Politik

Gruppenbild mit Markus Söder: Das neue bayerische Kabinett. (Foto: dpa)

21.03.2018

Söders Team für 206 Tage

Bayern hat wieder eine Regierung: Nur acht Tage nach dem Rücktritt von Seehofer und dessen Ministern präsentiert Nachfolger Söder sein Kabinett. Es ist wieder einmal überwiegend männlich und katholisch. Sieht so die Zukunft des Freistaats aus?

Für seinen Sieg bei der Landtagswahl im Oktobermist Markus Söder anscheinend jedes Mittel recht. Selbst sein langjähriger Freund und der Patenonkel seines Sohnes, Ludwig Spaenle, bekam das nun zu spüren. Nach zehn Jahren fliegt der Chef derm Münchner CSU kurzerhand aus dem ersten Kabinett des Franken. Ein Paukenschlag, der auch die Botschaft dokumentieren soll: Nicht Vetternwirtschaft, sondern einzig Kompetenz ist entscheidend für den neuen Ministerpräsidenten. Wenn die CSU trotz Umfragetiefs und AfD überhaupt eine Chance auf die Wiederverteidigung der absoluten Mehrheit am 14. Oktober haben will, müssen die Stärksten zusammenarbeiten und nicht die besten Freunde.

«Jede Staatsregierung braucht eine Philosophie», sagt Söder am Mittwoch in seiner kurzen Rede im Landtag. «Heute geht es darum, ein Signal zu setzen.» Sein Personaltableau bedeute Erneuerung und Aufbruch und solle klar die Schwerpunkte der neuen Regierung aufzeigen: Das Zukunftsthema Wohnen bekommt ein eigenes Ministerium, zuständig ist die bisherige Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, das für die CSU so wichtige Thema Migration wird im Innenministerium gebündelt, um von der Einreise bis zur Aufenthaltsbeendigung «alles in einer Hand aus einem Guss» bieten zu können. Ein Abbild der Gesellschaft ist nicht mal ansatzweise gegeben

Weniger als über die konkreten Aufgaben der Ministerien hatte es in den letzten Tagen aber Spekulationen über die dort Verantwortlichen gegeben. Und da gilt es Folgendes festzuhalten: So viele Frauen hat es in der bayerischen Regierung nie gegeben. Fünf Ministerinnen und eine Staatssekretärin beruft Söder in sein erstes Kabinett. Damit gibt es immerhin eine Frau mehr im Ministerrat - der Anteil liegt mit 33 Prozent nun vier Prozentpunkte höher als noch vor wenigen Tagen.

Auch bei den Ministeriumszuschnitten legt Söder massiv Hand an - neben dem völlig neuen Haus für Bauen und Wohnen wird das Kultusministerium wieder aufgeteilt in zwei Häuser für Bildung und für Wissenschaft.

Bei genauerer Betrachtung setzt Söder mit der Auswahl seiner Minister aber letztlich das Prinzip fort, welches schon immer für die Regierungen galt - auch außerhalb Bayerns: Ein Abbild der Gesellschaft ist nicht mal ansatzweise gegeben. Und in Anlehnung an die aktuelle, von CSU-Chef Horst Seehofer ausgelöste Debatte gilt daher: Auch der Islam gehört weiterhin nicht dazu. Deutlich katholischer als der Freistaat Doch eines nach dem anderen. Selbst weltoffene Optimisten dürften bei Söders Ankündigung für einen «großen Wurf» bei der Kabinettsbildung nicht ernsthaft damit gerechnet haben, dass es sich anteilig an der Zusammensetzung im Einwanderungsbundesland Nummer 1 ausrichtet. Im Gegensatz zum sich stetig wandelnden Bevölkerungsbild setzt die von der CSU alleine gestellte Staatsregierung bei der Besetzung auf ihre klassisch christlich-konservative Klientel.

Im Detail zeigt sich dies auch in den folgenden Eckdaten: Mit einem Altersdurchschnitt von 51,5 Jahren ist das Kabinett deutlich älter als die Bayern mit 43,6 Jahren (2015). Im ersten Kabinett Seehofer (2008) hatte das Durchschnittsalter der Minister bei 51 Jahren
gelegen, 2013 bei 52,8 Jahren. Und in Bayern haben, anders als im Kabinett, auch nicht 11, sondern 21 Prozent ausländische Wurzeln. Am Kabinettstisch haben nur Agrarministerin Michaela Kaniber (kroatisch) und Bildungsstaatssekretärin Carolina Trautner (schwedisch) einen Migrationshintergrund.

Last but not least ist Söders Kabinett weiterhin deutlich katholischer als der Freistaat: 14 der 18 Mitglieder (77,7 Prozent) sind römisch-katholisch (bayernweit rund 50 Prozent), nur Söder und Trautner sind evangelisch, Neu-Wissenschaftsministerin Marion Kiechle gehört als einzige keiner Religion oder Glaubensgruppe an. Auch die rund 600 000 Muslime in Bayern, immerhin knapp fünf Prozent aller Einwohner, haben weiterhin keinen Repräsentanten im Kabinett. Letzteres kann man aber Söder nicht wirklich vorwerfen, der Anteil der Muslime in der CSU dürfte ebenfalls stark gegen null gehen.

Um Söders Kabinett war viel spekuliert worden, ihm war es wichtig, alle CSU-Bezirke ordentlich zu berücksichtigen und eine Mischung aus Erneuerung und Erfahrung zusammenzustellen. Beides ist ihm gelungen. Insbesondere mit dem Verzicht der erneuten Berufung von Spaenle zum Kultusminister und der Berufung der Münchner Medizin-Professorin Kiechle zur Wissenschaftsministerin hat Söder aber durchaus überrascht. Generell lautet seine Philosophie: Jung und Alt sollen die CSU gemeinsam in die ungewisse Zukunft führen.

206 Tage hat das neue Kabinett nun Zeit, die CSU-Alleinherrschaft im Landtagswahlkampf durch Regierungsarbeit mit zu sichern. Das dürfte für die neuen Minister ähnlich anstrengend werden wie für die Opposition, die genau dies verhindern will.
(Marco Hadem und Christoph Trost, dpa)

Kommentare (2)

  1. Nachgerechnet am 22.03.2018
    5 von 13 sind 38,5%
  2. Frauenanteil am 22.03.2018
    Von wegen Kabinett überwiegend männlich. Nach aktuellen Recherchen beträgt der Anteil der weiblichen CSU-Mitglieder 20%. Demnach ist mit 33% weibl. Kabinettsmitgliedern dem deutlich Rechnung getragen.

    Würde wie vom Artikelschreiber gefordert, ein Abbild der Gesellschaft gewünscht, so müsste man noch hinterfragen, was mit dem Rest der Gesellschaft ist. Es gibt seit kurzem noch ein drittes Geschlecht. Oder was ist mit Homosexuellen, sind die ausreichend vertreten, Handwerker etc. diverse Religionsgemeinschaften.

    Irgendwann ist so eine Debatte nur noch blöd, dem aktuellen Zeitgeist enstprechend!!!
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