Landtag

Süß! Aber fast 50 Prozent der Schweinebetriebe in Bayern halten über 1000 Muttersauen, die am laufenden Band Ferkel produzieren. (Foto: dpa)

06.11.2015

Mehr Kontrolle für Schweinebarone

Tierschutzplan: Wegen Massentierhaltung, zunehmendem Antiobiotikaeinsatz und der Schlachtung trächtiger Kühe fordern die Grünen einen Landes-Tierschutzbeauftragten

Im Freistaat wurden letztes Jahr über fünf Millionen Schweine geschlachtet. Kleine Bauernhöfe werden dabei zunehmend verdrängt: Fast 50 Prozent der Betriebe halten über 1000 Tiere. Allein in den bayerischen Tierfarmen des umstrittenen holländischen „Schweinebarons“ Adrianus Straathof werden Ferkel von rund 5000 Muttersauen produziert. „Da reicht es nicht, einmal im Jahr zur Kontrolle vorbeizuschauen“, kritisiert die tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen, Rosi Steinberger. Sie fordert daher einen Tierschutzplan in der Nutztierhaltung für Bayern. Dieser soll unter anderem verbindliche Trächtigkeitstests vorschreiben, damit Kühe nicht länger während der Schwangerschaft geschlachtet werden.

„Der Tierschutzbeirat ist nur ein Feigenblatt“

Zwar gibt es bereits einen bayerischen Tierschutzbeirat, der das Umweltministerin beraten und unterstützen soll. Doch das Gremium ist nur ehrenamtlich tätig, trifft sich lediglich zweimal pro Jahr und veröffentlicht seine Ergebnisprotokolle nicht. Außerdem seien laut Steinberger bei den Gesprächen neben Tierschützern auch Schlachthofvertreter mit dabei. Die Abgeordnete sieht den Beirat daher mehr als eine Art „Feigenblatt“. „Der Tierschutz in Bayern ist ins Hintertreffen geraten“, ist sie überzeugt. Ihre Lösung: ein Tierschutzbeauftragter für Bayern, der direkt dem Ministerium unterstellt ist.

Landes-Tierschutzbeauftragte gibt es in Hessen bereits seit den 90er-Jahren. In Baden-Württemberg kümmert sich seit 2012 Cornelie Jäger um die Belange des Tierschutzes. Die Stabsstelle ist zentraler Ansprechpartner für Bürger, Verbände und Tierschutzvereine. „Dabei handelt es sich nicht um ein personifiziertes Misstrauensvotum gegen die Veterinärverwaltung“, erklärt sie. Jäger versteht ihre Stelle vielmehr als niedrigschwelliges Beratungsangebot und Servicestelle für Veterinärämter. Darüber hinaus besitzt die Tierschutzbeauftragte Initiativrecht im Umweltministerium und kann an der Gesetzgebung mitwirken.

Zwar verfügt Jäger nicht über viel Mittel. „Doch das Geld reicht für Gutachten, Bewertungen und Werksverträge“, erläutert sie. Besonders freut sich die Tierschutzbeauftragte über die selbstständige Pressearbeit. „Es gibt keine Vorgaben, was wir sagen dürfen und was nicht.“ So könne die Stelle der Öffentlichkeit transparent von ihrer Arbeit berichten. Des Weiteren hält Jäger Vorträge an Volkshochschulen oder bei Mitgliederversammlungen. Themen sind Schlachtung, Tierversuche, Katzenkastration, Schnabelkürzungen oder das Jagd- und Wildtiermanagement.

„Bauern sind bei manchen Forderungen oft zuerst entsetzt“, schildert Jäger ihre Erlebnisse im Alltag. Doch dann entstünden meistens gute Diskussionen. Sie sei nun mal in der klassischen „Sandwichposition“: Den einen sei es immer zu viel, den anderen zu wenig. „Wenn beide mit den Zähnen knirschen, habe ich es wohl richtig gemacht“, resümiert die Tierschutzbeauftragte. Sie würde sich über ein Äquivalent in Bayern sehr freuen, damit die Zusammenarbeit länderübergreifend ausgebaut werden kann.

Die Grünen wollen jetzt einen entsprechenden Antrag stellen. Darin werden die Ministerien aufgefordert, „vom Tierhalter leistbare Haltungsbedingungen“ und den „Schutz eines jeden Tieres“ sicherzustellen. Dazu gehört insbesondere auch die Halbierung des Antibiotikaeinsatzes bis 2018, um weitere Resistenzzunahmen zu vermeiden. Die Erfolgsaussichten sind jedoch eher gering (siehe Infokasten). Für Steinberger führen freiwillige Maßnahmen allerdings auf Dauer nicht zum gewünschten Erfolg. „Wir haben in Bayern viele schöne Papiere, aber die verschwinden alle in den Schubladen.“ (David Lohmann)

INFO: Abgelehnte Tierschutzanträge der Grünen Juli 2014: Die Grünen forderten die Staatsregierung auf, sich für eine Kennzeichnungspflicht von Pelzen einzusetzen. Die meisten Pelze stammen aus China, wo keine Haltungsvorschriften für die Pelztierzucht existieren. Die CSU lehnte den Antrag mit ihrer Mehrheit ab.

Dezember 2014: Obwohl laut Grünen Bayern im Bundesvergleich bei der tierversuchsfreien Forschung hinterherhinkt, wurden der Antrag „Ersatzmethoden zu Tierversuchen: Forschungsförderprogramm auflegen“ als auch der Änderungsantrag „Kein Einkauf von Versuchstieren zum Haushaltsplan 2015/16“ abgelehnt.

April 2015: Die Grünen forderten die Staatsregierung auf, im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz über aktuelle und zukünftige Entwicklungen in der Putenmast zu berichten. Dabei ging es auch um die Frage, wie sich der Einsatz von Antibiotika wirksam reduzieren lässt. Der Antrag wurde gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt.

Juni 2015: Die Grünen forderten, die Bundesratsinitiative des Landes Schleswig-Holstein zum Verbot von Pelztierfarmen zu unterstützen. Obwohl in Bayern keine solche Farm existiert, wird der Antrag mit den Stimmen der CSU abgelehnt.

Jährlich legen außerdem im Wechsel SPD und Grüne einen Gesetzesentwurf zur Einführung des Verbandsklagerechts für Tierschutzverbände sowie über Mitwirkungs- und Informationsrechte von Tierschutzverbänden vor. Dieses Jahr wurde der SPD-Entwurf im April 2015 abgelehnt – 2016 werden es die Grünen wieder probieren. (LOH)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

BR Player
Bayerischer Landtag
Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.