Bauen

Rund drei Tage bedurfte es, die fast 100 Tonnen schwere und damit aktuell die weltgrößte Rotorwelle eines Einphasen-Generators im Pumpspeicherkraftwerk Langenprozelten vom Spezialtransporter bis zum Turbinen-Flansch umzusetzen und zu montieren. (Foto: Jan Kiver)

30.03.2016

Weltgrößte Rotorwelle kommt in Unterfranken an

Pumpspeicherkraftwerk Langenprozelten der Donau-Wasserkraft AG wird ertüchtigt

Zentimeter für Zentimeter manövrierte die schwere vierachsige LKW-Zugmaschine einer nordrhein-westfälischen Spezialtransportfirma den 26 Meter langen 12-Achser mit ihrer wertvollen Fracht an deren künftigen Arbeitsplatz in der Maschinenhalle des Pumpspeicherkraftwerks Langenprozelten. Wie ein Schiffsverband wurde der rund 150-Tonnen-Schwerstlasttransport auf seiner rund 770 Kilometer langen Fahrt von Weiz in der Steiermark (Österreich) nach Langenprozelten im bayerischen Landkreis Main-Spessart von Begleitfahrzeugen und der Polizei eskortiert. Die Vorbereitungen bis zur Aus- und Anlieferung dauerten etwa zwei Jahre. Dreieinhalb Tage war das 30-Meter-Gespann unterwegs und transportierte die mit 100 Tonnen weltgrößte Rotorwelle, die Andritz Hydro für einen Einphasen-Bahnstromgenerator hat schmieden und bearbeiten lassen. Weitere drei Tage leisteten die Spezialisten von Andritz zusammen mit dem Turbinenlieferanten Voith und den Uniper-Mitarbeitern des Pumpspeicherkraftwerks Langenprozelten Präzisionsarbeit, um das Herzstück auf den Turbinenflansch zu bugsieren.

In der Saarschmiede gefertigt


Gefertigt wurde das Werkstück aus einem rund 250 Tonnen schweren Stahlklotz in der Saarschmiede im Saarland. Unter mehrmaligem Aufheizen auf etwa 1700 Grad Celsius erhielt die hochfeste, mit elektromagnetischen Eigenschaften ausgestattete Spezialstahllegierung ihre Grundform mit einem eckigen Mittelteil und runden Achsen. Dabei verlor das Formstück durch Quetschen unter starkem Druck in einer 1000-Tonnen-Presse gute 100 Tonnen Gewicht. Solchermaßen verschlankt ging der Rohling im vergangenen Frühjahr auf die gut 700 Kilometer lange Italienreise in die Nähe von Mailand. Dort erhielt die Rotorwelle durch monatelanges Präzisionsfräsen und -drehen ihre jetzige 7,35 Meter lange Form und speckte nochmals 50 Tonnen Material ab. Das rund 3,2 Meter lange, quadratische Rotor-Mittelteil misst zwei auf zwei Meter. Anschließend erfolgte im Herbst letzten Jahres der Rücktransport zur weltweit tätigen ANDRITZ HYDRO in Weiz. Im Pumpspeicherkraftwerk Langenprozelten wurde die Welle nach dem Abladen vom Spezialtransporter in dreitägiger Präzisionsarbeit für den Einbau vorbereitet, in die Vertikale gebracht und mit größter Vorsicht in das neue Generatorgehäuse abgesenkt. Umschlossen wird die Rotorwelle durch vier neu gefertigte Pole aus Kupfer, die in den nächsten Wochen ebenfalls mit Spezialtransporten angeliefert werden. Mit ihrem Gewicht von jeweils 34 Tonnen stellen sie ebenfalls einen neuen Rekord auf, der sie für das Guinness-Buch der Rekorde prädestiniert.

So schwer wie ein vollbeladener Jumbo

Nach der Inbetriebnahme des ertüchtigten Turbo-Generatorsatzes im Sommer 2016 wird er mit 500 Umdrehungen in der Minute rotieren und Einphasenstrom für die Deutsche Bahn erzeugen. Jeder der vier Pole um den Rotor herum muss mit 27.000 Tonnen Kraft gehalten werden, was einem Gewicht von 70 vollbeladenen Großraumflugzeugen des Typs Boeing 747 entspricht. Entsprechende Fliehkrafttests mit 756 Umdrehungen in der Minute wurden vor der Auslieferung im werkseigenen Schleudertunnel von ANDRITZ HYDRO vorgenommen. Seit gut zehn Monaten (Mai 2015) unterzieht die Donau-Wasserkraft AG (DWK), ein Tochterunternehmen von Rhein-Main-Donau AG (99,25 Prozent) und Uniper (0,75 Prozent), ihr Pumpspeicherkraftwerk Langenprozelten im unterfränkischen Landkreis Main-Spessart einer intensiven Fitnesskur. Rund 56 Millionen Euro sind bis Ende 2017 vor allem für den Austausch der beiden Generatoren, die Revision der beiden Pumpturbinen und der sechs Kugelschieber (Absperrvorrichtungen) sowie in die im September 2015 erfolgreich abgeschlossene Ertüchtigung der Unterbecken-Abdichtung vorgesehen. Ziel der umfangreichen Arbeiten ist es, die Versorgung der Deutschen Bahn mit Spitzenstrom zu den Rushhour-Zeiten im Bahnverkehr auch die nächsten Jahrzehnte zuverlässig sicherzustellen.
(Jan Kiver)

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