Wirtschaft

Die drei Mahner vor Basel III (v.l.): Erhard Gschrey, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbands Bayern, Heinrich Traublinger, Präsdent des Bayerischen Handwerkstags und Theo Zellner, Präsident des Sparkassenverbands Bayern. (Foto: BSZ)

07.09.2012

Verdammt gut aufpassen

Handwerk, Genossenschaftsverband und Sparkassen fordern, dass Basel III nicht zur Verknappung von Mittelstandskrediten führen darf

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz haben der Bayerische Handwerkstag (BHT), der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) und der Sparkassenverband Bayern ein Positionspapier zur Umsetzung von Basel III in Europa und den Auswirkungen auf die Finanzierung von Handwerksbetrieben und mittelständischen Unternehmen vorgestellt.
Basel III ist die Antwort auf die notwendige Stabilisierung der Finanzmärkte nach den Erfahrungen während der Finanzkrise in den Jahren 2008/2009. Vordergründig ein bankinternes Thema, so BHT-Präsident Heinrich Traublinger, betrifft Basel III in seiner Konsequenz neben den Sparkassen und Genossenschaftsbanken, „die sogar krisenmindernd agiert hatten“, vor allem mittelständische Kreditnehmer und „damit ausgerechnet jene Parteien, die die Finanzkrise nicht ausgelöst hatten“, so Traubliner.
„Wenn ein Autohersteller das Nachfolgemodell einer beliebten Baureihe präsentiert, sind die Verbraucher immer schon ganz gespannt, welche Neuerungen und technischen Highlights das neue Modell wohl bieten wird. Wenn dagegen in Basel neue Vorschläge zur Bankenregulierung erarbeitet werden, kann von Vorfreude keine Rede sein.“
Durch Basel III darf es laut Traublinger keine Verteuerung beziehungsweise Verknappung von Krediten für kleine und mittlere Unternehme geben. Denn diese Unternehmen hätten während der Wirtschafts- und Finanzkrise in Deutschland Auftragsreserven mobilisiert und ihre Belegschaften nur in geringem Maße in die Kurzarbeit geschickt. Der Exporteinbruch habe gezeigt, wie dringend Deutschland den Mittelstand als Stabilitätsanker für die Binnenkonjunktur braucht. „Damit dies so bleibt, dürfen sich die Finanzierungsbedingungen für unsere Betriebe durch Basel III nicht verschlechtern.“
Gleichzeitig forderte er, dass die Umsetzung von Basel III in internationaler Abstimmung erfolgen muss. „So haben zum Beispiel die USA als Hauptverursacher der Basel II-Reformen diese bis heute nicht umgesetzt.“
Wie Traublinger wandte sich auch der Präsident des Sparkassenverbandes Bayern, Theo Zellner, gegen eine höhere Kapitalbelastung für das mittelständische Kreditgeschäft. „Denn gerade im deutschen Mittelstand zeigt sich eine jahrzehntelange stabile Risikostruktur. Es wäre ein Katastrophe, wenn am Schluss der Mittelstand für die Fehlspekulationen von Investmentbanken büßen müsste.“ In Krisen habe sich besonders gezeigt, dass der Mittelstand das Rückgrat der Volkswirtschaft bildet. Man müsse „verdammt gut aufpassen, dass jetzt nicht Dinge kaputtgemacht werden, die uns vor der Krise bewahrt haben“, betonte Zellner, der in Basel III eine „bemerkenswerte Auseinandersetzung der Kapitalmärkte gegen die normale Kreditwirtschaft“ sieht.
Eine Studie der Bundesbank zeige jetzt, so Zellner, dass „ über Basel II hinausgehende Entlastungen bei KMU-Krediten fachlich begründet sind. Insofern gibt es auch überhaupt keine Veranlassung, Mittelstandskredite mit höheren Eigenkapitalquoten zu unterlegen.“ Der Sparkassen-Präsident wies darauf hin, dass Unternehmenskredite die Finanzkrise nicht ausgelöst haben. „Mittelständische Unternehmen haben die Krise nicht verursacht, sondern sogar wesentlich geholfen, sie zu bewältigen. Wir können deshalb nicht nachvollziehen, dass als Folge der Finanzkrise ausrgerechnet langfristige Finanzierungen, auf die Mittelständler angewiesen sind, erschwert werden sollen.“ Die Langfristorientierung gehöre zu den Stärken und begründe die Solidität Deutschlands. Für Zellner wäre es geradezu aberwitzig, dies jetzt durch Basel III zu ändern und die Zinsänderungsrisiken auf kleine Betrieb und Häuslebauer zu verlagern.
Gleichzeitig sprach sich Zellner für eine Absenkung des Risikogewichts für Mittelstandskredite aus, da mit einer solchen Reduktion von 75 auf 50 Prozent dem Verteuerungseffekt durch die pauschale Erhöhung der geforderten Eigenkapitalunterlegung entgegen gewirkt werden kann.
Vom Grundsatz her unterstütze der Genossenschaftsverband Bayern die Regelungen zu Basel III, dass Banken künftig sowohl qualitativ als auch quantitativ mehr Eigenkapital vorhalten müssen, erklärte Erhard Gschrey, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GVB. „Wir fordern allerdings, dass dies risikoorientiert und durch keine pauschale Gleichmacherei erfolgt.“ Kredite, die ursächlich für die Finanzmarktkrise waren, sollten auch mit mehr Eiegenkapital unterlegt werden. Umgekehrt dürften Kredite, die nachweislich nicht die Krise ausgelöst haben, nicht mit einer höheren Eigenkapitalunterlegung bestraft werden (zum Beispiel Mittelstandskreditgeschäft oder Wohnhausfinanzierungen). Brüssel soll umdenken
Gschrey wehrte sich auch dagegen, dass nun mit den Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen diejenigen die Zeche in Form von Basel III zahlen sollen, die die Krise nicht verursacht haben. „Wenn die politischen Akteure in Brüssel sich hier nicht besinnen, dann hat das auch negative Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen der Handwerksbetriebe und mittelständischen Unternehmen“, sagte Gschrey und forderte: „Kredite an die mittelständische Wirtschaft dürfen sich nicht verteuern.
Das vorzuhaltende Eigenkapital für das so genannte Retailgeschäft muss auf dem aktuellen Stand beibehalten werden. Dazu bietet sich an, die im Rahmen von Basel III vorgesehene Erhöhung der Eigenkapitalunterlegung für Mittelstandskredite durch entsprechende Maßnahmen zu neutralisieren.“
(Friedrich H. Hettler)

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