Landtag

Florian Köhler (AfD). (Foto: Loh)

26.04.2024

Der Pferdenarr

Der AfD-Abgeordnete Florian Köhler im Porträt

Florian Köhler (AfD) gehört zu den Abgeordneten, die nicht zimperlich sind, wenn es um den politischen Gegner geht. Besonders, wenn es die Grünen betrifft. Im Landtagswahlkampf hatten die in seiner Heimat Bamberg gegenüber vom AfD-Infostand demonstriert und eine symbolische Brandmauer errichtet. Köhler war erbost, beschimpfte die Grünen in sozialen Medien als „Lappen, Loser und Versager“ und forderte martialisch ein „Ausmisten für Deutschland“. Dass die Grünen ihm, ebenso wenig wie anderen AfDlern im Landtag, nicht die Hand schütteln wollen, stört ihn trotzdem.

Wie ein Scharfmacher wirkt der 31-Jährige zumindest im Gespräch mit Journalisten nicht. Zur AfD kam er 2014 wie so viele wegen der Euro-Rettung und der Wirtschaftspolitik, sagt Köhler. Er findet: „Seitdem hat sich unser Parteiprogramm doch wenig geändert.“ Von 2019 bis Frühjahr 2023 fungierte Köhler als Büroleiter bei Rainer Kraft. Der AfD-Bundestagsabgeordnete gehörte zu den Erstunterzeichnern der Erfurter Erklärung von Björn Höcke, die eine konservativere Ausrichtung der Partei forderten. Daraus entstand der völkisch-nationalistische „Flügel“, der 2020 vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft wurde. Köhler sieht es so: Viele Unterzeichner hätten nicht den Flügel unterstützen, sondern nur AfD-Gründer Bernd Lucke stürzen wollen. 

Im Landtag gehört Köhler zu den fleißigeren AfD-Abgeordneten: Er schreibt viele Anfragen an die Staatsregierung und steht oft im Plenarsaal am Mikrofon. Die Inhalte seiner Reden müssen einen nicht überzeugen, folgen aber immerhin einem roten Faden.
Den anderen Fraktionen geht er regelmäßig mit provokanten Zwischenfragen auf die Nerven. Die Videos seiner Reden teilt er auf sämtlichen Kanälen in den sozialen Netzwerken, ebenso wie spöttische Posts über andere Fraktionen und zum Teil persönliche Angriffe auf Abgeordnete. Am 22. Februar gedachte er der tödlichen Luftangriffe der Alliierten auf Bamberg im Zweiten Weltkrieg. Für Kritik sorgte dabei, dass er die deutsche Schuld nicht erwähnte.

„Wir misten aus, wir schaffen Ordnung!“ – das war auch sein Wahlkampfslogan. Köhler musste sich den Vorwurf gefallen lassen, sich an der Wortwahl des Dritten Reichs zu bedienen. Er selbst sieht es anders und fühlt sich durch den Erfolg der AfD bei der Wahl bestätigt.
Im Landtag ist er digitalpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Köhler findet, dass Unternehmen zu viele Daten der Kund*innen abgreifen. Und dass die Politik dagegen zuwenig unternehme. Er beklagt auch, dass Firmen angeblich bei der Erstellung von Gesetzen zu viel Einfluss haben.

Er fordert, dass Menschen, denen Smartphones fremd sind, nicht von Behördenservices ausgeschlossen werden. Und sich weiterhin per Post ans Amt wenden können. Der Abgeordnete selbst ist erkennbar kein digital native. Jedenfalls besteht seine Homepage fast nur aus Blindtext. „Ich bin nicht der IT-Spezialist“, räumt er ein. 

Aufgewachsen ist Köhler in einer Großfamilie in Bamberg. „Eine Clan-Struktur“, scherzt er. Seine Mutter war Krankenschwester, sein Vater Hufschmied. 

Wer am Ukrainekrieg schuld hat? Für ihn ist das unklar

Nach dem Realschulabschluss absolvierte Köhler eine Ausbildung zum Hufschmied im elterlichen Betrieb. Die Arbeit war ziemlich anstrengend: „Das kann man nicht bis zur Rente machen“, sagt er. Seine damalige Freundin motivierte ihn, über den zweiten Bildungsweg das Abitur nachzuholen – als erster in der Familie. Nach dem Abitur begann er ein Studium in Wirtschaftsrecht, das er allerdings momentan auf Eis liegt.

Bereits 2018 machte er sich als Hufschmied selbständig; die Firma existiert nach wie vor. Reich werde man dadurch nicht, „aber man kann davon leben“. Noch während der Ausbildung trainierte Köhler Pferde in den USA. Insgesamt besitzt er sechs. Auch ums Pferd seiner Freundin kümmert er sich mit Begeisterung. Eines seiner Rennpferde sei sogar Vize-Europameister geworden, berichtet er nicht ohne Stolz. 

In der AfD stieg Köhler langsam, aber stetig auf: Zwei Jahre nach seinem Eintritt wurde er Mitglied im Bamberger Kreisvorstand und Bezirksrat, 2019 Vizebezirksvorsitzender der AfD in Oberfranken und 2020 Kreisrat. 2023 schaffte er es in den Landtag. Dort gehört er dem Wirtschaftsausschuss an. Lieber wäre ihm der Innenausschuss gewesen, aber als Neuling hat man nicht so viele Wünsche frei. Im Wirtschaftsausschuss kämpft Köhler unter anderem gegen Wasserstoff. Für ihn ist das nämlich „keine Zukunftstechnologie“.

Er plädiert auch dafür, die Nordstream Pipelines wieder zu nutzen, Ob man dadurch nicht Putins Kriegskasse fülle? „Na ja“, sagt Köhler. Natürlich handele es sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Aber, fügt er allen Ernstes an, „ich stecke da nicht im Detail drin und kann nicht sagen, wer angefangen hat“. Köhler findet: Am wichtigsten seien günstige Energiepreise für die Menschen in Deutschland und Bayern.

Noch immer verbringt der gelernte Hufschmied seine freie Zeit am liebsten bei den Pferden. „Für mich ist es Urlaub, wenn ich im Stall bin“, sagt er. „Dann schalte ich ab.“ Außerdem müssten die Rennpferde ja auch regelmäßig bewegt werden. Früher nahm er selber oft an Pferderennen teil, aber seit der Pandemie sei das vorbei. Auch als Hufschmied ist noch gelegentlich tätig, auch um dem Papa zu helfen.

An den Wochenenden ist er oft in aller Herrgottsfrüh oder spätabends mit seinem Vater unterwegs, um Pferde zu beschlagen. Köhler sagt: Besser, als vor dem Fernseher zu sitzen. Dass Köhler junior in der AfD ist, finden viele allerdings nicht so gut, der Betrieb hat deshalb bereits Kund*innen verloren. Köhler gibt sich dennoch cool und zitiert Franz Josef Strauß: „Everybody’s darling is everybody’s Depp.“ (David Lohmann)
 

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