Wirtschaft

Industrie 4.0 ist ein Bereich, in dem die bayerische Wirtschaft schon heute international sehr gut mithalten kann. (Foto: Siemens)

10.07.2015

Was Bayern morgen braucht

Neue Herausforderungen wie Digitalisierung und Globalisierung erfordern jetzt neue Weichenstellungen

Auf dem Kongress „Was Bayern morgen braucht“ hat Alfred Gaffal, Präsident der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., eine neue Studie und Handlungsempfehlungen des Zukunftsrats der bayerischen Wirtschaft zum Standort Bayern vorgestellt. Die Untersuchung analysiert das bisherige Konzept des Freistaats und gibt einen Überblick über die technologischen Entwicklungen der kommenden fünf bis zehn Jahre. „Die Studie bestätigt, dass Bayern im internationalen Wettbewerb gut aufgestellt und technologisch führend ist. Das verdanken wir vor allem einem starken, innovativen Unternehmertum. Die gute Ausgangssituation ist aber kein Garant für eine erfolgreiche Zukunft, gerade für ein rohstoffarmes Land mit vergleichsweise hohen Arbeitskosten. Wie die Weichen für die nächsten Jahre richtig gestellt werden, hatte die vbw bereits in ihrer Agenda 2020 formuliert“, erklärte vbw Präsident Gaffal. „Um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und den Wohlstand Bayerns langfristig zu sichern und auszubauen, müssen wir die Herausforderungen durch Digitalisierung, Globalisierung, demografischen Wandel sowie Energie-, Ressourcen- und Klimafragen positiv gestalten. Der Zukunftsrat gibt detaillierte Empfehlungen, wie die Rahmenbedingungen für Innovationen verbessert und die unternehmerische Eigenverantwortung gestärkt werden können. Die Handlungsempfehlungen umfassen auch Impulse zur Überwindung von Grenzen zwischen Branchen und Technologien und für neue Formen der Kooperation. Zudem zeigt der Zukunftsrat Ansätze zur Umsetzung der Digitalisierung als zentraler Treiber in allen Bereichen, zur Stärkung des Gründerlands Bayern sowie zur Förderung unternehmerischen Wachstums und Wertschöpfung“, so Gaffal.
In der Studie zeigt sich auch klar, dass der Kraftwagen- und der Maschinenbau bei Produktion und Exporten die mit deutlichem Abstand wichtigsten Branchen im Freistaat sind. „Diese bayerische Kompetenz müssen wir erhalten und ausbauen. Eine solche Stärke ist aber auch mit einem gewissen Klumpenrisiko verbunden“, erläuterte Gaffal. Diese Konzentration mache die Branchen besonders anfällig für konjunkturelle Einbrüche. Darum müssten frühzeitig technologische Trends umgesetzt werden.

Es droht die Gefahr, den Anschluss zu verlieren


Den Anschluss zu verlieren droht Bayern Gaffal zufolge im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (ITK) sowie der Digitalisierung. Zwar seien die bayerischen Unternehmen stark in spezialisierten industrienahen Teilbereichen wie der Mess-, Steuerungs- und Regeltechnologie oder bei Embedded Systems. „Die IT-Standards in strategischen Feldern werden aber anderswo gesetzt, zum Beispiel in den USA oder in Ostasien. Aber wir können den Anschluss gewinnen, wenn wir uns vernünftig anstrengen“, so der vbw Präsident.
Gerade vor dem Hintergrund der immer wichtiger werdenden Industrie 4.0 forderte Gaffal die Politik auf, die Rahmenbedingungen für Innovationen zu verbessern. „Wir brauchen eine Kultur des Ermöglichens und nicht des Verhinderns“, mahnte er in Richtung Politik.
Dem pflichtete Professor Wolfgang Herrmann, Präsident der Technischen Universität München (TUM) bei: „Es muss seitens der Politik alles getan werden, um den unternehmerischen Spirit zur Grundeinstellung in der Gesellschaft zu machen.“ Die junge Generation sei flexibler und mobiler und sie traue sich mehr. „Wir müssen ihnen helfen, wenn sie ein Unternehmen gründen wollen“, so Herrmann. Mit Blick auf den „gnadenlosen internationalen Wettbewerb“ forderte er mehr Verschränkung, sprich Interdisziplinarität. Der TUM-Präsident mahnte auch, dass die Bevölkerung gezielt eingebunden werden muss: „Wir müssen relevantes Wissen vermitteln, damit die Menschen Neues solide bewerten können.“ Nur so stehe auch der gesamtgesellschaftliche Erfolg von Innovationen in Aussicht.

Bayern hat Probleme bei der Unternehmensfinanzierung

Schwächen hat Bayern laut Studie der Prognos AG auch bei der Finanzierung von Unternehmensgründungen und der Unterstützung für die Entwicklung neuer Produkte bis zur Marktreife. „Die Gründerzahlen in Bayern sind seit Jahren rückläufig“, erläuterte Gaffal. „Sehr hohen Handlungsbedarf“ bescheinigen die Prognos-Gutachter auch bei der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie in der Verkehrstechnologie. Eine gute Position dagegen sehen die Fachleute unter anderem bei Energiesystemen, Biotechnologie und Medizintechnik.
Der Zukunftsrat der vbw empfiehlt deswegen eine Reform der staatlichen Technologieförderung. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) kündigte an, diese reformieren zu wollen. Ein wesentlicher Punkt: Zuschüsse des Freistaats sollte es nach Meinung der Wirtschaft nicht mehr nur für spezifische Produkte geben. „Heute sollte man Systeme fördern“, sagte vbw-Präsident Gaffal. Wirtschaftsministerin Aigner will die Anregung aufnehmen: „Wir müssen bei Zukunftstechnologien und Innovation entschieden am Ball bleiben.“
Wirtschaftsministerin Aigner betonte aber auch: „Damit die Technologieförderung den aktuellen Erfordernissen gerecht wird, haben wir bereits eine Evaluierung unserer Technologieprogramme gestartet.“ Außerdem sollen nach dem Vorbild von WERK1.Bayern in München in allen Regierungsbezirken des Freistaats Gründerzentren aus- und aufgebaut werden. Aigner will sich mit ihrem Ministerium auch darum bemühen, etablierte Unternehmen und Start-ups zusammenzubringen. Deren Kooperation noch gezielter zu unterstützen sei für Produkt- und Dienstleistungsinnovationen sehr wichtig.
Um dem Thema Innovation noch mehr Bedeutung zu verleihen, will die Wirtschaftsministerin auch beim „Innovationspreis Bayern“ eine Sonderkategorie „Kooperation Start-ups – etablierte Unternehmen“ einführen. „Am Ende ist bei all dem auch mein Ziel: Wenn ein erfolgreiches Start-up aufgekauft wird, sollte das doch möglichst durch inländische Unternehmen geschehen. Die bayerischen Unternehmen, große und kleine, sollen gemeinsam wachsen“, betonte Aigner. Sie betonte, dass Bayern, im Gegensatz zum bei Gründern „hippen“ Berlin, mit den Unternehmen punkten kann, die den Gründern ein wirtschaftliches Umfeld bieten können. „In Berlin gibt es diese Vielfalt an Unternehmen nicht“, so die Ministerin.
(Ralph Schweinfurth)

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