Bauen

Das Herzstück des Restaurants, der fünf Meter lange Eichenholztisch. (Foto: Mayring)

17.02.2012

Das Konzept heißt Balancekultur

Brückner Architekten entwarfen und gestalteten Münchens historisches Restaurant im Nationalmuseum

Seit 40 Jahren besteht in München das Architekturbüro Brückner. Sein Gründer, Wolfgang Brückner, führte seit 1972 das Büro erfolgreich. Schon bald, insbesondere als Student, interessierte sich sein Sohn Laurent ebenfalls fürs Planen und Entwerfen.
Nach Abschluss seines Studiums 1997 begann er als Architekt im väterlichen Büro mitzuarbeiten, um neue Projekte mitzugestalten und das erlernte Wissen von der Theorie in die Praxis umzusetzen. 2004 übernahm Laurent Brückner dann die Leitung. „Als meine Ehefrau Susanne mit in unser Team kam“, so Brückner heute, „brachte sie als Innenarchitektin frischen Wind herein und unsere Arbeit wurde noch qualitätvoller. Grund dafür war das Zusammenwirken von Architektur, Design und Gestaltung.“ Inzwischen beinhaltet die Liste der Brückner Bauten Bürogebäude, Städtebau, Hotels, Industrie-, Schul- und Wohnungsbau ebenso wie Eventarchitektur, Theater und Gastronomie.
Gebäude- und Raumgestaltung in dieser Vielfalt bedürfen der Differenzierung und Präzisierung, wenn sie originell, modern und effizient sein sollen. Daher lässt Brückner gerne Fachleute aus ganz unterschiedlichen Bereichen zu Wort kommen. Sie sollen aus ihrer Sicht über den Stand aktueller Architektur in der Gesellschaft referieren. Mit dem Titel „Brückreden“ startete vor Kurzem eine Vortragsreihe. Der erste Dialog fand im „Restaurant Bayerisches Nationalmuseum“ statt, das von Brückner Architekten 2011 nach einer Generalsanierung konzipiert und ausgestattet wurde. Laut Feinschmecker zählt der neue Genusstempel an der Prinzregentenstraße bereits zu den schönsten Museumsrestaurants in Europa.

Im Mittelpunkt die fünf Meter lange Eichentafel


In seinem Vortrag über Architektur, Innenarchitektur und Ethik spannt Jan Teunen, Professor für Designmarketing an der Kunsthochschule Halle, einen weiten Bogen von Kultur, Moral und Ästhetik bis hin zur Wirtschaftskraft. Dabei setzt er Nachhaltigkeit an die erste Stelle. „Wenn wir wollen, dass die Welt wieder ins Gleichgewicht kommt, wenn wir die Dinge des Lebens zu einer ursprünglichen und zugleich zukünftigen Form verbinden wollen,“ so Teunen, „müssen wir stärker die Wirkung von Räumen, von Raumanordnungen, Raumkombinationen und Raumgestaltung auf die Sinne, das Denken und das Fühlen der Menschen ausrichten.“
Und eben auf dieses Feingefühl für die Gestaltung von Innenräumen setzt Brückner. „Es gibt gut und schlecht gestaltete Räume“, sagt er. „Ist ein Raumkonzept gelungen, so sprechen wir von gestimmten Räumen. Dann spürt der Nutzer mit allen Sinnen das gesamt harmonische Zusammenwirken.“ Teunen nennt dies „Balancekultur“, die Wissen und Bewusstsein prägt.

Geöltes Parkett,
stimmige Farben


Das Raumkonzept des Restaurants im Nationalmuseum ist ein Beweis für diese Gestaltungsprinzipien. Auf 320 Quadratmetern im Untergeschoss, links und rechts symmetrisch von je einer Rotunde flankiert, dominiert der Übergang, der mittlere Restaurantbereich. Hier fokussiert sich alles auf die fünf Meter lange Eichentafel, geschlagen aus einem Stück. An ihr finden 14 Gäste Platz. In Erinnerung an den Erbauer des Museums, König Maximilian II., und Sammler, wirkt der Gastraum ausgesprochen großzügig.
Geöltes Eichenparkett, stimmige Farben sowie Texturen und der hohe Raum mit historischem Gewölbe ergänzen sich zu einem stilvollen Ambiente. „Das gestalterische Grundelement der Räume“, erklärt Brückner, „ist eine Schatzkammer.“ Vor allem am Abend sind die Halogenlichter so ausgerichtet, dass sie Gläser, Keramik, Besteck und Porzellan effektvoll beleuchten und damit die Brillanz der Objekte visualisieren und ihre Wertigkeit in den Vordergrund holen.“
Um eine perfekte Akustik zu erhalten, wurden Decken abgehängt, Wandpaneele textil verkleidet und mit Filzdekorationen effektvoll bestückt. Brückner ist überzeugt, dass es vor allem in der Architektur wieder eine Sehnsucht nach Inhalten gibt. Daher wird bei jedem seiner Projekte eine ganz bestimmte Philosophie vorausgesetzt. „Wie ich bei den privaten Gebäuden stets den Bauherren kennen lernen möchte, um seine Intensionen zu erfahren, so muss bei der Realisierung von öffentlichen Gebäuden eine Gestaltungsphilosophie vorhanden sein, die wiederum eine Analyse der Aufgabenstellung voraussetzt.“
Die Kreativköche André Wöhner und Michael Emmerz setzen die anspruchsvolle architektonische Vorgabe auf ihre Weise kulinarisch um. „Bei uns steht die leichte Küche mit regionalen Produkten im Vordergrund, wobei das handwerkliche Know-how ganz wichtig ist“, meint Wöhner. Die Gäste sollen sich wohlfühlen im historisch, modernem Ambiente.

Optimierung
des Arbeitsumfelds


Um diese Atmosphäre für Gastlichkeit und Genuss zu ermöglichen, verwirklichte Brückner sein ausgewogenes Konzept, das visuell Werte schafft und Niveau verleiht. Neben den Gastronomie- und Theaterprojekten steht bei Brückner jetzt die Konzeption und Gestaltung von Bürogebäuden auf der Agenda. „Das ist ein interessantes Feld“, so der Architekt, „wir wollen mithilfe von Architektur und Design ein Ambiente schaffen, in dem die Mitarbeiter sich gut fühlen und gerne arbeiten.“
Verschiedene Bereiche wie private, geschützte oder sogar schalldichte Räume entsprechen den vielfältigen, neuen Anforderungen. Die Bürowelt der Zukunft erfordert neben Kommunikation, Kreativität, Konzentration auch ein gewisses Maß an privatem Rückzug für jeden einzelnen. Um hierfür eine anregende Atmosphäre zu schaffen, sind psychische, emotionale und ergonomische Kriterien gefragt. „Vor allem durch Farbe und Design“, behauptet Brückner, „ist es möglich, das Arbeitsumfeld zu optimieren und zugleich die Kreativität zu steigern.“ Auch hier wird die richtige Philosophie im Sinne der Balancekultur den gewünschten Erfolg bringen.  (Eva-Maria Mayring)

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