Kommunales

Das Riedberger Horn ist mit 1787 Metern der höchste Berg der Hörnergruppe in den westlichen Allgäuer Alpen. (Foto: dpa)

23.09.2016

"Übertreibungen und Halbwahrheiten"

Die Balderschwanger wehren sich gegen die Missachtung des Ergebnisses der Bürgerbefragung durch Umweltverbände und Landtagsopposition

85 Prozent der Einwohner von Balderschwang sind für den Bau einer Skischaukel – doch SPD und Grüne im bayerischen Landtag und die Umweltverbände wollen das Votum nicht akzeptieren. Bürgermeister Konrad Kienle ist empört und wirft den Gegnern vor, die Region überhaupt nicht zu kennen. BSZ Herr Bürgermeister, warum hat Florian von Brunn, der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, aus Ihrer Sicht Unrecht, wenn er von einem „Ausverkauf der bayerischen Alpen“ und einer „Zerstörung der Natur“ spricht?
Kienle Weil der Mann ja nicht mal persönlich hier war und sich umgeschaut hat, der kennt sich bei uns im Ort doch überhaupt nicht aus! Er hätte gern vorbei kommen können, so wie der Heimatminister Markus Söder, wir hätten ihn herumgeführt und ihm alles gezeigt und erklärt. So aber sitzt er auf seinem gut dotierten Posten in München und weiß nicht, wovon er spricht. Sein Verhalten ist einfach nur respektlos gegenüber den Menschen hier.

BSZ Herr von Brunn mag nicht hier bei Ihnen gewesen sein – aber womit begründen Sie seine angebliche Unkenntnis?
Kienle Nur ein Beispiel: Der Mann benutzt einen Rutschungsfall, der sich acht Kilometer von Balderschwang entfernt ereignete, um die Behauptung aufzustellen, hier bei uns wären die Böden instabil. Dabei würden für das Bauprojekt weniger Bäume abgeholzt, als wir pro Jahr neu aufforsten. Und für die Festigkeit der Böden sind die immer zahlreicheren Tourengeher, die ja als Musterbeispiel eines besonderns ökologischen Wintertourismus herhalten, eine viel größere Gefahr.

BSZ Aber irren auch alle anderen Kritiker aus dem Landtag und aus den Umweltverbänden?
Kienle Vielen von denen dort geht es doch vor allem darum, ihre Existenzberechtigung zu erhalten. Indem sie laut verbal auf uns einschlagen, beweisen sie ihren Anhängern und Mitgliedern, dass es sie noch gibt und das es sich lohnt, sie auch künftig noch großzügig mit Spendengeldern zu unterstützen. Wir können nur leider nicht mithalten mit deren professioneller PR-Maschinerie, wir sind hier alle nur ehrenamtliche Kommunalpolitiker, ich als Bürgermeister eingeschlossen. Von unseren Kritikern werden jetzt aus ideologischen Gründen Halbwahrheiten verbreitet und Fronten aufgebaut gegen die Menschen im Ort, die schließlich vom Tourismus leben müssen. Wir hier vor Ort gehen bestimmt nicht leichtsinnig mit unserer Heimat um – wir haben sie von unseren Eltern geerbt und wir wollen sie unseren Kindern hinterlassen. Die Anlage wird auch nicht von irgendeiner anonymen Aktiengesellschaft betrieben, sondern von einer Bürgergenossenschaft.

BSZ Aber es handelt sich doch beim Riedberger Horn unbestritten um ein ökologisch sensibles, geschütztes Gebiet, oder?
Kienle Jetzt wollen wir doch mal die Kirche im Dorf lassen, hier wird auch von unseren Gegnern ganz klar mit übertriebenen Behauptungen gearbeitet. Wenn ich schon das Wort „Ski-Zirkus“ höre – als würden hier gleichzeitig hunderte Anlagen in Betrieb sein! Es geht lediglich darum, am Rande einer Schutzzone einen minimalen Eingriff vorzunehmen. Wenn es nicht um Wintersport gehen würde, sondern statt dessen beispielsweise ein Almbauer eine neue Milchseilbahn errichten möchte, würden wir überhaupt nicht diskutieren. Dann wäre es nämlich kein Eingriff in die Natur, sondern ein sogenanntes privilegiertes Bauprojekt.

BSZ Was erwarten Sie jetzt von der bayerischen Staatsregierung?
Kienle Die Staatsregierung wollte genau wissen, wie die Stimmungslage in der Bevölkerung zu dem Projekt ist – das haben sie jetzt schwarz auf weiß. Jetzt brauchen die selbstverständlich ihre Zeit, um die weiteren Schritte zu planen – aber ich gehe schon davon aus, dass den Worten irgendwann auch Taten folgen werden.

BSZ Selbst wenn das anschließend rechtliche Konsequenzen nach sich zöge?
Kienle Aha – wenn die Bürger in München entscheiden, dass keine dritte Startbahn am Flughafen gebaut werden soll – dann hat sich die Staatsregierung laut SPD und Grünen gefälligst dran zu halten. Aber wenn die Bürger von Balderschwang abstimmen, dann darf man das einfach so ignorieren?

BSZ Und wenn die Gegner der Skischaukel sich durchsetzen und das Bauprojekt verhindern?
Kienle Das wäre das langfristige Aus für den Wintersport im gesamten Allgäu. Denn jedes Infrastrukturprojekt wird irgendwo ein Gebiet tangieren. Wenn es im bayerischen Alpenraum noch eine schneesichere Region gibt – dann hier bei uns in Balderschwang, nicht umsonst heißt die Gegend hier ja „Allgäuer Sibirien“. Eine Studie der Universität Innsbruck hat uns weitgehend schneesichere Winter für die nächsten 30 Jahre prognostiziert – eine lange Zeit, aber wir müssen sie auch nutzen dürfen.

(Interview: André Paul)

Kommentare (1)

  1. Allgäuer am 23.09.2016
    Einen PR-Berater würde dem Herrn Bürgermeister gut zu Gesicht stehen. Es geht vor allen Dingen ihm, der ein Hotel in Balderschwang besitzt und das jetzt umbaut, um die Sicherung seiner Existenz. Daran ist auch nichts auszusetzen und das ist auch nicht verwerflich. Dies jedoch auf Kosten der Natur und wider geltendes Recht zu tun schon. Pfründe sichern nennt man das.
    Hat der Herr Bürgermeister mal die Gäste seines Ortes befragt? Vielleicht wollen die gar keinen Verbindungslift, sondern schätzen das kleine und bislang feine Skigebiet. Angesichts solcher Aussagen dürfte es damit aber bald vorbei sein. Alles Gute, Herr Bürgermeister. "Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der Gerechtigkeit, sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die Freiheit zum Privilegium wird." Diesen Satz sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben.
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