Trennung“ durch den Eisernen Vorhang überwinden zu helfen.
Emma Udwin aus dem Kabinett von Kommissar Hahn legte Wert auf die Feststellung, dass die Donaustrategie der Europäischen Kommission nicht gegen, sondern nur mit den beteiligten Regionen entwickelt werde und es insbesondere auch von den beteiligten Ländern abhängt, ob diese Strategie erfolgreich sein wird oder nicht. Ziel sei es, eine Win-win-Situation für alle Anrainer zu schaffen.
Nach Györis Ansicht wird diese Strategie neben wirtschaftlichen Aspekten auch starke politische und kulturelle Auswirkungen haben. Sie werde die EU um eine spezielle, mitteleuropäische Dimension, eine eigene Identität des Donauraums, bereichern. „So wie der Rhein für die europäische Einheit steht die Donau für die Erweiterung dieser Einheit. Und beide stehen sie für die Völkerversöhnung.“
(Friedrich H. Hettler)

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