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Der Handel mit gefälschten Medikamenten ist lukrativ – die Gewinnspannen sind sogar oft höher als im Drogenhandel. (Foto: dpa)

23.03.2018

CSU will Online-Handel mit Medikamenten verbieten

Bericht des Gesundheitsministeriums über Gefahren des Internethandels mit verschreibungsmittelpflichtigen Arzneien

Zum Schutz von Patienten vor gefälschten oder qualitativ minderwertigen Arzneimitteln setzt die Staatsregierung auf ein Verbot des Internet-Handels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Wegen begrenzter Überwachungsmöglichkeiten in diesem Bereich sei hier die Gefahr am größten, dass kriminelle Geschäftemacher die Gesundheit von Menschen aufs Spiel setzen könnten, erklärte der im Gesundheitsministerium zuständige Referatsleiter Gert Bernscher im Ausschuss für Gesundheit und Pflege. Das im neuen Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbarte Handelsverbot müsse nun rasch umgesetzt werden. Zudem müssten Kontrolllücken bei Re-Importen und in der legalen Lieferkette von Arzneimitteln geschlossen werden, durch die sich gefälschte Produkte „einschleichen“ könnten.

Ab 2019 werden Verpackungen versiegelt

Nach Angaben Bernschers ist der illegale Handel mit gefälschten Produkten lukrativ. So seien die Gewinnspannen oft höher als im Drogenhandel, dafür aber das Entdeckungsrisiko geringer und der Strafrahmen niedriger. Nötig seien eine bessere Ausstattung der Ermittlungsbehörden und die Anpassung der Strafen an das Betäubungsmittelrecht. Dagegen sperre sich bislang aber das Bundesjustizministerium. Zur Verbesserung der Sicherheit von Arzneimitteln werde ab Februar 2019 eine EU-Richtlinie verpflichtend wirksam, berichtete Bernscher. Diese sehe vor, dass Arzneimittelverpackungen bis zum Verkauf in den Apotheken versiegelt sein müssten und ein individueller Strichcode den Weg jeder Packung vom Hersteller bis zur Apotheke nachvollziehbar mache. Auf Druck der Pharma-Industrie habe die EU-Kommission dafür aus Kostengründen leider kein einheitliches europäisches Überwachungssystem eingeführt.

In Bayern sei die Arzneimittelüberwachung dank der Ausweisung neuer Stellen inzwischen gut aufgestellt, teilte Bernscher mit. Zusätzlicher Personalbedarf werde sich aber schon bald aufgrund eines absehbaren Aufgabenzuwachses ergeben. Dieser sei zum einen Folge des „Brexit“, da britische Stellen bislang zahlreiche pharmazeutische Prüfverfahren in der EU übernommen hätten, zum anderen kämen neue Zuständigkeiten für Medizinprodukte auf die Prüfer zu. Wegen der komplexen Kontrollen habe es sich bewährt, die Zuständigkeit für die pharmazeutische Überwachung in Bayern auf die Regierungen von Oberbayern und Oberfranken zu konzentrieren. Das bayerische Kontrollverfahren sei inzwischen von der EU zertifiziert worden. Es erstrecke sich von der Herstellung über die Lieferkette bis zum Verkauf in der Apotheke oder – bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten – im Drogeriemarkt. Nach EU-Recht gefordert seien regelmäßige Kontrollen mindestens alle zwei Jahre sowie risikoorientierte und anlassbezogene Proben.

Als amtliche Untersuchungsstelle fungiere das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, so Bernscher weiter. Dieses habe im vergangenen Jahr einen Fall mit gefälschten Medikamenten zur Behandlung von Hepatitis und HIV-Infektionen aufgedeckt, die über einen nicht zugelassenen Großhändler aus den Niederlanden auf den Markt gekommen seien. In diesem Fall habe aber keine Gesundheitsgefährdung für Patienten bestanden, da die Verpackungen mit einem wirkstoffgleichen, aber nicht für den europäischen Markt vorgesehenen Nachahmerprodukt bestückt worden seien, berichtete Bernscher.

Die SPD-Abgeordnete Ruth Müller bezeichnete dessen Bericht als „nicht wirklich beruhigend“. „Tür und Tor für Schindluder stehen leider weit offen“, folgerte Müller aus den Aussagen.
Bernscher warnte trotz der aufgezeigten Probleme vor Panikmache. Dank der bevorstehenden Pflicht zur Versiegelung der Verpackungen und zur Einführung elektronischer Versandnachweise könne die legale Lieferkette als „weitgehend sicher“ gelten. Um in diese einzubrechen, wäre „sehr große kriminelle Energie“ nötig.

Die legale Lieferkette ist „weitgehend sicher“

Die CSU-Abgeordnete Carolina Trautner stellte sich hinter die Forderungen nach einem Verbot des Internet-Handels für verschreibungspflichtige Medikamente und einer Erhöhung des Strafrahmens für den Verkauf gefälschter Arzneimittel. Der Freie Wähler Karl Vetter begrüßte das Problembewusstsein bei der Staatsregierung. Es sei erfreulich, dass Schwachstellen offen benannt würden. Schließlich gehe es um den „Schutz wehrloser Menschen“, die auf eine fachgerechte medizinische Versorgung angewiesen seien. Kerstin Celina (Grüne) sah in der Drittmittelförderung der universitären Pharma-Forschung durch die Industrie ein Problem. Dies könne dazu führen, dass wirtschaftliche Interessen über die Arzneimittelsicherheit gestellt würden. (Jürgen Umlauft)

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