Politik

25.04.2024

Sollen Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden?

Eine Expertenkommission der Bundesregierung hat jetzt empfohlen, Abtreibungen in der Frühphase der Schwangerschaft zu legalisieren. Monika Börding, Bundesvorsitzende von Pro Familia, unterstützt das. Olaf Tyllack, Bundesvorsitzender von Donum Vitae, ist dagegen

JA

Monika Börding, Bundesvorsitzende von Pro Familia

Eine Entkriminalisierung ist dringend erforderlich. Die geltende Rechtslage hat problematische Konsequenzen. Durch die Kriminalisierung werden ungewollt Schwangere stigmatisiert, die Beratung und die medizinische Versorgung erschwert.

Nach der Veröffentlichung der Empfehlungen der Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin muss sich die Bundesregierung nun ein Herz fassen und notwendige Gesetzesänderungen noch in dieser Wahlperiode umsetzen. Dies bedeutet, dass sie den Schwangerschaftsabbruch zumindest bis zur zwölften Woche außerhalb des Strafrechts regeln und die verpflichtende Beratung vor dem Schwangerschaftsabbruch sowie die Wartezeit abschaffen muss. Sie sollte den von der Kommission benannten Spielraum für eine Verlängerung der Frist nutzen. Zudem muss sie Schwangeren auch bei einer Regelung außerhalb des Strafrechts einen Rechtsanspruch auf professionelle Beratung geben, und zwar zu allen Fragen zu Sexualität und Fortpflanzung.

Im Vordergrund muss das Vertrauen in schwangere Menschen stehen, nicht der Versuch, in die sehr individuelle Entscheidungsfindung per Gesetz einzugreifen. Lebensschutz geschieht nicht durch Kriminalisierung, sondern durch Bereitstellung von unterstützenden Ressourcen durch Staat und Gesellschaft.

Eines ist klar: Es gab nie einen guten Kompromiss zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs. Denn er hat zu einer schlechten Versorgungslage geführt, die die Mitte April veröffentlichte ELSA-Studie (Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer – Angebote der Beratung und Versorgung) bestätigt hat. 75 Prozent der befragten Gynäkolog*innen befürworten Entkriminalisierung.

Nun müssen wir uns alle damit auseinandersetzen, wie eine Regelung aussehen kann, die eine gute Versorgung ungewollt Schwangerer gewährleistet. Wir wünschen uns dabei eine sachlich geführte und fachlich fundierte Diskussion, Polemik und Stimmungsmache sind fehl am Platz. 

NEIN

Olaf Tyllack, Bundesvorsitzender von Donum Vitae

Deutschland hat mit seiner Regelung des Schwangerschaftsabbruchs eine weltweit einmalige Rechtslage. So ist es für die Frau möglich, eine Schwangerschaft in den ersten zwölf Wochen straffrei zu beenden. Voraussetzung dafür ist, dass sie eine psychosoziale Beratung wahrnimmt. Nach einer dreitägigen Bedenkzeit kann sie den Abbruch medizinisch sicher vornehmen lassen.

Jedem Leben kommt eigene Würde zu. Der Staat hat diese Würde gemäß unserer Verfassung angemessen zu schützen. Dies gilt für geborene Menschen und – gerade, aber nicht nur in unserer christlichen Tradition – auch für den ungeborenen Menschen. Eine ungewollte Schwangerschaft ist eine Ausnahme-, oft auch krisenhafte Lebenssituation. Daher ist es wichtig, dass der Staat mit der verpflichtenden Beratung einen Schutzraum geschaffen hat, der für alle Frauen gleichermaßen gilt und sowohl räumlich als auch zeitlich Gelegenheit gibt, innezuhalten, sich die eigene Lage zu vergegenwärtigen und eine informierte und verantwortete Entscheidung zu treffen. Umfragen von zwei unserer großen Landesverbände zeigen, dass die bei Weitem überwiegende Mehrheit der Klientinnen aus der Schwangerschaftskonfliktberatung die psychosoziale Beratung als hilfreich empfunden hat, in der Informationen und persönliche Unterstützung gegeben wurden.

Viele dieser Frauen wären allerdings ohne die verbindliche Beratung nicht gekommen. Wesentliche Voraussetzung für den Schwangerschaftsabbruch ist die freie Entscheidung der Frau. Niemals darf gegen ihren Willen gehandelt werden. Mit der Beratungsregelung ist der Schutz auch für die Frau gewährleistet, denn es kann ganz unterschiedliche Zwänge oder Erwartungen an sie geben. Dem Gesetzgeber ist es gelungen, der besonderen Konfliktlage, die durch die körperliche Einheit der Schwangeren und des Embryos/Fetus entsteht, mit einem differenzierten Schutz- und Hilfsangebot zu begegnen, das der Frau eine individuell freie Entscheidung ermöglicht und zugleich den Schutz des ungeborenen Lebens berücksichtigt. 

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