Wissenschaft

Die Studie ist Teil des Forschungsschwerpunkts „Klimakommunikation, Einstellungs- und Verhaltensänderung“ am Institut für Psychologie der Uni Würzburg. (Foto: dpa/Richard Drew)

13.02.2023

Klimafreundlicher Streamen

Bisher braucht es gewaltige Rechnerkapazitäten und damit Energie, die selten Fällen aus erneuerbaren Quellen stammt

In den vergangenen Jahren hat das Video-Streaming deutlich zugenommen. Verbrachte jeder Deutsche im Jahr 2019 durchschnittlich noch 42 Minuten am Tag damit, Online-Videos auf Youtube, Netflix, Facebook oder anderen Plattformen anzusehen, waren es ein Jahr später bereits 55 Minuten – in der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen sogar 130 Minuten.

Für das Klima sind das schlechte Nachrichten, schließlich benötigt Streamen gewaltige Rechnerkapazitäten und damit Energie, die in den seltensten Fällen aus erneuerbaren Quellen stammt. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 machten Video-Streaming-Aktivitäten im Jahr 2018 rund 60 Prozent des weltweiten Datenverkehrs aus und verursachten damit den Ausstoß von 306 Millionen Tonnen CO2, was vergleichbar mit den jährlichen Emissionen Spaniens war.

Wie Nutzer*innen senken können: Das hat ein Team von Forschenden der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) untersucht. Verantwortlich dafür war Dr. Benedikt Seger, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Psychologie der JMU. In der Fachzeitschrift Journal of Consumer Policy hat das Team jetzt die Ergebnisse seiner Studie veröffentlicht.

„Wir haben über einen Zeitraum von sieben Wochen hinweg untersucht, wie Menschen beim Anschauen von Videos im Internet den CO2-Ausstoß reduzieren können“, erklärt Seger. Mit drei unterschiedlichen Ansätzen haben Seger und sein Team dabei versucht, die Nutzungsgewohnheiten der Streamer zu verändern.

 

Klimabilanz von Online-Videos

 

So haben sie die Teilnehmenden über die Klimabilanz von Online-Videos informiert und ihnen Wege aufgezeigt, diese Bilanz zu verbessern – beispielsweise durch den Umstieg vom Smart-TV auf den Laptop, durch die Auswahl einer geringeren Auflösung oder durch das Abschalten der Autoplay-Funktion. In einem zweiten Schritt haben sie für einige von ihnen ein CO2-Reduktionsziel von 20 Prozent festgelegt. Im dritten Schritt erhielt ein Teil der Studienteilnehmenden ein zusätzliches wöchentliches Feedback über ihre CO2-Bilanz beim Streamen und darüber, ob sie das vereinbarte Ziel erreicht hatten.

Das Ergebnis fiel eindeutig aus: „Es zeigte sich, dass bereits die Informationsvermittlung am Ende der ersten Woche zu einem Rückgang des CO2-Verbrauchs in den folgenden Wochen um bis zu 30 Prozent führte“, erklärt Seger. Im Unterschied dazu hatten die beiden folgenden Anstöße – das 20-Prozent-Reduktionsziel und das wöchentliche Feedback – keine zusätzliche Wirkung.

Verantwortlich für den Rückgang waren eine verringerte Streaming-Dauer als auch die Wahl geringerer Auflösungen. „Daraus schließen wir, dass Personen die Klimabilanz ihrer digitalen Aktivitäten verbessern können, wenn sie entsprechendes Problem- und Handlungswissen vermittelt bekommen und über ihre Aktivitäten eine Art Tagebuch führen“, sagt Seger.

 

Auch Streaming-Plattformen können ihren Beitrag leisten

 

Die Studie ist Teil des Forschungsschwerpunkts „Klimakommunikation, Einstellungs- und Verhaltensänderung“ am Institut für Psychologie der Uni Würzburg. Bereits im vergangenen Jahr hat das Team eine viel beachtete Untersuchung veröffentlicht, wonach Hinweise auf Speisekarten zum CO2-Fußabdruck der jeweiligen Menüs Menschen dazu bewegen, häufiger zur klimafreundlicheren Alternative zu greifen. „Mit der jetzt publizierten Studie wollen wir den Fokus des öffentlichen Klima-Diskurses stärker als bisher auf digitale Lebensbereiche lenken“, sagt der Psychologe.

Seger sieht die Verantwortung allerdings nicht allein bei den Nutzerinnen und Nutzern. Vielmehr können seiner Meinung nach auch die Plattform-Anbieter einen wesentlichen Beitrag zum Energiesparen leisten, indem sie beispielsweise klimafreundliche Standard-Einstellungen festlegen. Wer dann die jeweilige Website aufruft oder eine App öffnet, würde die Videos prinzipiell in einer niedrigen Auflösung angezeigt bekommen. Für eine höhere Qualität muss der User selbst aktiv werden. Auch eine deaktivierte Autoplay-Funktion sollte Teil dieser Standard-Einstellungen sein. Dann würde nicht nach dem Ende des einen Films automatisch und sofort der nächste starten.

„Noch wirksamer wäre freilich die Umrüstung der Rechenzentren auf erneuerbare Energien“, sagt Seger. Dafür müssten allerdings lokale, nationale und internationale Entscheidungsgremien günstige Rahmenbedingungen setzen. (BSZ)

 

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