Wissenschaft

Förster Christoph Riedel misst bei der Waldinventur im steilen Bergwald mit der Kluppe einen Totholz Baumstamm. (Foto: dpa/Angelika Warmuth)

14.10.2021

Wie Totholz den Kohlenstoff-Kreislauf beeinflusst

Bayreuther Biolog*innen untersuchen Geschwindigkeit und Ursachen in 55 Wald-Standorten auf sechs Kontinenten

Weltweit bewirken klimatische Einflüsse, Insekten und andere Gliederfüßer sowie Mikroorganismen eine ständige Zersetzung von Totholz. Dieser natürliche Abbau setzt erhebliche Mengen von Kohlenstoff in die Umwelt frei und hat daher großen Einfluss auf den Kohlenstoff-Kreislauf der Erde. Dies belegt eine neue, in dem Fachmagazin Nature veröffentlichte Studie. In 55 Wald-Standorten auf sechs Kontinenten wurden Geschwindigkeit und Ursachen des Totholz-Abbaus untersucht. Andreas und Claudia Hemp von der Universität Bayreuth haben in diesem Rahmen den Totholz-Abbau in verschiedenen Klimazonen am Kilimandscharo erforscht.

Die beiden Biologen, die eine Forschungsstation am Kilimandscharo leiten, haben gemeinsam mit tansanischen Partner*innen zwei Waldflächen untersucht: eine Baumsavanne am Bergfuß des Kilimandscharo in 1000 Metern Höhe, wo die mittlere Jahrestemperatur bei 23,9 Grad Celsius liegt, und einen Bergwald in 1600 Metern Höhe. Hier ist es erheblich kühler, die mittlere Jahrestemperatur beträgt 16,5 Grad Celsius.

Die höchsten Bäume Afrikas


Vor wenigen Jahren hat Andreas Hemp hier in einer Schlucht die höchsten Bäume Afrikas entdeckt. Wie sich bei den Messungen herausstellte, werden in der Baumsavanne jährlich etwa 21 Prozent des Totholzes auf natürlichem Weg abgebaut. Im etwas höher gelegenen Wald sind es hingegen nur 16 Prozent. Der Unterschied ist darin begründet, dass in der Savanne erheblich mehr Insekten, vor allem Termiten, sowie zahlreiche andere Gliederfüßer (Arthropoden) heimisch sind. Sie dringen in das Totholz ein und leben von den darin enthaltenen Nährstoffen. In der Savanne gehen jährlich fast 30 Prozent des Totholzabbaus auf Insekten und andere Gliederfüßer zurück, im Bergwald ist ihr Einfluss hingegen nicht signifikant. Diesen Unterschied haben die Forschenden festgestellt, indem sie auf beiden Untersuchungsflächen Totholz aufgeschichtet und in käfigartige undurchdringliche Netze eingehüllt haben. Unter den Netzen wurde der natürliche Holzabbau durch klimatische Einflüsse und Mikroorganismen, aber nicht durch Gliederfüßer vorangetrieben.

Auch an allen anderen Wald-Standorten, die im Rahmen der weltweiten Studie untersucht wurden, dienten käfigartige Netze der Isolation des Totholzes von Insekten, Käfern und anderen Gliederfüßern. „Unsere Untersuchungen belegen die wichtige Rolle des Zusammenwirkens von Klima und Gliederfüßern beim Totholz-Abbau in den Tropen. In einer weiteren Studie haben wir am Kilimandscharo beobachtet, dass die Totholz-Vorräte in mittleren Höhenlagen – also zwischen 1500 und 3000 Metern – deutlich höher liegen als weiter unten in der Baumsavanne. Hier finden Termiten, Käfer und andere Insekten offensichtlich besonders günstige Lebensbedingungen vor. Zugleich werden größere Totholzmengen in der Baumsavanne auch vom Menschen als Brennmaterial genutzt.

Große Bedeutung für die tropischen Bergwälder

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die meisten Regenfälle am Kilimandscharo über den mittleren Höhenlagen niedergehen. Daher können Bäume hier sehr gut gedeihen, sodass auch aus diesem Grund die oberirdische Holzbiomasse – und somit auch die Menge des Totholzes – hier ihr Maximum erreicht“, sagt Biologe Hemp.

Vor Kurzem hat er auch an einer Studie mitgewirkt, die deutlich macht, welche große Bedeutung die tropischen Bergwälder Afrikas als Kohlenstoff-Speicher der Erde haben. Die oberirdische Biomasse dieser Bergwälder leistet einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz. „Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass in den klimatisch unterschiedlichen Regionen des Kilimandscharo bis zu 37 Prozent der oberirdischen Holzbiomasse aus Totholz besteht. Insofern ist auch Totholz ein nicht zu unterschätzender Kohlenstoff-Speicher,“ sagt der Bayreuther.

„Die gesamte Bergregion des Kilimandscharo ist deshalb so faszinierend, weil sie sich auf mehrere Klimazonen verteilt, in denen ganz unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten heimisch sind. Über das Zusammenwirken dieser Faktoren bei der Entstehung und dem Abbau von Totholz – und damit auch bei der Speicherung und Freisetzung von Kohlenstoff – ist im Einzelnen noch wenig bekannt. Hier sollten weitere Forschungsarbeiten ansetzen. Die Einflüsse der zunehmend intensiven Landnutzung durch den Menschen sollten dabei mitberücksichtigt werden,“ ergänzt seine Frau Claudia Hemp. (Christian Wissler)

 

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