Kommunales

Wer eine Immobilie besitzt, muss Grundsteuern zahlen. (Foto: dpa)

08.01.2016

Wie Kommunen mit der Grundsteuer abzocken

Spitzenreiter Aschaffenburg mit 15 Prozent Anstieg

Es ist die wohl verdeckteste Steuererhöhung Deutschlands, aber eine der massivsten seit Jahren: die von den Kommunen erhobene Grundsteuer. Doch wenn öffentlich Ursachen diskutiert werden, warum in Deutschland seit Jahren viel zu wenige neue Wohnungen gebaut werden, fehlt dieser Aspekt meistens – logisch, müssten sich doch Länder und Kommunen dabei an die eigene Nase fassen. Obendrein ist weniger als die Hälfte aller Bürger direkt davon betroffen, denn noch immer beträgt der Anteil der Wohnungs- beziehungsweise Hausbesitzer an der Gesamtbevölkerung bundesweit durchschnittlich weniger als 50 Prozent – in Norddeutschland etwas mehr, in Bayern und in den neuen Bundesländern etwas weniger.

Grunderwerbssteuer in nur zehn Jahren fast verdoppelt


Die Grunderwerbssteuer beispielsweise hat sich, seit der Bund deren Höhe vor knapp zehn Jahren den Ländern übertragen hat, nahezu verdoppelt. Wenn also eine Familie eine durchschnittliche Vier-Zimmer-Eigentumswohnung für etwa 300.000 Euro kaufen möchte, dann muss sie dafür inzwischen nach Berechnungen des Bunds der Steuerzahler fast 20.000 Euro Grunderwerbssteuer berappen, fast 9000 Euro mehr. Wohlgemerkt nicht etwa für eine aufwendige Tätigkeit, sondern nur dafür, dass der Staat seine Arbeit macht, indem er ordentlich das Grundbuchamt führt. Fast alle Bundesländer haben hier ihre Bürger seit 2006 kräftig abgezockt, nur in Bayern und in Sachsen gilt noch der alte Satz von 3,5 Prozent. Die Einnahmen teilen sich Land und Kommunen bisher paritätisch. Allerdings plädiert die SPD-Landtagsfraktion schon seit Längerem dafür, dass der Freistaat auf einen Teil der Summe zugunsten der Städte und Gemeinden verzichtet.

Hinzu kommt die sogenannte Grundsteuer B: ein mehrmals jährlich zu entrichtender Obulus aller Immobilienbesitzer, den ausschließlich die Kommune einstreicht. Sie treibt auch die Mieten nach oben, denn die Grundsteuer B darf vom Hauseigner an die Mieter weitergereicht werden. In den vergangenen zehn Jahren ist sie bundesweit im Schnitt um etwa ein Viertel gestiegen. Den exakten Hebesatz kann jede Stadt und Gemeinde eigenmächtig festlegen.

Manche Kommunen langen dabei kräftig hin – und das gern in regelmäßigen Erhöhungen. Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertags haben im vergangenen Jahr rund 30 Prozent aller deutschen Kommunen ihre Grundsteuer B erhöht. Spitzenreiter in Bayern war das unterfränkische Aschaffenburg mit einer Anhebung um satte 15 Prozent – wobei zu den 30 Prozent des ehemaligen Regierungssitzes Bonn noch Luft nach oben bestünde. Wem also in Aschaffenburg die bereits genannte Vier-Zimmer-Wohnung für 300.000 Euro gehört, der muss sich künftig auf eine Mehrbelastung von fast 100 Euro im Jahr einstellen. Der Landesverband Hessen des Bunds der Steuerzahler hat aus diesem Grund sogar schon eine „Grundsteuerbremse“ vorgeschlagen, wie der Regionalteil der FAZ berichtete.

Zwar plant die Bundesregierung für dieses Jahr laut Koalitionsvertrag eine Reform der Grundsteuer. Vor allem sollte der noch aus den 1960er Jahren stammende Einheitswert für die Wertberechnung überprüft werden. Ob es aber angesichts der wachsenden finanziellen Belastungen der Kommunen im Zuge der Flüchtlingskrise dazu kommt, ist ungewiss. Denn die schwarz-roten Koalitionäre hatten vereinbart, dass die Reform, „aufkommensneutral erfolgen müsse – im Klartext: Den Kommunen darf am Ende kein Cent verloren gehen.
(André Paul)

Kommentare (1)

  1. Zitrone am 09.01.2016
    Schade, das bin ich von der BZ nicht gewohnt, schon in der Überschrift Polemik mit der Formulierung "Abzocke". Der Autor sollte auch dazu berichten, welche Anforderungen in der Zwischenzeit an die Kommunen von ihren Bürgern gestellt werden: Kinderkrippen, Breitbandverkabelung, altersgerechte Verkehrswege, Sportstätten, Kultur usw.. Einrichtungen, die nicht kostendeckend zu betreiben sind.

    Letzlich zahlt es immer DER Steuerzahler und eine Erhöhung von 100 € im Jahr (Berechnung fehlt!), also weniger als 10 € im Monat sollte für einen Immobilieneigentümer verkraftbar sein. Zur besseren Einordnung sollte auch angegeben sein, wo Aschaffenburg damit im bundesweiten Vergleich mit etwa gleichgroßen Städten liegt und auf welcher Grundlage die 15% Erhöhung erfolgte. Die Aussage -"um 15% " kann alles bedeuten.

    Nur zum Vergleich: Ein Glas Frankenwein 0,2 l kostet in Aschaffenburg kaum noch unter 5 €!
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