Eigentlich müssten die Städte über sinkende Einnahmen aus der kommunalen Verkehrsüberwachung jubeln. Schließlich hat sich der „Zweckverband Kommunale Verkehrsüberwachung im Großraum Nürnberg“ (Zweckverband KVÜ) die Verkehrssicherheit als oberstes Ziel auf die Fahnen geschrieben. Hinter den Kulissen dürften sich die Kommunalpolitiker freilich fragen, wie man langfristig die Einnahmen erhöhen kann. Schließlich sind die Kassen der Städte leer.
Da kommen die teuren Knöllchen gerade recht, könnte man meinen. Bereits im letzten Geschäftsbericht hat der Zweckverband davor gewarnt, dass die „erfolgreiche Überwachungstätigkeit zu tendenziell rückläufigen Fallzahlen führen“ wird. Die Autofahrer drücken offensichtlich immer häufiger auf die Bremse, sobald sie eines der fünf silbernen Blitzer-Mobile der Marke VW-Caddy am Straßenrand der Frankenmetropole stehen sehen.
Grundsätzlich sei in allen deutschen Städten ein weiterer Rückgang der „Übertretungsfälle pro Überwachungsstunde“ festzustellen, heißt es schon im Rechenschaftsbericht des Jahres 2013. Das ist freilich insofern paradox, als dass der Zweckverband seine Tätigkeit stetig ausweitet. In erster Linie hat er die Zahl der Mitarbeiter kontinuierlich erhöht. Im Gründungsjahr 2010 arbeiteten beim KVÜ noch 27 Mitarbeiter im Außendienst. Im letzten Jahren waren schon 74 Mitarbeiter auf den Straßen unterwegs, um Temposünder zu blitzen und Falschparker aufzuschreiben.
Das Doppelte der Hunde- und Zweitwohnsitzsteuer
Die bittere Erkenntnis lautete in den letzten Jahren dennoch, dass sich die Erträge nicht einfach steigern lassen. In den Jahren 2011 (2,83 Millionen), 2012 (2,84 Millionen) und 2013 (2,9 Millionen Euro) blieben die Ausschüttungen an die Städte trotz des stetig steigenden Personaleinsatzes relativ gleich.
Das Geschäft mit den Verkehrsregeln ist für die Städte offensichtlich ein zweischneidiges Schwert. Während die Ausgaben, insbesondere für das Personal wachsen, bleiben die Einnahmen aus dem Strafzettel-Geschäft launisch wie eine Diva. „Das ordnungswidrige Verhalten der Verkehrsteilnehmer lässt sich schwer vorhersagen“, sagt Markus Hübner, Geschäftsführer des Zweckverbandes. Schließlich habe man selbst kaum „direkte Steuerungsmöglichkeiten“ in der Hand, um die Erträge gezielt steigern zu können. Freilich, räumt Hübner ein, könne man einen kleinen Spielraum nutzen und entscheiden, wo im Rahmen der städtischen Vorgaben genau geblitzt und Parksünder aufgeschrieben werden.
Im vergangenen Jahr sind die Politessen offensichtlich besonders fleißig gewesen. Jedenfalls kann der Zweckverband für 2014 mit rund 3,4 Millionen Euro deutlich mehr Geld als in den Vorjahren an die beteiligten Städte ausschütten. Besonders freuen wird sich Nürnberg. Der Frankenmetropole werden genau 2 175 579,49 Euro ausbezahlt. „Das ist in doppelter Hinsicht ein gutes Ergebnis“, freut sich Stadtkämmerer Harald Riedel im Hinblick auf die erhöhte Verkehrssicherheit und den klammen Stadtsäckel. 2,1 Millionen Euro bei einem Gesamtvolumen von 1,6 Milliarden Euro seien auf den ersten Blick nicht viel. „Aber immerhin erhält die Stadt aus den Knöllchen so viel wie aus der Hunde- und der Zweitwohnungssteuer zusammen“, erklärt Riedel, der sich vorstellen kann, insbesondere in Wohngebieten noch stärkere Geschwindigkeitskontrollen durchzuführen.
Mitarbeiter werden immer häufiger angegriffen
Die Stadt Fürth darf sich über rund 740 000 Euro freuen und Erlangen immerhin noch über 345 000 Euro freuen. Lediglich die Stadt Schwabach muss mit rund 30 000 Euro etwas in die Röhre schauen. Der höhere Geldregen im Vergleich zu den Vorjahren lässt sich mit einem Blick auf die Details schnell erklären. Einerseits hat der Zweckverband erneut die Zahl der Mitarbeiter erhöht. Andererseits wurde erneut das Überwachungsgebiet vergrößert. In Nürnberg wurde beispielsweise eine neue Parkzone für Bewohner ausgewiesen. Wer dort seitdem keinen entsprechenden Ausweis vorweisen kann, hat womöglich auch zu den gesteigerten Einnamen beigetragen. Außerdem sind neue Tempo-30-Zonen hinzugekommen.
Um Geld geht es beim Zweckverband angeblich nicht in erster Linie. „Hauptziel des Zweckverbandes ist nicht die Steigerung der Einnahmen, sondern die Verkehrssicherheit im Bereich des fließenden als auch des ruhenden Verkehrs zu gewährleisten“, sagt Hübner. Ins gleiche Horn stößt die amtierende Verbandsvorsitzende und berufsmäßige Stadträtin für Recht und Bürgerservice in Erlangen, Marlene Wüstner (CSU). Alleine hätten sich Städte wie Erlangen nicht die Messfahrzeuge zur Geschwindigkeitsüberwachung leisten können. „Für Erlangen zahlt sich der Zweckverband aus“, betont Wüstner. Viele Bürger würden die Arbeit schätzen und positiv bewerten. Die Mitarbeiter des Zweckverbandes bekommen freilich immer häufiger das genaue Gegenteil zu spüren. Die Zahl der Anfeindungen und Beschimpfungen nehme zu, sagt Hübner. Sogar tätliche Übergriffe wie Schubsereien müssten sich die Außendienstler immer häufiger gefallen lassen. Hübner kündigt an, Angriffe auf seine Politessen künftig in einer Datenbank erfassen und dokumentieren zu wollen. (Nikolas Pelke)
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