Kommunales

Manches kommunale Bauprojekt kommt derzeit nur mit Verzögerung zustande. (Foto: dpa)

09.06.2017

Bauen für die Stadt? Nein, danke!

Angesichts der boomenden Baubranche finden Kommunen immer schwerer Firmen für öffentliche Aufträge

Die Baubranche boomt. Prallgefüllte Auftragsbücher. Höchste Auftragsbestände seit mehr als 20 Jahren, hieß es zum Jahreswechsel. Und so soll es weitergehen. Im laufenden Jahr rechnet das Bauhauptgewerbe mit einem satten Umsatzplus von acht Prozent beim Wohnungsbau. Doch das sind nicht für alle gute Nachrichten.

Denn wer gut zu tun hat, kann sich seine Auftraggeber aussuchen und bisweilen die Preise anheben. Wer nur weniger zahlen kann oder will, schaut dann als Auftraggeber in die Röhre. Zum Beispiel jüngst im niederbayerischen Straubing. Hier will die Bahn den Bahnhof barrierefrei umbauen, aber hat Schwierigkeiten, eine Baufirma zu finden. Um das Angebot hatte sich nur eine Firma beworben. Und deren Angebot war der Deutschen Bahn AG schlicht zu teuer.

Laut Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayer (CSU) kein Einzelfall. Auch bei der Generalsanierung des Hallenbads, erzählt der Rathauschef, kam das wirtschaftlich tragfähige Angebot erst in einer zweiten Ausschreibungsrunde. Und in Passau hat der Landkreis für Metallarbeiten bei der Sanierung des Landratsamts lange nach einer geeigneten Firma suchen müssen.

Die Deutsche Bahn gibt sich zugeknöpft


Ein generelles Problem im Freistaat? Ja, sagt Johann Keller, Geschäftsführer des Bayerischen Landkreistags. Es sei „nicht mehr nur in den Ballungsgebieten zu verorten, sondern zwischenzeitlich auch in anderen Regionen angekommen.“ Keller bedauert augenzwinkernd, dass er Unternehmen mit leeren Auftragsbüchern nicht kurzfristig dorthin verpflanzen kann, wo sie gebraucht werden. Wenn sich auf eine Auschreibung aber gar kein Unternehmen melde, könne man doch darüber nachdenken, „das Vergabeverfahren auszusetzen und aufgrund örtlich bekannter Geschäftsbeziehungen die Vergabe freihändig durchzuführen“, so Keller.

Ob es die Deutsche Bahn manchmal so macht? Sie will sich nicht in die Karten schauen lassen und gibt sich knapp: Weder in Bayern noch bundesweit gebe es „ein generelles Problem mit Auftragsvergaben“, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Der Bayerische Städtetag hingegen vernimmt „vereinzelt sehr verhaltene Meldungen auf Ausschreibungen bedingt durch die rege Baukonjunktur“. Buch führe man dort über den Stand der Auftragsvergaben aber nicht.

In Landshut sitzt ein Oberbürgermeister, der bis vor Kurzem selbst in der Bauindustrie tätig war: der gelernte Bauingenieur Alexander Putz (FDP). Die Preise im Hoch- und Tiefbau in Landshut seien in den vergangenen acht Jahren um 40 bis 50 Prozent gestiegen, sagt er. „Das ist tatsächlich ein Problem.“

Es fehlen die Ingenieure


Lässt es sich lösen? In der Marktwirtschaft glaubt man an den Markt. Und nach dessen Gesetzen müsste es bei steigender Nachfrage nicht nur höhere Preise geben, sondern irgendwann auch mehr oder zumindest größere Baufirmen – so- dass die Preise wieder sinken. Doch dem Baugewerbe fehlen die jungen Ingenieure; es gibt seit Jahren zu wenige Absolventen. Die Baufirmen suchen händeringend Fachkräfte.

Davon ganz unabhängig möchte der Bayerische Bauindustrieverband den Spieß umdrehen. Denn im öffentlichen Bau bekommt immer der billigste Bieter den Zuschlag. „Das wäre kein Problem, wenn billig gleichbedeutend mit wirtschaftlich wäre“, sagt Josef Wallner, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik. Manche Unternehmen zwinge das Bieterverfahren dazu, einen Preis anzubieten, der nicht einmal die eigenen Kosten deckt, „weil es unbedingt auf diesen Auftrag angewiesen ist“. Und wenn es dem Unternehmen dann wieder besser gehe und es beim nächsten Mal realistische Preise nenne, kämen diese Preise den Kommunen überhöht vor.

„Hinzu kommt“, redet sich Wallner in Rage, „dass Kommunen oft lange planen und mit völlig veralteten Kostenansätzen kalkulieren.“ Da gehe es um Baumaterial- und Rohstoffpreise, Energiekosten und auch gestiegene staatliche Anforderungen – etwa beim Dämmschutz. Konsequenzen habe auch der Personalabbau in den Bauämtern: „Die Bauherrenkompetenz der Kommunen lässt oft sehr zu wünschen übrig. Sie sind oft überhaupt nicht in der Lage, selbst eine gute Ausschreibung durchzuführen“, so Wallner. Viele müssten dabei auf externe – und teure – Planungskräfte zurückgreifen. (Jan Dermietzel)

Kommentare (1)

  1. Martin am 10.06.2017
    Es gibt keinen Mangel an Ingenieuren. Nur Arbeitgeber, die nur noch befristete, unterbezahlte Stellen anbieten oder gleich projektbezogen über Leiharbeit arbeiten lassen. Vielleicht mal folgende Doku ansehen https://www.youtube.com/watch?v=nfWVulKyRq0.
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