Wissenschaft

Ein Arzt markiert den Bereich für einen Tumor-Querschnitt an einer Prostata bei einer Roboter-assistierten Prostata-Operation. (Foto: dpa/Christian Charisius)

12.01.2023

Künstliche Intelligenz in der Tumorforschung

Langfristiges Ziel ist die Planung individueller Therapien

Mit künstlicher Intelligenz sollen Daten von Tumorpatient/innen so aufbereitet werden, dass sie sowohl die Grundlagenforschung als auch die Planung individueller Therapien unterstützen können. Das ist das Ziel eines gemeinsamen Projektes von Forschenden der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Uniklinikums Erlangen. Hancock so der Name des Vorhabens, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die kommenden 1,5 Jahre mit 250 000 Euro gefördert.

Klinische Daten sind wahre Schätze, die häufig nicht gehoben werden – auch weil sie selten in offenen und standardisierten Formaten vorliegen. Zwar werden Ergebnisse medizinischer Bildgebung oder Laborwerte in Pilotprojekten bereits erfolgreich von selbstlernenden Algorithmen analysiert und genutzt, um ärztliche Entscheidungen zu unterstützen. „Es gibt jedoch Informationen, die deutlich schwerer auszuwerten sind“, sagt Prof. Dr. Andreas Kist, Spezialist für Artificial Intelligence in Communication Disorders an der FAU. „Ein Beispiel dafür sind Arztbriefe und andere Freitexte in klinischen Dokumentationen.“

 

Deutschlandweit einmalige Datenbasis


Gemeinsam mit PD Dr. Antoniu-Oreste Gostian, Geschäftsführender Oberarzt der HNO-Klinik, und Dr. Markus Eckstein vom Pathologischen Institut des Uniklinikums Erlangen will Andreas Kist auch solche unstrukturierten Informationen nutzbar machen. Im kürzlich gestarteten Projekt „HANCOCK“ soll ein umfassender multimodaler Datensatz entstehen, der die Erforschung und Therapie von Kopf-Hals-Tumoren auf eine neue Stufe hebt. „Trotz aller Bemühungen der modernen Onkologie ist die Prognose von Kopf-Hals-Krebs nach wie vor schlecht, die Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt lediglich bei 40 bis 50 Prozent“, erklärt Kist. Obwohl die Immuntherapie sich zu einer wichtigen therapeutischen Säule entwickelt habe, fehle es nach wie vor an zuverlässigen prädiktiven Biomarkern.

Das Projektteam stützt sich auf eine Datenbasis, die in Deutschland vermutlich einmalig ist. Von rund 800 Patientinnen und Patienten mit Kopf-Hals-Tumorerkrankungen, die seit den frühen 2000er Jahren an der HNO-Klinik des Uniklinikums Erlangen behandelt wurden, liegen vollständige Informationen in drei zentralen Bereichen vor: klinische Berichte mit demografischen und klinischen Daten, Daten aus Blutproben und gefärbte Tumorgewebeproben für spezifische histopathologische Analysen. In einem ersten Schritt wollen die Forscher die vorliegenden Bilddateien konsistent annotieren und in Dateiformate konvertieren, die von gängigen Open-Source-Programmen verarbeitet werden können.

 

Digitaler Zwilling für personalisierte Therapie


Eine der größten Herausforderungen des Projektes ist die Verwertung der klinischen Berichte. Sie werden für maximale Interoperabilität als Klartexte gespeichert, zugleich entwickelt Andreas Kist selbstlernende Algorithmen, die wichtige Details aus den Texten extrahieren und für vergleichende Analysen nutzbar machen sollen. „Die Deskriptionen enthalten wertvolle Informationen – nicht nur zur Anamnese, sondern auch zu Begleitumständen, zu familiären Vorbelastungen oder sonstigen Prädiktoren“, sagt der KI-Experte. „Ein Abgleich dieser unstandardisierten und unstrukturierten Informationen etwa mit Tumorschnitten oder Blutwerten könnte der Krebsforschung neue Impulse geben.“

Kist verortet diese Impulse einerseits in der onkologischen Grundlagenforschung, die anhand von Korrelationen innerhalb einer breiten Datenbasis zu neuen Erkenntnissen gelangen könnte. Zugleich sollen diese Erkenntnisse unmittelbar in die individuelle Therapeutik einfließen: „Stellen Sie sich vor, Sie können aus den verschiedenen Patientendaten – von Laborwerten und histologischen Bildern über Therapieverläufe und Überlebensraten bis hin zu Alter, Lebensgewohnheiten, familiärem Hintergrund und Vorerkrankungen – belastbare Muster ableiten. Dann erhalten Sie für künftige Patienten und Patientinnen eine Art digitalen Zwilling, der für personalisierte Behandlungspläne herangezogen werden könnte.“ Die Präzisionsonkologie, so Kist, sei auf zuverlässige prädiktive Biomarker angewiesen – und für die wiederum brauche es gut organisierte, umfassende und klinisch fundierte Datensätze. 

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