Landtag

Petra Loibl. (Foto: Sendtner)

14.01.2022

Die Tierärztin

Im Porträt: Die CSU-Abgeordnete Petra Loibl

Bei Petra Loibl ist die Welt noch in Ordnung. Die CSU-Abgeordnete aus Dingolfing kommt einem im Dirndl auf einer Wiese entgegen, Hand in Hand mit ihrem Mann und ihren beiden erwachsenen Kindern, auch sie tragen Dirndl beziehungsweise Lederhose. Im Hintergrund eine weidende Kuhherde.

Gut, diese Idylle erwartet einen nur auf der Internetseite der 56-jährigen Tierärztin. Doch auch wenn man Petra Loibl in ihrem Stimmkreisbüro in Dingolfing besucht, trifft man auf eine aufgeräumte Politikerin. Vor der Eingangstür steht man unmittelbar zu Füßen des 90 Meter hohen Turmes der Stadtpfarrkirche St. Johannes, einer spätgotischen Backsteinkirche. Auf der Turmspitze sitzt ein seltener Wanderfalke, und Petra Loibl, ganz die Tierärztin, erzählt sogleich die Geschichte von der Rettung und Aufpäppelung eines abgestürzten Falkenjungen im vergangenen Frühjahr.

Beruflich hatte die gebürtige Plattlingerin, bevor sie vor drei Jahren in den Landtag gewählt wurde, mehr mit Großvieh zu tun. Von 1999 bis 2018 war sie Amtstierärztin am Landratsamt Dingolfing. Im Landtag ist sie Mitglied des Petitions- und des Umweltausschusses. Die Landwirtschaft – auch hier hat sie eine Ausbildung absolviert – und die Umweltpolitik seien eindeutig ihre Schwerpunkte, sagt Petra Loibl. Nicht zuletzt ist es die Veterinärmedizin, die sie auch als Politikerin nicht loslässt. Im Landtag ist sie nach dem Ausscheiden von Marcel Huber derzeit die einzige Tierärztin. In ihrer Veterinärlaufbahn hat Loibl, mit Ausnahme einer eigenen Praxis, alle wichtigen Stationen durchlaufen: Sie hat in Kleintier-, Großtier- und Gemischtpraxen gearbeitet, zweieinhalb Jahre war sie bei der Hygieneüberwachung am Schlachthof Pfarrkirchen tätig.

Gegen Ende ihrer Zeit als Amtstierärztin in Dingolfing war Petra Loibl schon einmal im Landtag – nur für einen Tag, als Zeugin im Untersuchungsausschuss Bayern-Ei. Da war die Welt nicht mehr in Ordnung. „Nicht schön“ sei das gewesen, sagt sie heute dazu. „Das ist schon eine Belastung, wenn man im Hohen Haus vor einem Gremium von Leuten sitzt, die man nicht kennt.“ Der Amtstierarzt-Kollege von Straubing saß damals sogar in U-Haft, „übel“ findet Petra Loibl das noch heute. Sie selbst war sich ihrer Sache indes sicher: „Für mich war absolut klar, dass ich nichts falsch gemacht hab.“

Im 248-seitigen Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zum Bayern-Ei-Skandal, der im Mai 2018 vorgelegt wurde, wird die Zeugin Loibl des Öfteren zitiert, und zwar sowohl im Abschlussbericht der CSU, die damals die absolute Mehrheit vorübergehend zurückerobert hatte, als auch im Minderheitenbericht von SPD, Grünen und Freien Wählern. Für die drei Oppositionsparteien war klar erwiesen, dass die niederbayerische Firma Bayern-Ei 2014 für einen europaweiten Salmonellenskandal mit mindestens einem Todesfall und Hunderten von Erkrankten verantwortlich war. Der Minderheitenbericht spricht von „zahlreichen Fehlern“ der bayerischen Behörden und „etlichen Vertuschungsversuchen“, während die CSU-Mehrheit nichts dergleichen entdecken konnte.
Und Petra Loibl? Wie bewertet die damalige Zeugin und heutige CSU-Abgeordnete den Bayern-Ei-Skandal im Nachhinein? Was ist da falsch gelaufen? Loibl: „Die Kommunikation zwischen Behördenseite und Medien. Von Anfang an waren die Behörden die Getriebenen. Es hätte vielleicht vieles im Vorfeld geklärt werden können, wenn man’s denn getan hätte.“

Wut auf Julia Klöckner

Außerhalb der CSU sieht man das anders. Die Medien deckten den Skandal überhaupt erst auf. Die zuständigen Kontrollbehörden kamen erst in die Gänge, als alles durch die Medien ging, und auch dann gab es noch monatelange Beschwichtigungsversuche. Gibt es zu wenig staatliche Aufsicht bei der Nutztierhaltung? Petra Loibl kann einerseits beim Bayern-Ei-Skandal „kein Kontrolldefizit der Behörden“ erkennen, fügt aber hinzu: „Dass mehr Personal nötig ist, das seh ich schon so.“ Hier habe der Staat aber bereits reagiert: mit der Schaffung der speziell für Großbetriebe zuständigen Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen.

Sorgen bereitet ihr der Mangel an Großtierpraxen am Land; die Lösung besteht für sie darin, den strengen Numerus clausus für Tiermedizin zu lockern, wenn man sich zur Großtiermedizin am Land verpflichtet.
Loibl begrüßt es, dass Tierärzt*innen jetzt auch gegen Covid-19 impfen sollen: „Ich glaube, dass das vonseiten der Tierärzte angenommen wird. Dass zum Beispiel ein angestellter Tierarzt an seinen freien Tagen im Impfzentrum aushilft.“ Wenn sie hört, dass der Impfstoff knapp ist, findet sie das „ärgerlich, weil man tagtäglich unterwegs ist und bittet und bettelt, dass sich die Leute impfen lassen“. Noch weniger Verständnis hat sie dafür, dass Lothar Wieler, dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts, gern vorgeworfen wird, dass er „nur“ Tiermedizin studiert habe: „Das find ich frech!“ Denn die Epidemiologie spiele im veterinärmedizinischen Studium eine zentrale Rolle. „Tiermedizin ist so ein umfassendes naturwissenschaftliches Studium, insbesondere was die Mikrobiologie betrifft“, sagt sie, auch dreißig Jahre nach ihrer Promotion ist sie da noch Feuer und Flamme: „Tiermedizin ist eine ganzheitliche Ausbildung!“

Loibl ist eine loyale Unionspolitikerin, keine Frage. Aber es kommt vor, dass sie rein sachorientiert argumentiert und keine Rücksicht auf das eigene Lager nimmt. Um die Missstände bei der Massentierhaltung endlich abzustellen, wäre ein wichtiger Schritt die Kennzeichnungspflicht. Findet Loibl auch: „Da würde uns eine durchgängige Kennzeichnung schon helfen, also dass auf der Keksdose oder der Nudelpackung draufsteht: Eier aus Bodenhaltung oder aus Freilandhaltung.“  
Die abgewählte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner von der CDU kommt da bei Petra Loibl nicht gut weg: „Die Frau Klöckner hat das nie eingetütet. Es ist viel darüber gesprochen worden, aber sie hat den Sack nicht zugemacht.“ Loibl fügt hinzu: „Aber das kann ja vielleicht die neue Bundesregierung machen!“ Und das ist ehrlich gemeint: Hauptsache, findet Loibl, es macht endlich wer, und wenn’s die politische Konkurrenz ist. (Florian Sendtner)

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