Unser Bayern

Gretchen Reinwald, die Titelfigur aus "Das erste Schuljahr". Die Illustration zu dem Bestseller stammt von Cora Lauzil.

19.12.2014

Pfiffige Managerinnen

Unrevolutionäres zu Frauenfragen: Über die einst weltweit gelesene Jugendbuchautorin Agnes Sapper

Sicher, sie war keine revolutionäre Frauenrechtlerin – dazu war sie viel zu sehr ihrer Zeit und der evangelischen Erziehung verhaftet. Doch soziale Anliegen, vor allem die „Frauenfragen", die Ausbildung von Mädchen oder das Dienstmädchenproblem, waren immer wieder Themen ihrer Publikationen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Agnes Sapper (1852 bis 1929) neben der Heidi-Autorin Johanna Spyri und Ottilie Wildermuth eine der erfolgreichsten und meistgelesenen deutschsprachigen Jugendbuchautorinnen. Die Gesamtauflage ihrer Werke wird auf rund drei Millionen geschätzt, wovon etwa ein Drittel allein auf ihren bekanntesten Roman Die Familie Pfäffling entfällt. Am 12. April 1852 wurde Agnes in München geboren. Ihr Vater war der Jurist und Politiker Karl Brater, der damals die Süddeutsche Zeitung gegründet hatte – allerdings nicht jene Tageszeitung, die man heute unter diesem Namen kennt, sondern ein kurzlebiges politisches Magazin, das bereits nach vier Jahren wieder aus dem Blätterwald verschwand. Die Mutter, Pauline Brater, geborene Pfaff, entstammte einer kinderreichen Professoren-Familie aus dem fränkischen Erlangen, deren Leben Agnes später in einem eigenen Buch beschrieb. München und Erlangen hießen auch die wichtigsten Stationen im Leben der jungen Agnes. 1875 heiratete sie Eduard Sapper – Jurist wie ihr Vater, damals Stadtschultheiß im schwäbischen Blaubeuren. Mit ihm zog sie nach Baden-Württemberg, zunächst nach Blaubeuren, dann weiter nach Neckartailfingen, nach Esslingen und zuletzt nach Calw. Das Paar bekam fünf Kinder: zwei Töchter und drei Söhne, von denen jedoch zwei nicht das Kleinkindesalter überlebten. Ihr Mann ermutigte Agnes, sich 1883 mit einer Erzählung an einem Wettbewerb zu beteiligen; In Wasserfluten erhielt den ersten Preis. Gut zehn Jahre später erschien mit Das erste Schuljahr ihre zweite Erzählung. Ihre eigentliche schriftstellerische Tätigkeit begann jedoch erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Würzburg. Dorthin war sie nach dem frühen Tod des Ehemanns 1898 zu ihrer Schwester und ihrer Mutter übersiedelt. Die Familie Pfäffling, ihr berühmtestes Werk, entstand 1907. Die Mutter und deren Jugenderinnerungen lieferten die Ideen, auch wenn Agnes Sapper dies mehrfach bestritt. Schon allein die Namen Pfaff und Pfäffling lassen sich unschwer in Verbindung bringen. Der liebenswerte Roman, der den Untertitel „eine deutsche Wintergeschichte" trägt, handelt vom bewegten Alltag einer kinderreichen Musiklehrer-Familie in einer süddeutschen Kleinstadt, der vor allem durch die Mutter Cäcilie Pfäffling gemanagt wird. Das Buch wurde ein überwältigender Erfolg und nicht nur zur Weihnachtszeit gerne gelesen. In viele Sprachen übersetzt, sogar ins Japanische, trat es seinen Siegeszug rund um den Globus an. Wie wohl auf Japanisch „Pfäffling" ausgesprochen wird? Der übersetzte Titel in Japan lautete auf jeden Fall: Das Haus der Liebe. Soldaten nahmen das Buch während des Ersten Weltkriegs mit in den Schützengraben; deutsche Auswanderer brachten es bis in den Süden Afrikas und nach Australien. In jüngster Zeit diente der Stoff sogar als Vorlage für den 1993 gedrehten und mehrfach ausgezeichneten Kinderfilm Aufregung um Weihnachten. Auch andere Bücher Sappers zogen hinaus in die Welt. Im Thüringer Wald etwa wurde einst sogar in amerikanischen Schulen eingeführt. Besonders am Herzen lag Agnes Sapper die Bildung von Mädchen, ein Anliegen, das bereits der Vater mit Nachdruck vertrat. Auch Mädchen sollten eine solide Ausbildung erhalten, um ihnen eine eigenständige Existenz zu ermöglichen, nach dem Motto „Kommt das Liebesglück, so ist’s gut, kommt es nicht, so ist mein Leben doch von Wert", wie es in Werden und Wachsen, dem Fortsetzungsband der Familie Pfäffling heißt. Agnes selbst hatte eine für damalige Zeit gute Ausbildung genossen, sprach fließend Französisch und hätte sich als Lehrerin wohl gut durchs Leben gebracht, wäre ihr nicht Herr Sapper über den Weg gelaufen... (Cornelia Oelwein) Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der Dezember-Ausgabe von Unser Bayern (BSZ Nr. 51/52 vom 19. Dezember 2014) Abbildung
Agnes Sapper als Braut.   (Foto: Archiv)

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