Kommunales

Die Fakultät Betriebswirtschaft der Technischen Hochschule Rosenheim kam bei einer monatlichen Umfrage zu dem Ergebnis, dass die Geschäftserwartungen gesunken sind. (Foto: Weindl)

26.04.2024

Ex-Einkaufsmetropole sucht nach neuer Chance

Einst war Rosenheim weit über die Region hinaus beliebt – inzwischen gibt es immer mehr Leerstand

Leere Geschäfte und eine Dominanz anonymer Billigfilialen haben zuletzt den Einzelhandel in Rosenheim deutlich geprägt. Die einstige Einkaufsmetropole will wieder an gute alte Zeiten anknüpfen mit Flächenmanagement, Eventmarketing, mehr Fußgängerzone und einem neuen City-Manager.

Es ist nur wenige Jahre her, da beneideten viele bayerische Kommunen die Rosenheimer. Als Einkaufsstadt hatte das Oberzentrum im Südosten Oberbayerns einen exzellenten Ruf; es kam die Kundschaft sogar aus München und dem nahen Tirol. Lang kursierte das Gerücht, dass die derart wohlhabend gewordene Stadt die bundesweite höchste Dichte an Ferraris habe. Das mit den Ferraris scheint offenkundig nicht mehr der Fall zu sein. Ein entsprechender Händler hat schon lange aufgegeben. Und auch mit dem Einkaufen ist es nicht mehr so wie früher. In den letzten Jahren hat die Zahl leer stehender Läden deutlich zugenommen. Und das selbst an Eins-a-Lagen wie dem zentralen Max-Josefs-Platz , wo vor wenigen Tagen das etablierte Modegeschäft Adlmaier die Schließung ankündigte.

„Boom zu Onlineshopping lässt sich nicht revidieren“

Wie in vielen anderen Städten haben natürlich auch in Rosenheim die Corona-Jahre dem lokalen Einzelhandel arg zugesetzt, hat sich das Kaufverhalten spürbar verändert. Das bestätigt auch die Deutschlandstudie Innenstadt 2022, die der Handelsverband Deutschland und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag zusammen mit der Cima Beratung und Management realisierten. Während vor knapp zehn Jahren noch mehr als drei Viertel der befragten Personen die Einkaufsmöglichkeiten in den Städten als positiv einschätzten, waren es 2022 nur noch 56 Prozent.
Auffallend dabei war, dass gerade junge Leute unter 30 Jahren sich immer mehr davon abwandten. Corona wurde zum Turbo für den Onlinehandel. So kam es in Rosenheim zu immer mehr Schließungen. Am Salinplatz wurde im März 2023 ein etabliertes Sportfachgeschäft nach mehr als 40 Jahren zugemacht. Der Laden steht ein Jahr später immer noch leer. Derzeit beträgt die Leerstandsquote rund 5 Prozent.

Was die Einzelhandelssituation auch mitgeprägt hat, ist das Entstehen eines weiteren Gewerbeschwerpunkts im Aicherpark am westlichen Stadtrand. Und dann hat Rosenheim noch zwei prominente Sorgenkinder. Seit Jahren kreisen Gerüchte um Konkurs und Schließung um das zentrale Karstadt-Kaufhaus an der Fußgängerzone. Dabei war diese Karstadt-Filiale üblicherweise profitabel und ist es laut City-Manager Axel Klug angeblich auch heute noch.

Auch die große Filiale des Modeunternehmens Peek und Cloppenburg hat eine unsichere Zukunft. Und für die nächsten Monate sind die allgemeinen Perspektiven nicht gerade üppig. Die Fakultät Betriebswirtschaft der Technischen Hochschule Rosenheim kam bei einer monatlichen Umfrage zu dem Ergebnis, dass die Geschäftserwartungen von einem Wert von sehr guten plus 42,8 auf 32 fielen. Die befragten Unternehmen rechnen für 2024 überwiegend mit einer Rezession.

Es besteht Handlungsbedarf

Für die Rosenheimer*innen besteht offenkundig Handlungsbedarf. Mehr Licht in die Situation sollte ein Informationsabend im Januar in der Kulturschenke Affekt bringen, zu dem neben dem Oberbürgermeister Andreas März (CSU) auch Fachleute wie Christian Hörmann, Geschäftsführer der Cima Beratungsgesellschaft in München, und Alain Thierstein, Professor von der Technischen Universität München, kamen.

Letzterer warnte, dass sich der Boom zum Onlineshopping nicht mehr revidieren lassen könne, man sich auf weniger Umsatz einstellen und neue Anlässe schaffen müsse, für die Menschen in die Stadt kommen wollen. Mehr Aufenthaltsqualität ist das Stichwort. Davon ist auch Oberbürgermeister Andreas März überzeugt. Doch da spielt auch der Verkehr in und um Rosenheim eine wichtige Rolle. Der Lkw-Durchgangsverkehr auf der Bundesstraße B 15, die Rosenheim mit Wasserburg verbindet, sorgt für viele Staus.

In den nächsten Jahren soll dies deutlich reduziert werden, wenn die Westumgehung mit Anbindung an die B 15 komplett wird und die Lkw und Reiseverkehr direkt zur Autobahn A 8 geleitet werden – ohne dass die Stadt so stark penetriert wird. Ein innerstädtisches Politikum wurde die recht zentral liegende Loretowiese, die als Gratisparkplatz bislang genutzt wird – wenn sich nicht gerade das Herbstfest Ende August/Anfang September dort abspielt. Nun will die Stadt dafür Gebühren erheben, was nicht allen gefällt. Ansonsten verteilen sich zahlreiche Parkhäuser rund um das Zentrum.

In Rosenheim gibt es aktuell mehrere Pläne und konkrete Projekte, mit denen die Attraktivität wieder verbessert werden soll. Ein Kritikpunkt seitens der einheimischen Bevölkerung ist oft, dass speziell im westlichen Zentrumsbereich zwischen Fußgängerzone und Bahnhof alteingesessene Geschäfte immer mehr verschwunden und durch anonyme Billigläden ersetzt worden seien. Die Menschen sollen sich wieder mehr wohlfühlen in der Stadt. Dafür bieten sich auch die Grünanlagen Riedergarten und Salingarten an.

Künftig Parkgebühren auf der Loretowiese

„In diesem Jahr wird in einer Testphase der Bereich der Münchner Straße zwischen Gillitzerstraße und Salinstraße zu einer Fußgängerzone“, teilt City-Manager Axel Klug mit, der vor wenigen Monaten nach Rosenheim wechselte. Außerdem starten am anderen Ende der Fußgängerzone Bauarbeiten in der Kaiserstraße, wodurch sich der Grüne Markt weiter entfalten kann und am Markttag die Fahrbahn mitnutzen kann.

Auch beim Rosenheimer Forum für Städtebau und Umweltfragen ist man überzeugt, die Gestaltung des Stadtzentrums mit neuen Themen zu bereichern und zu beleben, wie dessen Vorsitzender Hermann Biehler es beschreibt: „Wir sind der Auffassung, dass dies neu gedacht werden muss, dass sie mit anderen Nutzungen mit Leben gefüllt wird. Das ist oft nur mit größeren Umbaumaßnahmen möglich. Dafür müssen die Immobilienbesitzer mitspielen und die Stadt dies mit Nutzungsänderungen im Planungsrecht ermöglichen und erleichtern.“

„Für eine Kommune sind die Möglichkeiten ja begrenzt, mit Umgestaltungen und Events die Attraktivität zu steigern“, sagt der City-Manager. Im Hinblick auf die Leerstandsproblematik und mehr Aufenthaltsattraktivität sei ein Flächenmanagement notwendig. Und das steht auch auf dem Plan. Die Stadt unterstützt mit 50.000 Euro für zwei Jahre die Schaffung eines Flächenmanagement.
Zusätzlich soll in „Rosenheimer Immobiliengesprächen“ und in einem „Runden Tisch des Einzelhandels“ der Dialog intensiviert werden. Vor allem sollen die öffentlichen Räume attraktiver gestaltet werden, um auch die Besucherfrequenz zu stärken. Konkret sieht der Plan die Aufwertung einer öffentlichen Parkanlage und einen Ausbau des Grünen Marktes am Ludwigsplatz vor.
(Georg Weindl)

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