Bauen

Noch nie seit 2005 haben die Betriebe ihre Konjunkturaussichten so positiv bewertet wie in diesem Herbst. (Foto: LVB)

28.10.2016

Freude über gute Umsätze

Stimmungshoch im Bayerischen Bau- und Ausbaugewerbe

Das Bayerische Bau- und Ausbaugewerbe befindet sich zum Start ins Winterhalbjahr im Stimmungshoch. Rund drei Viertel aller Bau- und Ausbaubetriebe beurteilen die eigenen Geschäfte mit gut oder sehr gut, erklärte Hans Auracher, Sprecher der Landesvereinigung Bauwirtschaft Bayern (LVB). Und nur zwei Prozent sagen, dass es ihnen schlecht geht. Der Blick auf die Umsätze zeigt laut Auracher einen ordentlichen Schub im Vergleich zum Vorjahr, vor allem im Bauhauptgewerbe: „63 Prozent sprechen von guten oder sehr guten Umsätzen und nur drei Prozent der Bau- sowie zwei Prozent der Ausbaubetriebe klagen diesbezüglich.“ Dieses Stimmungsbild werde auch von den statistischen Daten gedeckt. Im ersten Halbjahr 2016 lagen die Umsätze im Bau- und Ausbaugewerbe laut Landesamt mit knapp elf Milliarden Euro rund sieben Prozent über dem Vorjahr. Und dieser Schwung dürfte nach Auswertung der LVB-Umfrage, an der sich rund 2000 Unternehmen aus ganz Bayern beteiligten, ins Jahresende mitgenommen werden.
„Auch bei dem, was am Ende im Betrieb hängen bleibt, sehen die Zahlen besser aus als im vorigen Herbst. Etwa die Hälfte der Betriebe realisieren gute oder sehr gute Gewinne und nur drei Prozent schlechte Erträge“, berichtete Auracher im Rahmen der Herbst-Pressekonferenz der LVB. Über viele Jahre hätten die Unternehmer große Mühe gehabt, einigermaßen auskömmliche Baupreise zu erzielen. Inzwischen spreche die weit überwiegende Mehrzahl der Betriebe von befriedigenden oder ausreichenden Baupreisen. Die Auftragsbücher sind nach den Worten des LVB-Sprechers die kommenden sechs Monate vor allem im Bauhauptgewerbe dicker. Hier melden die Statistiker nach dem ersten Halbjahr einen Bestand von gut acht Milliarden Euro, das sind fast 17 Prozent mehr als vor einem Jahr. Der Auftragsbestand ist laut der Umfrage nahezu stabil bei neun Wochen im Ausbau- und elf Wochen im Bauhauptgewerbe. „Damit liegen wir über dem bayerischen Gesamthandwerk mit durchschnittlich acht Wochen Auftragsbestand.“
Die derzeitigen weltweiten politischen Krisent, aber auch die Unsicherheit nach dem Brexit-Referendum, scheinen sich glücklicherweise bisher nicht auf das Handwerk und damit auch auf unsere Gewerke auszuwirken, freut sich Auracher. „Wir profitieren schlicht und einfach von der starken Binnenkonjunktur, die sehr stark durch die privaten Ausgaben getrieben wird. Aber wir profitieren natürlich auch von zum Teil steigenden staatlichen Ausgaben.“ Nach guten Vorgaben im ersten Halbjahr erwartet er auch auf Jahressicht ein deutliches Umsatzplus. Gut die Hälfte der Bau- und Ausbaubetriebe rechnet im Winterhalbjahr mit einer sehr guten oder guten Geschäftslage. Knapp die Hälfte geht von einer zumindest befriedigenden Situation aus und nur vier Prozent der Bau- und Ausbauhandwerker sind pessimistisch. „Das alles sind Prognosen für den Winter, der an sich konjunkturell nicht die stärkste Zeit in Teilen unserer Gewerke ist.“

Betriebe wollen
wieder mehr ausbilden


In Bezug auf die Beschäftigung erklärte der LVB-Sprecher, dass 16 Prozent der Unternehmer im Ausbausektor die Zahl der Beschäftigten aufstocken will und sich nur acht Prozent gezwungen sehen, Personal abzubauen. Auracher geht davon aus, dass im Baugewerbe sicher mehr Unternehmer zusätzliche Mitarbeiter einstellen würden, dies aber der Fachkräftemangel vielerorts nicht zulasse. Laut LVB-Umfrage dürfte der Personalbestand im Baugewerbe im Winterhalbjahr stabil bleiben.
Erfreulich sehe es für junge Leute aus: 2015 war die Zahl der Ausbildungsplätze leicht gesunken. Dieser Trend scheint gestoppt, denn die Betriebe haben laut Umfrage ihr Ausbildungsvolumen erhöht, so Auracher. 14 Prozent der Bau- und Ausbaubetriebe wollen mehr ausbilden als im Vorjahr, zwölf Prozent kündigen das Gegenteil an. Und drei Viertel aller Unternehmer wollen das Niveau halten. Hinsichtlich der Themen Wohnungsbau, Wohnungsmangel und Mietpreise erklärte Auracher, dass die LVB den Vorstoß der Staatsregierung begrüßt, die gemeinsam mit Baden-Württemberg und Hessen günstigere Kreditbedingungen für Häuslebauer und Hausbesitzer durchsetzen möchte, insbesondere für junge Familien und Rentner. Es geht dabei um die Wohnimmobilienkreditrichtlinie der Europäischen Union, die Bundesjustizminister Maas im Frühjahr in ein Bundesgesetz umgesetzt hatte. Seither klagen ja einige Sparkassen und Genossenschaftsbanken, weil die strengeren Vorschriften die Vergabe von Immobilienkrediten bremsen. Es geht zum Beispiel um Menschen, die im noch nicht abbezahlten Eigenheim wohnen und eine Anschlussfinanzierung brauchen – und die wegen eines verweigerten Kredits ihre Häuser oder Wohnungen verlieren. Nun will auch Bayern darauf drängen, dass diese Richtlinie wieder entschärft wird. Auracher stimmt Staatskanzleichef Marcel Huber voll zu: Wohnen im eigenen Heim muss auch in Zukunft gerade für junge Familien und Rentner möglich sein. Bei der anderen oft diskutierten Frage nach den Kostentreibern im Wohnungsbau verwies der LVB-Sprecher auf ein Gutachten, dass der Verband der Freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen hier in Bayern in diesem Frühjahr veröffentlicht hat. Darin werden viele Punkte aufgelistet und ausführlich beschrieben, von der Zeitverzögerung bei der Baurechtsbeschaffung bis zu Widersprüchen innerhalb der Öffentlichen Verwaltung. „Es sind alles Faktoren, die letztlich zu Kostentreibern im Wohnungsbau werden.“ Harsche Kritik übte Auracher an der Blauen Plakette für Dieselfahrzeuge, mit der der Stickoxid-Ausstoß in den Innenstädten reduziert werden soll. Dadurch wären viele Bereiche des Handwerks betroffen. Denn Fahrzeuge, die nicht die Abgasklasse Euro 6 erreichen, dürfen in Zukunft möglicherweise nicht mehr in die Innenstädte fahren. Auracher machte aber auch deutlich: „Wir sperren uns nicht gegen den Umweltschutz, aber gegen eine Rasenmäher-Methode, bei der unsere Betriebe und damit die Beschäftigten unter die Räder kommen.“ Zwar habe das Bundesumweltministerium seinen Ursprungsplan vorerst auf Eis gelegt, aber es werde an Alternativen gearbeitet. Die LVB hat ihre Mitgliedsunternehmen gefragt, wie stark sie betroffen seien. Denn die Regelung würde Baufahrzeuge, Lkws, Lieferwagen und auch Kleinbusse betreffen. Die Rückmeldung aus den Bau- und Ausbaubetrieben zeigt laut Auracher, dass bei mehr als jedem zweiten Unternehmen mehr als drei Viertel der Fahrzeugflotte von dem Fahrverbot betroffen wären. Nur rund 15 Prozent wären mit weniger als einem Viertel ihrer Flotte betroffen. Der LVB-Sprecher verwies darauf, dass ein schneller Umtausch oder eine Umrüstung der gesamten Fahrzeugflotte für die meisten Unternehmen einfach nicht bezahlbar ist. Außerdem stünden derzeit entsprechende Filter oder Luftreinigungs-Anlagen für die betroffenen Fahrzeuge nicht in der notwendigen Menge zur Verfügung. Daher käme eine Einführung der Blauen Plakette einem Arbeitsverbot und einem Baustopp gleich. Dabei gehe es nicht nur um Arbeitsplätze. Denn die Folge wäre sicher auch, so Auracher, dass neue Wohnungen verstärkt auf der grünen Wiese am Stadtrand entstehen würden.
„Unsere Unternehmer haben Fahrzeuge gekauft, im Vertrauen auf die damals geltenden Abgasnormen.“ Als Lösungsvorschlag nannte der LVB-Sprecher drei Punkte aus einem Gesamtpaket, das sie Vereinigung fordert. Das ist zum einen die Reduzierung der Schadstoffe an allen Emissionsquellen, eine zumindest steuerliche Förderung beim entsprechenden Modernisieren der Fahrzeugflotte und nicht zuletzt einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. „Dieses Gesamtpaket kann mittelfristig“, so Auracher, „die Schadstoffbelastung reduzieren.“ Er fordert die Bundesregierung auf, dieses Gesetz nicht nur auf Eis zu legen, sondern es im Papierkorb verschwinden zu lassen. „Was den Umweltschutz betrifft, war es nur schade um das verschwendete Papier.“
(Friedrich H. Hettler) (LVB-Sprecher Hans Auracher - Foto: Landesinnungsverband für das Bayerische Elektrohandwerk; die LVB profitiert von der starken Binnenkonjunktur - Foto: LVB)

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