Politik

10.08.2023

Sollen Großspenden an Parteien verboten werden?

Die Zahl der Großspenden – also Spenden von mehr als 50.000 Euro – nehmen wieder zu in Deutschland. Die Linke fordert die Abschaffung dieser Großspenden. Tassilo Schröck, Co-Leiter der bayerischen Regionalgruppe von Transparency International, unterstützt dieses Ansinnen und hat noch weitere Vorschläge. Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der FDP, lehnt die Forderung dagegen ab

JA

Tassilo Schröck, Co-Leiter der Regionalgruppe von Transparency International

Parteispenden sind fester Bestandteil unseres demokratischen Systems. Sie tragen dazu bei, dass Parteien in unserer Gesellschaft verwurzelt bleiben, daher sollten sie nicht nur am Tropf des Staates hängen.

Großspenden sind dennoch bedenklich. Es besteht die Gefahr, dass die Politik sich von Wenigen abhängig macht und die Interessen der breiten Mehrheit zu kurz kommen. Das wäre wenig demokratisch. Gerade in Zeiten in denen rechtsextreme Ansichten einen Aufschwung erhalten, sollten wir besonders achtsam mit unserer Demokratie umgehen. Transparency Deutschland setzt sich deshalb für eine Obergrenze von Parteispenden sowohl privater wie juristischer Personen bei 50 000 Euro jährlich ein.

Zur Wahrheit gehört allerdings, dass die Einführung einer Obergrenze nicht das einzige Problem ist. Das Antikorruptionsbündnis des Europarats, Greco (Groupe d’États contre la corruption), kritisiert seit über neun Jahren die mangelnde Transparenz in der Parteienfinanzierung. Deshalb fällt Deutschland hinter europäischen Standards zurück.

Nicht zuletzt zur Erschwerung der Spendenstückelung sollten die Spendernamen ab einer Spende von 10 000 Euro sofort auf der Webseite des Bundestags und jene ab einer Spende von 2000 Euro in den Rechenschaftsberichten der Parteien veröffentlicht werden. Eine weitere Baustelle hat die Spende von Christoph Gröner offenbart. Der Immobilienunternehmer hat im Jahr 2020 insgesamt 820 000 Euro an die CDU gespendet.

Öffentliche Aussagen von Gröner im Deutschlandfunk Kultur im Mai 2021 und im Tagesspiegel im Mai 2023 erwecken den Anschein, dass die Spenden an konkrete Bedingungen geknüpft waren. In erkennbarer Erwartung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils getätigte Spenden sind nach dem Parteiengesetz verboten. Der Bundestagsverwaltung fehlen leider die rechtlichen Befugnisse, um diesen Sachverhalt angemessen aufklären zu können. Die Ampel-Koalition sollte auch hier zeitnah nachbessern. 

NEIN

Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der FDP

Unsere parlamentarische Demokratie stützt sich auf die demokratischen Parteien. Wie keine andere Organisationsform garantieren sie über die Jahrzehnte hinweg politische Stabilität, internationale Verlässlichkeit und wirtschaftlichen Wohlstand. Etwa 1,3 Millionen Deutsche sind Mitglieder in politischen Parteien. Auf ihrem ehrenamtlichen Engagement ruht unsere Demokratie. Wenn es diese Menschen nicht gäbe, sähe es für unsere Demokratie düster aus. Um ihre Aufgaben angemessen wahrnehmen zu können, brauchen Parteien Finanzmittel.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts soll es in Deutschland keine rein staatlich finanzierten Parteien geben. Vielmehr sollen sich Parteien in erster Linie aus Mitgliederbeiträgen und Spenden finanzieren und sich so ihre Mittel mit dem Rückhalt der Gesellschaft sichern. Der Verdacht, dass mit Spenden die Diskussionen und Beschlüsse der Parteien beeinflussbar wären, zeugt von wenig Kenntnis vom Selbstbewusstsein der Parteimitglieder. Es ist weit hergeholt anzunehmen, mit einer Spende könne man die Beschlussfassung einer Partei beeinflussen. Vielmehr ist diese ein Zeichen, dass der Spender die Politik einer Partei richtig findet und sie deshalb unterstützen will.

Die Diskussion sollte also nicht um die Begrenzung von Spenden gehen, sondern um Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Große Spenden ab einer Höhe von 10 001 Euro müssen im jährlichen Rechenschaftsbericht der Parteien namentlich angegeben werden. Bei Spenden ab 50 001 Euro muss sogar eine Sofortanzeige bei der Bundestagspräsidentin erfolgen.

Spendenkampagnen, die eine Vielzahl kleinerer Spenden auslösen, sind also unter Transparenzgesichtspunkten nicht besser als große Spenden. Wenn die Transparenz ausreichend gewahrt ist, sind auch hohe Spenden nichts Verwerfliches, sondern ein Beitrag dazu, dass die Parteien im Abwehrkampf gegen antidemokratische Kräfte im Inneren und im weltweiten Systemwettbewerb nicht mittellos dastehen.
 

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